Spindler: Eisverhältnisse an den Seeküsten des russischen Reiches, 19293
welches er am Morgen des 28. sich Bahn zu. brechen suchte in der Richtung
des Leuchtthurmes, dessen westliche Baken er gegen Abend auch erreichte.
Leute, welche zum Dampfer ausgesandt waren, mufsten infolge des gebrochenen
Eises in der Entfernung einer halben Werst davon Halt machen, konnten aber
dennoch die Benennung des Dampfers „Hope“ entziffern.“ Und weiter: „am
8. April begann das Eis sich in der Richtung nach der Ostsee zu bewegen, und
mit ihm entfernte sich auch der Dampfer „Hope“ langsam gegen West, ward
aber noch bis zum 25. April im Eise gesehen. Jenseits des Hafens erblickt man
in der Ostsee noch ganze Eisberge“. |
Die an Dagerort vorbeiführende Strafe für Fahrzeuge wird am 12. April
mehr oder weniger frei, doch werden die Schiffe bei Tachkona noch vom KEise
aufgehalten, von wo aus gegen NO ununterbrochenes Eis fast bis zum 5. Mai
zu erblicken ist.
Im Rigaer Meerbusen geräth das Eis bei Domesnäs am 4. April zuerst in
Bewegung, doch findet die Kommunikation zwischen Zerrel und der kurländischen
Küste noch mit Pferden statt. Erst am 26. April, mit dem Abgang gegen West
des Dampfers „Silvio“, welcher bei Domesnäs überwintert hatte, konnte die
Ostsee als für die Schiffahrt offen angesehen werden, trotzdem zwei andere
Dampfer,. welche zu gleicher Zeit bei Domesnäs gewesen, sich erst am 30. April
entschieden, in die Ostsee zu stechen. An diesem Tage erreichte ein Kisbrecher
aus Riga Domesnäs und eröffnete hiermit die Schiffahrt im Rigaer Meerbusen,
Doch war dieselbe noch mit grofsen Beschwerlichkeiten und selbst Gefahren
verbunden, wie man dieses aus folgender Mittheilung aus Zerrel vom 4, Mai
schließen kann: „Heute Abend kam hier ein Boot mit vier Landleuten von der
Insel Runö an; die Angekommenen erzählen, dafs im Meerbusen noch so viel
Eis vorhanden sei, daß sie nur mit grofser Mühe sich Bahn gebrochen; ein
Dampfer, welcher in Riga eine Ladung Flachs aufgenommen, wurde unweit der
Insel Runö vom Eise durchbrochen und ging unter; die Mannschaft rettete sich
auf die Insel in Booten“. Die Stärke des Eises bei der Insel Runö erreichte
1 Arschine (%4 m).
Der Rigasche Meerbusen wurde am 16. Mai vollends von Eis befreit.
Nach den mehrjährigen Beobachtungen von Zerrel zu urtheilen, hielt die
ununterbrochene Eisdecke des Riga’schen Meerbusens in der verflossenen Saison
1'/a Monate länger Stand als normal.
Im Finnischen Meerbusen, namentlich in dessen westlichem Theile, tritt
die lange Dauer der Eisdecke im vergangenen Winter im Vergleich mit der
normalen noch schlagender hervor, als im Rigaer Meerbusen. In Baltisch
Port dauert das Eis gewöhnlich 1,1 Monat, im verflossenen Jahr aber dauerte
es 2,9 Monate. Für den centralen Theil des Meerbusens ist der Unterschied
geringer; für Hochland z. B. sind 2,4 Monate die Norm, während das Eis dort
im verflossenen Jahre 3,3 Monate dauerte. In Kronstadt endlich war die Dauer
des Zufrierens fast normal. ;
Die Anführung einiger Thatsachen über den Eisgang im Finnischen Meer-
busen und über die Verhältnisse, unter welchen die erste Früjahrs-Schiffahrt
darauf stattfand, dürfte von Interesse sein.
Am 19. April wird der erste Dampfer am Horizont des Leuchtthurmes
Kockskär sichtbar; allein im Journal der Beobachtungen dieses Leuchtthurmes
sowohl als auch der westlich gelegenen stolsen wir noch auf Anmerkungen
folgender Art: „das Eis steht noch, mit unbedeutenden Waken“, „Berge von Eis
sind in Bewegung“, „das Meer ist voller Eis“ etc. Der erste Dampfer muß
seinen Weg glücklich zurückgelegt haben, offenbar, indem er die unbedeutenden
eisfreien Stellen benutzte, aber von dieser zufälligen Fahrt war es noch weit
bis zur Eröffnung der Schiffahrt. Bei Odensholm tritt das Eis nur am 27. April
in Bewegung; aus Nargö theilt man am selben Tage mit: „an der finnländischen
Küste ist der Rettungsdampfer sichtbar, der dort das Eis bricht“; am 1. Mai
erscheinen am Horizont des Packerort’schen Leuchtthurmes vier Dampfboote.
Bald darauf aber wird das Meer von Neuem von durchgängigem KEise bedeckt,
und zwar nicht nur in Packerort selbst, sondern auch westlicher.
Aus Worms wird vom 2. Mai geschrieben: „Der Horizont des Finnischen
Meerbusens ist durchweg von Eis bedeckt, nirgends erblickt man Wasser, mit
Ausnahme einiger Stellen an der Küste. Das KEis ist in langsamer Bewegung.