Pillsbury: Der Golfstrom.
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gewöhnlich starker Wind in der Passatregion den Durchschnitt nicht wesentlich
beeinflufst. Der erste Theil eines Nordsturmes im Golf von Mexiko wird wahr-
scheinlich eine starke Strömung verursachen, weil das Wasser gegen die Küste
von Kuba getrieben wird, von wo es durch die Straße von Florida entweicht,
die Strömung verstärkend. Ein Wind, der quer über die Strömung weht, ändert
die Lage der Strömung nicht. Er wirft einfach durch das Brechen der Wellen
das erwärmte Wasser seitwärts und führt es durch Reibung über die gewöhnlichen
Grenzen hinaus, aber die Lage des Golfstromes selber bleibt dabei unverändert.
Die Anwesenheit von Golfkraut ist durchaus kein sicheres Anzeichen einer
Strömung, denn es wird mehr durch die Wellen als durch die Strömung mit-
yeführt. Weht der Wind quer über den Strom, so kann er alles Kraut ohne
Ausnahme in die Gewässer aufserhalb des Stromes befördern. Es ist darauf auf-
merksam gemacht worden, dafs Golfkraut in unmittelbarer Nähe .der Nantucket-
Untiefen gefunden wurde. Ein lang andauernder südlicher Wind bringt durch
Jas Brechen der Wellen das Kraut in diese Gegend, 150 bis 200 Sm vom Golf-
strom entfernt.
Das Barometer ist eine häufige Quelle ungewöhnlicher Stromänderungen
in der Strafse von Florida, aber es ist zweifelhaft, ob viel von seinem Einflufs
im Atlantischen Ocean verspürt wird. Kin hoher Barometerstand im Golf von
Mexiko, begleitet von einem niedrigen im Atlantischen Ocean, verursacht eine
stärkere Strömung in der Strafse; bei umgekehrten barometrischen Bedingungen
wird die Strömung geschwächt. Der erste Einflufs des Luftdruck-Unterschiedes
wird an den Seiten des Golfstromes bemerkt, wo der normale Strom am
schwächsten ist. Gewöhnlich besteht eine neutrale Zone, die an „The Elbow*,
aahe beim Carysfort-Riff-Leuchtthurm, anfängt und sich bis Tortugas erstreckt;
in ihr ist .die Strömung veränderlich. Bei hohem Barometerstand im Golf ist
lie Strömung in dieser Zone vielleicht stetig östlich, und wenn dieselben Be-
dingungen lange andauern, wird der Einflufs des Barometers vielleicht im ganzen
Golfstrom verspürt. Ein Seemann, der sich Tortugas von Westen her nähert,
darf bei hohem Barometer auf eine günstige Strömung beim Umfahren der
Florida-Riffe rechnen und braucht deshalb seinen Kurs nicht so weit ab vom
Ufer zu nehmen, wenn er die Halbinsel umfährt. Nach Süden bestimmt und mit
niedrigem Barometer im Atlantischen Ocean bei Annäherung an die Florida-
Strafse wird er um so weniger Strom finden, je dichter er sich an die Riffe hält.
Dies sind die unregelmäfsigen und ungewöhnlichen Aenderungen des Golf-
stromes. Der gewöhnliche und normale Strom ist Aenderungen in der Ge-
schwindigkeit und etwas auch in der Richtung unterworfen, aber diese Aenderungen
können mit Genauigkeit vorher bestimmt werden, und die Lage der Achse von
der Höhe von Havana bis Hatteras ist bekannt. Die durchschnittliche Ge-
schwindigkeit ist am größten in der Achse, die selten in der Mitte des Stromes
liegt. Bei Havana liegt sie südlich von der Mitte oder an der Küste von Kuba,
aber auf der Höhe der Fowey-Felsen und des Kaps Florida, und von da bis
Kap Hatteras liegt sie westlich von der Mitte. Die Lage der Achse ist unter
mittleren Bedingungen:
Ost von der Contoy-Insel, Yukatan
Nord von Havana . . . ... 4
Ost von den Fowey-Felsen, Florida .
Ost vom Jupiter-Leuchtthurm, Florida ,. . . . .
SO vom Kan Hatteras-Leuchtthurm, Nord-Karolina etwa
35 Sm
25
11,
19
38
. Vom Jupiter-Leuchtthurm bis zum Kap Hatteras, etwa 16 Sm außerhalb
der 100 Faden-Linie, mit Vernachlässigung der Unregelmäfsigkeiten dieser Linie.
An den hier gegebenen Orten kann man sicher auf einen starken Strom
rechnen. Zwei bis drei Tage nach dem Aequator-Durchgang des Mondes ist der
Strom hier beträchtlich stärker als zu beiden Seiten. Wenn der Mond sich seiner
gröfsten Abweichung nähert, nördlich oder südlich, nimmt die Strömung in der
Achse an Geschwindigkeit ab, und gleichzeitig nimmt sie zu beiden Seiten der
Achse an Geschwindigkeit zu. Mit anderen Worten, die stärkste Strömung nach
dem Aequator-Durchgang hat eine geringe Breite, aber eine hohe Geschwindigkeit.
Die Breite nimmt mit der Aenderung in der Stellung des Mondes zu, indem die