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Full text: Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie, 22 (1894)

Davis: Die allgemeinen Windverhältnisse auf dem Atlantischen Ocean, 17 
eine Folge des eben Gesagten. Weil wir hier (in Neuengland) in Lee eines 
grofsen Kontinentes liegen, haben wir kalte Winde im Winter und warme Winde 
im Sommer; weil zudem ünsere Winterwinde von NW kommen,. sind sie 
aufserordentlich kalt, und weil unsere Sommerwinde von Südwest kommen, so 
sind sie unerträglich warm. Umgekehrt, weil das westliche Europa in Lee von 
einem Ocean liegt, hat es milde Winde im Winter und mäßig warme Winde im 
Sommer; weil zudem die Winterwinde von SW kommen, so sind sie ganz be- 
sonders milde, und weil die Sommerwinde von NW kommen, so sind sie verhältnifs- 
mäßig kühl. 
Eine weitere Folge sehen wir in der Erzeugung des anticyklonalen Wirbels 
auf dem Nordatlantischen Ocean. Die Hitze des Sommers dehnt die Luft über den 
Kontinenten aus und schiebt sie nach den kühleren Oceanen ab, wodurch die Gleich- 
förmigkeit des Gürtels mit hohem Luftdruck an den Grenzen der Tropenzone, 
der das charakteristische Zeichen der terrestrischen Winde ist, unterbrochen wird, 
und lokale Gebiete hohen Luftdrucks auf dem Ocean neu hervorgerufen werden. 
Von dem Kern eines solchen Hochdruckgebiets fliefst der Wind langsam nach 
aufsen mit einer Abweichung, wie sie der Hemisphäre zukommt. Der Nord- 
atlantische Ocean liefert hierfür das beste Beispiel, weil er am vollständigsten 
von Ländermassen eingeschlossen ist. 
£inen indirekten Einfluß der Kontinente — d. h. eine Wirkung, die nicht 
direkt auf den Temperaturwechsel über den Landmassen zurückzuführen ist — 
zieht man in der genannten cyklonalen Luftbewegung zwischen Norwegen und 
Grönland, Dieser Wirbel wird durch die abnorm hohe Temperatur dieses Theiles 
des Oceans hervorgerufen, wo so grofse Massen warnıen Wassers in hohe Breiten 
zusammengelaufen sind. Dieses Zusammendrängen beruht aber wieder auf der 
Form der umgrenzenden Kontinente. Die ganze Form des Atlantischen Oceans 
scheint danach angethan zu sein, diese eigenthümliche Erscheinung hervorzurufen, 
Der Südatlantische Ocean erhält nicht so viel antarktisches Wasser, als nach 
dem südlichen Stillen Ocean hineinfliefßst, weil das südliche Afrika nicht so weit 
nach Süden sich erstreckt als Südamerika; hierdurch kommt es, dafs der Aequa- 
torialstrom im Golf von Guinea viel wärmer ist als der Küstenstrom bei Peru, 
Die SO—NW-Richtung des tropischen Theiles des Atlantischen Oceans bedingt es, 
daß ein grofser Theil des warmen Aequatorialstromes im Atlantischen Öcean 
von der südlichen Halbkugel nach der nördlichen hinüberfliefst. Das grofse 
Wasservolumen, welches in dieser Weise an der Küste von. Guinea vorbeiflielst, 
nimmt durch die Verzögerung, die die westindischen Inseln hervorrufen, wenn 
es an beiden Seiten von ihnen längs läuft, noch gröfsere Wärme an. Der Golf- 
strom, .dem wir im Allgemeinen so viel Aufmerksamkeit schenken, macht nur 
einen Theil dieser warmen Strömung aus, und wenn man nur den Strom mit 
diesem Namen belegt, der durch die Florida-Straßse läuft, wie man eigentlich 
thun sollte, so mufs man die Strömung von Kap Hatteras oder etwas nördlich 
davon die nordatlantische Trift nennen. Die Frage der Benennung ist indessen 
nebensächlich; die Thatsachen sind zum Glück klar genug. Die gewaltige Masse 
warmen Wassers, welche an der Westseite des Atlantischen Öceans polwärts 
läuft, theilt sich, wenn sie auf ungefähr 40° N-Br ostwärts fließt: ein Arm fließt, 
gegenüber von Spanien und Afrika, nach Süden, um den natürlichen Kreislauf 
zu vervollständigen; der andere Arm läuft nach NO längs dem westlichen 
Europa und in den sich verengenden Ocean der Polarregion: das einzige aus- 
gesprochene und fortdauernde Beispiel einer solchen Strömung, das in der ganzen 
Welt vorhanden ist. An jener Seite von Island ist das Meerwasser aufßerordent- 
lich warm. In dieser Gegend finden wir die gröfste Abnormität in Bezug auf 
Wärme auf unserer ganzen Erde, und namentlich ist dieses im Winter der 
Fall, wenn die Sonne weit im Süden steht und die Lufttemperatur hauptsächlich 
dem Einflusse von Land und Wasser unterliegt. Hier, auf beiden Seiten von 
Island, sind die Barometerstände abnorm niedrig, in Folge der abnorm hohen 
Temperaturen, und um diese Gebiete niedrigen Luftdrucks wehen die Winde in 
cylonaler Form mit grofßer Reinheit. Die Ausdehnung dieser Wirbel darf nun 
aber nicht auf der beigegebenen Karte gemessen werden, welche in der bequemen 
aber verzerrenden Mercator-Projektion entworfen ist, sondern auf einem Globus 
in ihren entsprechenden Dimensionen, wodurch man gewahr wird, dafs sie ver- 
Ann. d. Hydr. etc., 1894, Heft I,
	        
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