Wislicenus: Die Küste von Annam,
Nhatrang hat die Franzosen veranlafst, Chut als Platz für die Zollstation des
Schutzgebietes auszuwählen,
Der Flufs Nhatrang (Nha-trang = Schilfrohr — Wasser, auch Kua Kuhuan
yenannt), der seinen Namen der ganzen Landschaft giebt, ergielßt sich durch
sine einzige Mündung ins Meer, und zwar an der Nordkante des eben besprochenen
Strandes; vorher bildet er ein weites inneres Delta, wovon sämmtliche Arme
trockenfallen, mit Ausnahme eines einzigen, der im Norden längs der Berge
läuft, Dieser Fluß, der der bedeutendste der ganzen Landschaft ist, hat fast
150 km Lauflänge; davon sind etwa 30 km für Boote und Sampans schiffbar,
während der Rest für Flöfßse benutzt werden kann, In etwa 12 km Entfernung
vom Meere berührt sein Lauf die Nordgrenze der Citadelle von Khanh Hoa, der
Hauptstadt der Landschaft, wo ein annamitischer Vicekönig Hof hält. In der
Ebene fliefst er meist dicht am Fuße des nördlichen Gebirges entlang und läfst
den gröfsten Theil des Thales an seinem rechten Ufer; seine Ufer sind mit
Dörfern und Feldern bebaut; sein Bett, das ungefähr 250 m breit ist, ist bis zu
dem schon erwähnten inneren Delta hin sehr regelmäfsig. Dort, wo die Arme
dieses Deltas sich vereinigen, um als einzige Mündung ins Meer zu fließen,
bespülen diese Gewässer eine große Klippe von prismatischer Form, die 10 m
hoch ist, und die man von aufsen sehr gut erkennen kann. Auf dem linken
Ufer, auf dem Gipfel eines kleinen bewaldeten Hügels, heben sich die alten
Thürme von Po. Nagar, einer alten Pagode, .die aus Ziegelsteinen erbaut sind,
ab; die Pagode ist für die Zugänge zum Flusse eine ausgezeichnete Landmarke.
Der Fluß fließt aus der einzigen Mündung heftig heraus; davor liegt
eine Anhäufung von stets sichtbaren Klippen (Tas de roches), die sich an die
Nordküste anlehnt. Die Nordküste selbst wendet sich hier nach NO, zeigt
eine ausgedehnte Sandbank mit Klippen, die bei Niedrigwasser trockenfällt und
sich dann mit der kleinen, niedrigen, runden und mit Gestrüpp bewachsenen
Insel Bridre vereinigt. Die aus ihrem engen Fluthbecken heraustretenden Ge-
wässer des Flusses richten sich also hauptsächlich südwärts, wo sie zwei Klippen-
spitzen bespülen, die nur bei sehr niedriger Ebbe trockenfallen. Diese beiden
Klippen liegen mitten. zwischen dem Strande und der Klippenanhäufung, wovon
soeben gesprochen wurde; sie bilden mit kleinen, sie umgebenden Untiefen eine
Barre und nöthigen zur Vorsicht, wenn man. in den Flufs einlaufen will. Das
Einlaufen ist während des Nordostmonsuns stets schwierig.
Die sandige Landzunge, die das Südufer der Flußsmündung bildet, trägt
das von Fischern bewohnte Dorf Ku Huan. Unterhalb davon erheben sich die
Gebäude der französischen Statthalterei, die mit einer Mauer eingefalst sind; an
der. Seeseite der Niederlassung liegen Pflanzungen und eine Schanze von vier-
eckiger Form. Südwärts und innerhalb der Landspitze am Flufsufer dehnt sich
das grofse Dorf Ksuong-Huan aus; es besitzt eine Gruppe von Kokospalmen; seine
Hütten liegen längs des Flusses und an einer inneren Lagune, die bei Niedrig-
wasser trockenfällt. Auf dem westlichen Ufer dieser Lagune liegt ein einzelner,
von See aus sehr kenntlicher Hügel, der auf seinem Gipfel die Pagode „der
Gelehrten“ oder „des Confucius“ trägt. Andere kleine Hügel erheben sich weiter
südwärts über einem großen Gebiete von Dünen, die mit Gebüsch bewachsen
sind. Eine davon trägt eine sehr kenntliche Todtensäule; eine andere, die weiter
im Innern liegt, da wo die Dünen den bebauten Feldern Platz machen, trägt
eine ebenfalls von der Bucht aus sehr sichtbare weiße Pagode.
Die weiße Klippe (Rocher blanc, white rock) ist stets über Wasser sichtbar
und ist der Gipfel einer Bank, die sich ungefähr noch 150 m südwärts ausdehnt.
Man kann die Durchfahrt zwischen der weifsen Klippe und der Insel Bridre
benutzen, aber man mul dabei ein anderes, stets unter Wasser liegendes Riff
vermeiden, das in der Mitte der Durchfahrt und etwas nordwärts an der 10 m-
Grenze liegt.
Darüber hinaus buchtet die Festlandsküste von Neuem leicht ein, und es
öffnet sich ein neues, sehr bewaldetes Thal. Korallen fassen den Rand dieser
Einbuchtung ein, mit Ausnahme von einem schönen, etwa 1000 m langen Sand-
strande, in dessen Mitte man einen einsamen Palmbaum sieht. Dieser Strand,
worauf man mit Booten bequem landen kann, endigt im Norden am Fuße einer weit
rorgeschobenen kahlen und verwitterten Bergmasse, deren größte Spitze 390 m
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