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Full text: Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie, 22 (1894)

Köppen: Ergänzungen zum vorstehenden Aufsatz. 
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Eine systematische Anordnung dieser Art kann, nach Davis, nicht nur 
für den Lernenden, sondern auch für den Forschungsreisenden von grofsem Vor- 
theil sein. So darf beispielsweise in einer ebenen Gegend ein Wind, der am 
Tage aufspringt und am Abend sich wieder legt, als ein guter Anzeiger der all- 
gemeinen Winde dieses Ortes angenommen werden; ein Wind dagegen, der in 
der Nacht beginnt, ist eher für einen cyklonischen Wind zu halten, ebenso ein 
Wind, der ohne viel Aenderung in der Stärke sich in 24 Stunden um mehr als 
ürei Strich ändert, oder der anhaltenden Regen im Flachlande bringt; diese 
Winde sind vermuthlich nicht die vorwaltenden Winde des Ortes. 
Manche örtlich bekannten Winde, wie der Samum, Harmattan u. 8. w. 
können noch nicht genügend in eine Klassifikation eingereiht werden, weil erst 
durch fernere Untersuchungen aufgeklärt werden mulfs, wie sie entstehen, 
Mit der Zeit wird wohl auch eine feinere Klassifikation der cyklonischen 
Winde nach ihrem Verhältnifs zur allgemeinen planetarischen Cirkulation sich 
Jurchführen lassen, da nur bei einem Theile derselben die treibenden Temperatur- 
anterschiede im Bereiche des Windes resp. Wirbels selbst liegen, bei einem anderen 
Theile aber dieselben in dem Unterschied zwischen Pol und Aequator zu suchen 
sind, so dafs die Cyklone nur eine lokale Modifikation der planetarischen Strö- 
mung ist. 
Reine Formen werden sich übrigens fast nirgends in der Natur finden 
lassen, sondern stets zusammengesetzte, in denen jedoch das eine oder das andere 
Moment vorherrscht. 
Prof. Davis hat in der vorstehenden Abhandlung die Zunahme des Luft- 
drucks in der Richtung von Island nach Norden und die entsprechende Ver- 
drängung der westlichen Winde der gemäfsigten Zone durch östliche und nörd- 
liche in höheren Breiten als eine reine Wirkung der Kontinente behandelt. Er 
spricht häufig von einem niedrigen Luftdruck am Pol, während die Thatsachen 
für das Meeresniveau, wenn man von den Unterschieden zwischen Ost und West 
absieht, nur für einen Ring niedrigen Luftdrucks bei 55° bis 70° Breite sprechen. 
Die Zone der westlichen Winde findet so allgemein in diesen Breiten ihre polare 
Grenze, dafs Prof. Davis wohl nicht umhin können wird, den polaren Gebieten 
höheren Druckes in seinem System der planetarischen Winde eine Stelle zu- 
zuweisen. Denn es ist zu vermuthen, dafs diese Gebiete, wie die Maxima der 
Rofsbreiten, fortbestehen würden, auch wenn die Wasserbedeckung der Erde eine 
allgemeine würde, vorausgesetzt, dafs die mittlere Temperatur ihrer Oberfläche 
sich nicht gar zu weit von der jetzigen entfernt. Die Bildung einer Schnee- 
und Eiskappe um die beiden Pole, welche gegenwärtig das Zustandekommen der 
in Rede stehenden Erscheinung bedingt oder doch begünstigt, würde ja auch 
dann fortdauern.‘!) 
Anders steht die Sache freilich, wenn wir die Verhältnisse in einiger Höhe 
über dem Meeresspiegel betrachten. Da der Luftdruck mit der Erhebung über das 
Meer in der kälteren Luft des inneren polaren Gebietes rascher abnehmen mul, 
als in der wärmeren Imft des umgebenden Ringes niederen Druckes, so mul 
der Druckunterschied in einiger Höhe sich ausgleichen und höher hinauf ent- 
gegengesetztes Zeichen annehmen.‘ Würde die Temperaturabnahme mit der Höhe 
überall dieselbe sein, so müfste nach einer von mir in der „Oesterr. Meteor. 
Zeitschr.“ 1892, Seite 88, gegebenen Formel der mittlere Druckunterschied zwischen 
55° N und 80° N, den Ferrel für den Meeresspiegel auf 2,3 mm berechnet; bereits in 
562 m Seehöhe Null sein, die Temperatur im Meeresspiegel nach Ferrel in 
30° N = — 15,5° C, in 65° N= —5,7° C angenommen. Durch die wahrscheinlich 
langsamere vertikale Abnahme der Temperatur in 80° gegenüber 65° dürfte 
ireilich der Temperaturunterschied verringert und der Ausgleich der Drucke in 
sine etwas höhere Schicht geschoben werden. 
1) Da von den beiden um 180° Länge auseinander liegenden Gegenden Norwegen und 
Bering-Strafse Ersteres in gleichen Breiten viel wärmer ist, als die Letztere, so ist der Mittelpunkt des 
Gebiets höheren Druckes vom Nordpol nach der Seite der Letzteren verschoben, und diese Excen- 
iricität ist noch ausgeprägter im umgebenden Gürtel niederen Druckes, dessen pacifischer Theil zehn 
and mehr Breitengrade südlicher liegt, als sein atlantischer.
	        
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