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Full text: Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie, 22 (1894)

Notizen. 
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als wäre es eine blinde Klippe, und das ganze Deck war beständig mit Wasser gefüllt; 
nachdem wir Oel in Benutzung genommen, kam nur noch etwas Schöpfwasser 
äber die Reeling. Einen sicheren Beweis von der Wirksamkeit des Oeles hatten 
wir um 6 Uhr nachmittags, als wir den am Krahnbalken hängenden Beutel zum 
Wiederauffüllen hereinnahmen. Sobald derselbe nämlich aus dem Wasser war, brach 
wieder eine schwere See vorn, eben hinter dem Fockwant über das Verdeck, 
die an 30 Fuß Reeling wegrißs, die Nagelbank zersplitterte, eine eiserne 
Stütze brach und zwei Platten der Verschanzung ganz nach innen bog. Sobald 
der Beutel wieder an seiner Stelle hing, spielten wir wieder schön Wetter. Auch 
am 19. März, auf 54,6° S-Br und 83° W-Lg bei einem zweiten orkanartigen 
Sturm aus West und schauerlicher See benutzten wir Oel mit bestem Erfolge.“ 
Kapt. Kampehl meint, es bedürfe nur eines Versuches, und ein Jeder 
würde von der Wirksamkeit des Oeles überzeugt sein, und er fordert deshalb 
alle seine Kollegen, die es bisher nicht gethan haben, auf, bei schwerem Seegang 
Oel in Gebrauch zu nehmen. Die dadurch entstehenden Kosten würden durch 
das Verschontbleiben von Beschädigung durch Brechseen mehr wie aufgewogen. 
Auf der Bark „F. E. Hagemeyer“, Kapt. M. Haak, wurde im letzten 
Herbst und Winter auf der Fahrt nach Nordamerika bei den sehr schweren 
Stürmen, welche zu dieser Zeit im Nordatlantischen Ocean wütheten, ebenfalls 
Oel wiederholt mit gutem Erfolge angewandt. In einem Falle schien jedoch das 
Mittel zu versagen. Der Bericht darüber im meteorologischen Journal des 
Schiffes lautet: 
„1893 November 10, auf 40,3° N-Br und 54,3° W-Lg morgens schwerer 
Sturm aus ESE mit hoher wilder See aus derselben Richtung; heftige Böen, 
Luft dick bezogen. Von 10'% bis 11! Uhr vormittags holt der Wind langsam 
durch SE und Süd nach SSW und wird zu einer mäfsigen Briese, worauf er sich 
noch weiter durch West nach Nord dreht. Luft oben klar, in der Kimm überall 
drohend. Um 12/2 Uhr fällt der Wind orkanartig von Nord ein, Luft furchtbar 
aussehend und so dick, dafs man keine Schiffslänge weit sehen kann. Die See 
wird so wild, daß sie von allen Seiten über das Schiff bricht. Die Boote oben 
auf der Kajüte und auf dem Vorderhaus schlagen fort, Wassertanks und andere 
bewegliche Gegenstände treiben auf dem Deck herum, an beiden Seiten gehen 
Verschanzungen verloren, ferner Ruderhaus, Kompafshaus und die Laternenbretter 
im Besanwant. Gebrauchen viel Oel, doch anscheinend ohne Nutzen; die See 
ist zu wild. Nachts nimmt der Wind etwas ab, weht aber noch immer als 
starker Sturm. Die See, immer noch in gewaltiger Höhe laufend, ist regel- 
mäliger geworden und kommt nur noch aus Nord. Der Gebrauch von Oel hat 
jetzt guten Erfolg, indem keine einzige Brechsee mehr überkommt.“ 
Die Ursache, wodurch das Oel seine Wirksamkeit verlor, scheint hiernach 
in dem Auftreten der zwei im stumpfen Winkel gegen einander laufenden Wellen- 
bewegungen, der einen aus SE und der anderen aus Nord, zu liegen. Die be- 
ruhigende Wirkung machte sich erst geltend, als die Gegensee sich gelegt hatte 
und die See regelmäßig, wenn auch noch sehr hoch, mit dem Winde Hef. 
2. Das Lootsenwesen in Savannah, Georgia, läßt nach einer Be- 
merkung des Kapt. M. Haak sehr viel zu wünschen übrig. Die von ihm ge- 
führte Bark „F. E. Hagemeyer“ kam am 24, Februar d. J. gegen 9 Uhr vor- 
mittags bei steifer Briese aus NE vor die dortige Barre und so nahe, dafs die 
auf Tybee-Rhede vor Anker liegenden Schiffe gesehen werden konnten, konnte 
aber keinen Lootsen erhalten, da keiner herauskam. Als gegen Mittag Wind und 
See zunahmen, liefs Kapt. Haak wieder landabwärts steuern, und dies war gut, 
denn am Nachmittage begann es hart aus ENE zu stürmen, bei hoher, wild 
durcheinander laufender See. Die Bark „Mary E. Chapman“, welche vor der 
Barre zu Anker gegangen war, trieb auf Strand und ging total verloren, doch 
wurde die Mannschaft gerettet. Am 26. Februar um 6 Uhr morgens kam die 
„F. E. Hagemeyer“ wieder an die Barre und ging jetzt, da der Wind WNW, 
also aus dem Lande war, in der Nähe der Aufsentonne zu Anker. Aufser ihr 
ankerten noch vier Schiffe daselbst. Um Mittag erhielten die Schiffe schließlich 
einen Lootsen, aber da kein Schleppdampfer kam, mufsten sie auch jetzt noch 
liegen bleiben, Glücklicherweise flaute der Westwind gegen Abend ab, und kam 
am nächsten Morgen eine leichte Briese aus NE durch, so dafs die Bark endlich 
am 10 Uhr vormittags des 27. unter Segel an die Stadt gelangte. 
Ann. d. Hyär. eto., 1894, Heft X.
	        
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