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Annalen der Hydrographie und Maritimen Meteorologie, September 1894.
Der Nullhorizont des Hafens liegt etwa 1,50 Faden (3,2 m) unter dem
höchsten Wasserstande, welcher in dem Meerbusen wahrgenommen ist. Nach
den seit 1887 täglich gemachten Beobachtungen ist der mittlere Wasserstand auf
0,35 Faden (0,75 m) über Null anzunehmen. Die Schwankungen des Wasserstandes
sind von der Windrichtung abhängig. Bei starkem Nordostwind fällt der Wasser-
spiegel bis auf 0,70 Faden (1,5 m) unter Null, bei Südwestwind steigt derselbe bis
auf 1,50 Faden (3,2 m) über Null. Die Wassertiefe beträgt am Hafeneingang nur
7'% Fuß (2,3 m) und erreicht erst etwa 40 Werst (25 Sm) seewärts 22 Fufs
(6,7 m). Auf dem hochgelegenen Ufer erhebt sich ein Leuchtthurm erster Klasse
mit elektrischem Licht bis auf 164,6 Fuls (50,2 m) über den Meeresspiegel. Der
Boden des Hafens hat eine glatte, mit der Entfernung vom Ufer etwas ab-
fallende Oberfläche. Derselbe besteht aus reinem Schlamm und aus einer Mischung
von Schlamm, Muscheln und Sand. In den tieferen Schichten lagert bisweilen
blauer Thon. Die oberen angeschwemmten Schichten sind stellenweise fester als
die unteren.
Den Hauptverkehrsgegenstand bildet die Ausfuhr von Getreide (Weizen,
Roggen, Gerste etc.), welches mit Dampf- und Segelbarken von 5 bis 8 Fuß
‘1% bis 2!/2 m) Tiefgang zu den auf der Rhede ankernden Schiffen des Aus-
[andsverkehrs befördert wird. Durchschnittlich werden jährlich 10 Millionen Pud
zu Schiff versandt, welche theils auf der Kursk— Charkow— Azofschen Eisenbahn,
‘heils auf Landfuhrwerk angebracht und erforderlichenfalls in städtischen Speichern
yelagert werden. Letztere gewähren Raum für 7 Millionen Pud. Auf je 1 Pud
versandten Getreides entfällt eine Abgabe von !/z Kopeken, so dafs aus diesem
Verkehr jährlich 70 000 bis 80000 Rubel gewonnen werden. Nächst Getreide
ist die Steinkohle (Anthracit) ein wichtiger Verkehrsgegenstand. Diese bei der
Station Schachtnaja der Koslow-—Woronesh — Rostower Eisenbahn gewonnene Kohle
wird in einem Umfange von 2 bis 14 Millionen Pud vorzugsweise von der
russischen Gesellschaft für Dampfschiffahrt und Handel nach den Häfen des
Schwarzen Meeres gebracht. Die dem Ortsverkehr entstammende Einfuhr (Salz,
Fische, Butter, Mehl, Eisen, Cement) ist auf 1 600 000 Pud jährlich zu schätzen.
Dazu kommt die ausländische Einfuhr, etwa 1 Million Pud an Krämerwaaren,
Baumöl, Oliven, Obst, Nüssen, Wein ete. und Ackerbaugeräthen; diese Geräthe
allein machen je nach der Bedeutung der Ernte 180 000 bis 1500 000 Pud aus.
Für die Einfuhrgüter sind Schuppen bei dem Zollamte vorhanden.
13. Der Hafen von Noworossijsk.
Der Hafen von Noworossijsk tritt in der Richtung von SO nach NW in
Jas Festland hinein und umfalst mehr als 42 Quadratwerst. Die Bucht ist am
Anfang zwischen den Landzungen Daob und Sudjuk 8 Werst (4,6 Sm) breit und
von der Mündung des Flusses Tsemes bis zum Leuchtthurm von Doob 14 Werst
'8 Sm) lang. Dieselbe verengt sich von dem Vorgebirge Penai ab und ist an
der Stelle, wo der Hafen angelegt wird, zwischen den Molen 2'/4 Werst (1,3 Sm)
breit. Der Boden ist im Allgemeinen schlammig und aus Muscheln und Sand
yemischt; an dem nordöstlichen Ufer besteht derselbe aus Schiefergestein, an den
übrigen Ufern meist aus Sand, gemischt mit Muscheln und Steinen. Am nord-
östlichen Ufer, von Doob ab, ist eine Bewegung der Steine nicht wahrnehmbar,
obwohl die zerstörende Wirkung der Wellen sich an den steilen felsigen Ufern
zeigt. An dem südwestlichen flacheren Ufer ist die Ablagerung der An-
schwemmungen deutlich erkennbar. Die zahlreichen Steine an der Landzunge
von Sudjuk lagern sich an dem Ufer in der Nähe des Tsemes-Thales ab und
trennen dieses Sumpfgebiet vom Meere. Der Wasserstand ändert sich in der
Bucht wenig; im jährlichen Durchschnitt betragen die Schwankungen höchstens
2 Fuß. In der Regel steht das Wasser im Winter über, im Sommer unter Null.
Als Nullpunkt ist der Wasserstand des Meeres vom September 1886 angenommen.
Das Thal des Tsemes-Flusses ist etwa 11 Werst (6,3 Sm) lang und 2 bis
3 Werst (1,5 Sm) breit. Mit dem Flusse gelangen keine Schwemmtheile in das
Meer, da derselbe in seinem unteren Laufe eine sumpfige Niederung mit einer
Vertiefung durchfliefst, in der die Anschwemmungen sich ablagern. KErheblichere
Ablagerungen verursacht dagegen ein bei der Admiralität in das Meer mündender
kleiner Gebiresflufs. Während der länesten Zeit des Jahres ist der Tsemes ohne