Wislieenus: Die Küste von Annam.
Der Hafen von Vung-Chao ist ein weites Becken von etwa 3 Sm Durch-
messer; er hat seinen Namen nach dem Dorfe, das im Osten im innersten Theile
einer schmalen kleinen Einbuchtung liegt. Am Südrande hat der Hafen die
gröfsten Tiefen, 7 bis 8 m. Der Schutz und der Ankergrund ist dort ganz vor-
züglich; der „Lion“ hat dort einen Taifun abgeritten, ohne die geringste Gefahr
zu laufen. Innerhalb des Korallenrandes, der an der Nordseite des Hafens liegt,
sind mitten im Becken zwei grofse, einzelne Bänke, die neuerdings genau ver-
messen worden sind. Diese Bänke fallen bei Niedrigwasser trocken und zeigen
sich auch deutlich durch die scharf begrenzte Farbenänderung des Wassers an,
wenn sie unter Wasser liegen. Die „rothe Insel“ (%e Rouge), die „rothe Spitze“
and die Spitzen der Südküste des Hafens sind beim gegenwärtigen Zustande der
Karte (französische Karte No, 3841) die geeignetsten Punkte, um Peilungen für
den Ankerplatz, den man aufsuchen will, zu nehmen.
An der Westküste des Hafens von Vung-Chao liegt der wichtigste Ort der
Bucht von Phu-Yen, das grofse, sehr ausgedehnte Dorf Song-Kaiı, das von der
Mandarinenstraßse, die von Hu nach Saigon führt, durchschnitten wird. Nach
Song-Kauı ist jetzt die französische Statthalterei verlegt worden. Hier laufen die
Postdampfer an; Schiffe, die einen Nothhafen anlaufen müssen, können hier am
besten alle Hülfsmittel finden, die sie brauchen.
Vung Nie und Vungla sind zwei enge Einbuchtungen in der Gebirgsmasse
der Halbinsel Vung-Chao. Vungla insbesondere könnte zwei oder drei Schiffen
Platz zum Kielholen geben. Viele Schiffe haben vor Vungla geankert; aber,
trotzdem man beim Nordostmonsun dort gegen den Wind geschützt ist, so rollen
die Schiffe doch stark, weil die Dünung um die Spitze Vungla herum bis auf
diesen Ankerplatz dringt.
Frischwasser. Verschiedene Schiffe haben als günstige Wasserplätze die
Einbuchtung von Vungla und die kleine bewohnte Bucht an der Südküste des
Hafens von VYung-Chao bezeichnet.
Die Spitze und das Gebirge Gain-ba. Jenseits der Spitze Gain-Mong
läuft die Küste nordwärts und ist steil und abschüssig; man kann ohne Gefahr
in 400 bis 500 m Abstand an ihr entlang laufen. Dann kommt eine Bucht, die
von einer sandigen Landenge gebildet wird; die Landenge verbindet eine einzelne
Bergmasse mit dem Festlande. Dieses Gebirge dehnt sich in Nord—$Südrichtung
aus; zwei spitze und mit dichtem Gestrüpp bedeckte Gipfel haben fast die gleiche
Höhe von 200 m. Beide Spitzen fallen nach See zu fast senkrecht ab; die süd-
liche, die ein wenig höher ist, wird nach See zu durch eine fast eine Kabellänge
lange Klippenkette verlängert; die Klippen liegen gröfstentheils frei über
Wasser. In 500 m Abstand seewärts um die Bergmasse herum findet man mehr
als 20 m Tiefe. Das Gebirge ist eins der guten Erkennungszeichen der Küste.
Das Gebirge und seine äufserste Landspitze führen den Namen Gain-ba
nach dem Dorfe, das auf der Landenge liegt. Man kann an jeder Seite dieses
Gebirges in den von der Küste gebildeten Buchten ankern; man mufs nur dabei
vorsichtig die vielen Bambusstangen vermeiden, die die Fischer dort auslegen.
Natürlich sind diese Ankerplätze nur bei gutem Wetter und während der ganzen
guten Jahreszeit zu benutzen. Zwischen Uktober und März kann der südliche
Ankerplatz nur Schutz geben, wenn der Nordostmonsun ziemlich nördlich steht;
man muß möglichst nahe unter dem Gebirge von Gain-ba ankern,
Die nördliche Bucht von Gain-ba wird theilweise von einem Riff be-
grenzt, das sich ungefähr 300 m weit von der Küste entfernt. In seinem öst-
lichen Theile liegt eine einzelne, stets sichtbare Klippe; zwischen ihr und der
Küste findet man nur kleine Tiefen. Diese Bucht bietet vortrefflichen Schutz
gegen südliche Winde.
Die Bucht von Vung-Trich. Nordwärts von Gain-ba zieht die Küste
eine längliche symmetrische Kurve bis zu einer anderen einzeln liegenden Berg-
masse hin; diese Masse wird von mehreren Hügeln von mittlerer Höhe gebildet
and ist gleichfalls durch eine sandige Landenge mit dem Festlande verbunden.
Die Bucht ist an ihren hohen Dünen leicht zu erkennen; sie erreichen etwa 40 m
Höhe und bestehen aus sehr weißem Sande; infolge ihrer hellen, leuchtenden
Färbung sind sie schon aus sehr großer Entfernung zu erkennen und erleichtern