204
Annalen der Hydrographie und Maritimen Meteorologie, Oktober 1894.
Im Rücken dieses Minimums stieg der Druck schnell und beherrschte, über
Island 775 mm übersteigend, bereits am 10. fast ganz Europa.
Vom 11. bis 20. stand Europa meist unter dem Einflufs hohen Druckes,
dessen Kern seine Lage über Grofßbritannien oder westlich dieser Inseln be-
hauptete, während mehrfach tiefe Minima über Lappland südostwärts nach Russland
zogen und ihre Depressionsgebiete südwestwärts in wechselnder Ausdehnung aus-
breiteten. Hierdurch wurde an der östlichen Ostsee die Fortdauer der regnerischen
Witterung bis zum 14. bedingt, während die übrigen Küstentheile vorwiegend
irockenes und theils heiteres, theils nebeliges Wetter hatten; am 18. und 19. Sep-
jember zumal war das heitere Wetter fast über die ganze Küste verbreitet.
Stürmische Winde, meist aus NW—Nord, Stärke 8 bis 9 (Brüsterort am 13.
bis Stärke 12, am 14. bis Stärke 11), traten an der östlichen Ostsee am 11. bis
15. vielfach auf, besonders am 12. bis 14., in Brüsterort noch am 16., während
sonst meist schwache veränderliche Winde herrschten.
Starkes Fallen des Druckes westlich von Irland in der Nacht zum 21. deutete
einen Umschlag des Wetters an. Ein Minimum nahte südlich von Irland von Westen
heran und breitete sein Depressionsgebiet bald nach Centraleuropa hin aus.
Regnerische Witterung trat wieder ein, am 21. und 22. in den westlichen Gebiets-
theilen von Gewittern begleitet, und erhielt sich an der Küste, im Bereich von
Depressionen, bis zum 29. September. Sehr ergiebige Niederschläge traten am
22, in Wittower Posthaus (22) und in Aarösund (22) und am 23. in Memel (23) ein.
Nachdem am 21. bis 23. ein flaches Theilminimum durch Norddeutschland
längs der Küste nach Polen gezogen war, drang am 25, bis 27., von hohem Druck
über dem Ocean gefolgt, das bis dahin vor dem Kanal und über der Biscaya-See
velegene Minimum vom Kanal her nach der südlichen Ostsee, wo es sich langsam
ausfüllte, ehe es am 29. in südöstlicher Richtung abzog und alsbald verschwand.
[n seiner Begleitung traten an der Ostsee am %5. und 26. vereinzelt stürmische
züdöstliche Winde, am 27. und 28. mehrfach stürmische westliche bis nordwest-
liche Winde, Stärke 8 bis 9, auf. Die Morgentemperaturen, welche in der
zweiten Dekade im Allgemeinen wenig Aenderung gezeigt hatten, erfuhren in
der dritten Dekade zunächst meist langsame Abnahme, ausgenommen eine im
Osten beobachtete vorübergehende starke Zunahme am 27., und in den letzten
Tagen wieder eine geringe Zunahme.
Ueber Westeuropa stieg der Druck rasch im Rücken des nach der süd-
lichen Ostsee verlagerten Minimums, und schon am 30, beherrschte das mit seinem
Kern von mehr als 775 mm Druck im NW lagernde Hochdruckgebiet fast ganz
Nordeuropa, während Südeuropa unter dem Einfluls eines über Italien und den
benachbarten Meerestheilen lagernden Minimums stand, eine Wetterlage, die
trockenes Wetter bedingte und sich mit wenigen unwesentlichen Aenderungen
noch längere Zeit im Oktober erhielt.
Im Monatsmittel lag der Luftdruck im Westen bis zu 2'/2s mm über, im
Osten bis zu 1/2 mm unter den normalen Werthen, die Temperatur um 1° bis 3°
anter den vieljährigen Mitteln, ebenfalls nach Osten hin relativ abnehmend, und
sbenso fielen die registrirten Windgeschwindigkeiten, aufser in Borkum und Memel,
zu klein aus. Die Niederschläge waren meist zu gering, jedoch an der mecklen-
durgischen und ostpreufßsischen Küste stellenweise erheblich zu grofs.
In Borkum herrschten die Windrichtungen aus NW—NNE an Häufigkeit
arheblich vor, sonst war die Vertheilung der Richtungen eine gleichmäfsigere,
wenn auch westliche bis nördliche Richtungen vielfach relativ häufig vorkamen
and die südlichen Winde etwas seltener auftraten.
Gedruckt und in Vertrieb bei E. S. Mittler & Sohn
Königliche Hofbuchhandlung und Hofbuchdruckerei
Berlin SW, Kochstrafse 68—70.