Skip to main content

Full text: Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie, 22 (1894)

Cartagena, Columbien. 
387 
Südlich von Cartagena erstreckt sich eine niedrige, mit Buschwerk be- 
wachsene Insel, welche die Nordseite eines flachen Einlaufes, genannt Boca 
Grande, bildet, welcher theilweise künstlich zugedämmt ist. Darauf kommt die 
Insel Tierra Bomba, die in ihrer Mitte 215 englische Fufs (65 m) Höhe erreicht. 
Südlich hiervon ist der schmale tiefe Einlauf zur Bucht von Cartagena, genannt 
Boca Chica, woselbst sich eine Lootsenstation befindet. Sind Lootsen anwesend, 
so kommen sie in einem Canoe mit der kolumbischen Flagge heraus. Ist kein 
Lootse da, und das Schiff segelt auf den Einlauf zu, so kommt auch wohl das 
Canoe, aber ohne Flagge, danu muß man wieder abliegen, wenn man nicht ohne 
Lootsen einlaufen will, was man auch, wenn man mit einer guten Specialkarte 
versehen ist, ohne Gefahr thun kann. 
Vom Thurm eines alten Klosters in der Stadt wird ein Drehfeuer und 
von einem hölzernen Gerüst auf der Ostseite des Forts St. Fernando, an der 
Südküste von Tierra Bomba und nördlich der Boca Chica, ein festes Feuer gezeigt. 
Etwa WNW von der Boca Chica in 4 Sm Abstand liegt die Südkante der 
gefährlichen Salmedina-Bauk, zwischen welcher und Tierra Bomba ein tiefes 
Fahrwasser von nahezu 30 Fad. (55 m) Wasser führt. Eben westlich von Cartagena 
findet man bequeme Tiefen von 8 bis 5 Fad., und würde es sich empfehlen, hier 
während der Nacht zu ankern, falls man Boca Chica nicht mehr vor Dunkel- 
werden erreichen kann, anstatt bei veränderlichen Winden und Strömungen 
herum zu treiben. Gewöhnlich setzt die Strömung dicht unter der Küste nach 
Norden. 
Die Südseite des Boca Chica-Fahrwassers bildet die niedrige Insel Baru 
mit vorliegenden Korallenbänken, auf welch letzteren das Fort St. Jose erbaut 
ist. Die Bezeichnung des Fahrwassers geschieht durch starke Pfähle von 20 cm 
Dicke und 2 bis 3 m Höhe, welche fest in die Korallen und Bänke eingelassen 
und verstrebt sind. Oben tragen diese Marken ein Kreuz von Brettern, die 
etwa !/a m hoch und 1m lang und so angebracht sind, dafs das eine Brett in 
der Richtung des Fahrwassers und das andere quer zu demselben steht. Die- 
jenige Hälfte des Kreuzes, welche nach dem Fahrwasser hin zeigt, ist weiß, die 
andere schwarz gestrichen, so dafs man leicht sehen kann, wenn man sich der 
Kante des Fahrwassers nähert. Das Fahrwasser ist bei Sandy Point an der 
Südspitze von Tierra Bomba und im Eingange der Boca Chica nur 1 Kabllg. 
breit, macht dann eine kurze Biegung nach NNO am Fort St. Fernando vorbei, 
woselbst die Breite nahezu 1!/a Kabllg. beträgt. Jener nördliche Kurs läfst sich 
oft mit dem herrschenden Winde nicht besegeln, und muß dann geankert werden. 
Gewöhnlich holt man das Schiff am nächsten Morgen vermittels Leinen und 
Wurfanker durch die Engen und kann dann mit der Morgenbriese, die oft süd- 
lich ist, Cartagena erreichen. Ebbe und Fluth werden in den Engen ziemlich 
bemerkbar, obgleich der Gezeitenhub ein sehr geringer ist. 
Die Lootsen sind ziemlich zuverlässig. Sie sind Staatsbeamte und be- 
kommen nur eine geringe Monatsgage, trotzdem betteln sie nicht, wie es sonst 
fast überall geschieht. Der Lootse darf vor Abhaltung der Quarantänevisite das 
Schiff nicht verlassen und wird dann durch einen Zollbeamten abgelöst. Diese 
Beamten werden jeden Tag gewechselt; auch sie sind bescheiden und fragen 
nicht um Geschenke an, man ist jedoch verpflichtet, sie zu beköstigen und ihnen 
einen Schlafplatz unter Deck zu gewähren. Eine Proviantliste wird verlangt, 
doch werden die Sachen 'nicht nachgesehen, und das Schiff wird nicht durchsucht, 
Man hat einen vom columbischen Konsul beglaubigten Gesundheitspafs, ebenso 
ein Manifest und eine Faktura der Ladung zur Einklarirung mitzubringen, natür- 
lich auch ein Konnossement, was jedoch nicht vom Konsul beglaubigt zu sein 
braucht. Ein vom Konsul mitgegebenes versiegeltes Couvert, das an den Inspektor des 
Zollhauses adressirt ist, enthält Duplikate der obigen Papiere. Kin Kaufmann, 
der seine beglaubigte Faktura nebst Konnossement der Zollbehörde vorzeigt, 
erhält ohne Weiteres gegen Bezahlung des Zolles seine Waaren, und kümmern 
sich die Herren nicht darum, ob die Fracht bezahlt ist. Hieraus erwachsen den 
Dampfschiffsagenten bei den Frachteinkassirungen manche Schwierigkeiten. 
Von Cartagena ist eine Eisenbahn nach Calamar am Magdalena-Strom 
soeben fertiggestellt und theilweise schon dem Betriebe übergeben worden. 
Bisher war hier eine Verbindung vermittelst flachgehender Hinterraddampfer durch 
den sogenannten Dique, eine theilweise künstliche Erweiterung eines nach Westen
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.