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Full text: Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie, 22 (1894)

Richter: Zur Lehre von der Wellenberuhigung. 
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nämlich die fetten Oele, in praxzi gute Resultate ergeben haben. Ich habe mich 
daraufhin der Aufgabe unterzogen, diese Lücke in unserer Erfahrung auszufüllen 
und Vertreter der verschiedensten Flüssigkeitsgattungen aus dem Gebiet der 
organischen Chemie auf ihre Fähigkeit, wellenberuhigend zu wirken, zu prüfen, 
und zwar folgende: 
Alkohole — Aethylenglykol, Aethylalkohol, 
Aether — Aethyläther, Isopropyläther, 
Ketone — Dimethylketon, 
Aldehyde — Acetaldehyd, 
Säuren — Essigsäure, Akrylsäure, 
Säureester — KEssigsäureäthylester, 
Säureamide — Formamid, 
Nitrile — Nitril der Essigsäure, 
Kohlenwasserstoffe — Petroleum, Benzol, Terpene, 
Nitrokohlenwasserstoffe — Nitrobenzol, o-Nitrotoluol, 
Amidokohlenwasserstoffe — Anilin, 
Amine — Trimethylamin. 
Das Resultat war bei allen Flüssigkeiten ein vollkommen negatives, theils 
war das Lösungsverhältnifs zu grofs, theils zu gering (unlöslich). 
Nur bei einer Gattung, nämlich den Terpenen, habe ich öfter einzelne 
Vertreter gefunden, welche im Stande waren, die charakteristische Transformation 
der Wellen herbeizuführen; aber eine Löslichkeitsbestimmung in Wasser (1; 1000 
bis 4000) liefs mich sofort wieder den wahren Grund erkennen. Diese neue 
Bestätigung meiner Diffusions-Theorie weist mit zwingender Nothwendigkeit ganz 
allgemein darauf hin, dafs alle diejenigen Flüssigkeiten, welche sich im Ver- 
hältnifs 1:1000 bis 1:40000 in Wasser lösen, auch im Stande sein müssen, 
mehr oder minder, je nach dem Lösungsgrade, die Wellen zu glätten. Ob nun 
zwei Flüssigkeiten von gleicher Löslichkeit, z. B. 1:10000, beim Lösen auch 
eine gleich grofse Kraft erzeugen, müfste zunächst noch festgestellt werden, 
einstweilen ist diese Annahme von der Hand zu weisen. 
Von diesen Gesichtspunkten ausgehend, habe ich es für nöthig erachtet, 
noch einmal, und zwär in genauerer Weise wie bisher die Oelsäureglyceride, den 
Hauptbestandtheil der animalischen und vegetabilischen Oele auf ihre Löslichkeit 
in Wasser zu prüfen. 
Es ergab sich hierbei, dafs das Glycerindiolein und das Glycerintriolein 
als vollkommen unlöslich anzusprechen und daher für Zwecke der Wellenberuhigung 
untauglich sind, das Glycerinmonolein dagegen eine geringe Löslichkeit besitzt, 
und dementsprechend mit demselben auch eine gewisse Glättung der Wellen 
erzielt werden konnte, und zwar auf Seewasser weniger als auf Flufswasser. 
Diese Thatsache steht in richtiger Beziehung zu den in der Praxis erzielten 
wenig günstigen Erfolgen mit dem fast aus reinem Glycerinolein bestehenden 
Baumwollsamenöl. 
Eine weitere, das Fundament der von mir aufgestellten Diffusionstheorie 
bildende Thatsache ist die angezweifelte Löslichkeit der Oelsäure in Wasser. 
Wenn ich zu dieser Frage hier noch einmal Stellung nehme, so beschränke ich 
mich, kurz darauf hinzuweisen, daß eine Lösung der Oelsäure in Wasser einen 
fettartigen Geruch und Geschmack besitzt, dafs durch Titriren einer solchen 
Lösung in der von mir angegebenen Weise (Seite 28) einwandfrei das Vor- 
handensein der Oelsäure quantitativ nachgewiesen ist und schliefslich beim Ab- 
dampfen einer solchen Lösung die Oelsäure in Substanz, allerdings in zersetztem 
Zustande, wieder gewonnen werden kann. 
Wenn bei dieser Arbeit derartigen Löslichkeitsverhältnissen noch eine aktive 
Rolle zuertheilt wird, so steht dem theoretisch und auch praktisch nichts im Wege, 
sobald wir uns nur mit dem Begriff eines solchen geringen Löslichkeitsver- 
hältnisses näher befreundet haben. Der Begriff der Löslichkeit hört für den 
Chemiker schon zumeist bei dem schwefelsauren Kalk (Gips), welcher sich in etwa 
400 Theilen Wasser löst, auf, weil geringere Löslichkeitsverhältnisse chemische 
Arbeiten nur sehr selten beeinflussen, also praktisch belanglos sind. In theo- 
retischer Beziehung muß aber jede Flüssigkeit als löslich bezeichnet werden, 
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