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Annalen der Hydrographie und. Maritimen. Meteorologie, Juli 1894,
Beistebende Fig. 4 zeigt das demgemäfs konstruirte Abbe’sche Refrakto-
meter im Längsschnitt und im Verhältnifs von 1:25 verkleinert. In der
Figur ist A das feste Prisma, B das lose, durch die seitlich um den Knopf 7
drehbare Feder S festgehaltene Prisma, entlang den Hypotenusenflächen C ist
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Fig. 4.
die zu untersuchende Flüssigkeit vertheilt; D ist der Kompensator, durch den
Trieb X drehbar; / ist das Objektiv, 0 das Okular, bei / ist die mikroskopisch-
kleine Mikrometer-Skala an der planen Seite der Linse. Das Objektivrohr kann
durch die Schraube Q seitlich ein wenig verschoben werden, um die Verlöschungs-
grenze auf der Skala / in eine etwa gewünschte andere Lage zu bringen,
Die Beobachtung mit diesem einfachen A bbe’schen Refraktometer geschieht
nun folgendermafßsen: Die Feder S wird nach oben gezogen und zur Seite ge-
dreht, das lose Prisma B abgenommen und ebenso wie das Prisma A an der
Hypotenusenfläche gut abgewischt, so dafs beim Anhauchen keine Streifen oder
Ränder mehr sichtbar sind, sondern die Flächen gleichmäfsig mit den mikro-
3kopischen Dampfperlen bedeckt und nach dem Verdunsten dieses Hauchs absolut
spiegelblank erscheinen. Dann wird ein Tropfen der Flüssigkeit auf die Fläche
GC gebracht, das Prisma B darauf gesetzt und durch Herüberführen der Feder S
festgeklemmi. Hält man nun das Instrument mit dem Prisma B gegen das
Licht und sieht durch das Okular in der Stellung, wie die Zeichnung Fig. 3
zeigt (d. h. bei horizontaler Lage des Hauptschnitts), so erblickt man im Gesichts-
felde die linke Seite hell, die rechte dunkel, die Verlöschungsgrenze farbig, ent-
weder dunkelroth oder veilchenblau. Durch Drehung des Triebs X setzt man
den Kompensator D in Wirksamkeit, bis die Verlöschungsgrenze farblos ist und
notirt die auf der Mikrometer-Skala zu beobachtende Lage derselben. Damit ist
die Beobachtung fertig.
Diese Ausführung des Refraktometers ist nun nicht ohne Weiteres für
oceanographische Zwecke brauchbar. Beobachtet man nacheinander die Lage
der Verlöschungsgrenze für destillirtes Wasser und für Seewasser, so zeigt sich
zwar, dafs sie für das erste dem Anfang der Skala näher liegt, für das Seewasser
aber um so weiter nach rechts, je gröfser das specifische Gewicht oder der Salz-
gehalt ist.!) Für eine und dieselbe Wasserprobe aber erhält man fast jedes-
mal verschiedene Ablesungen, da nämlich der Brechungsexponent sich mit
wachsender Temperatur verringert. Bei destillirtem Wasser und ebenso auch
bei Seewasser wird sich also bei höherer Temperatur die Verlöschungsgrenze
näher nach dem Nullpunkt der Skala nach links, bei Abkühlung nach rechts ver-
schieben. Beim Handhaben und Bedienen des Instruments, insbesondere bei der
Reinigung der Prismen, sind Veränderungen der Temperatur gar nicht zu ver-
hindern, und ein am Instrument angebrachtes oder mit ihm im Kasten liegendes
Thermometer wird, wie man leicht einsieht, auch nicht viel helfen können.
Da nun aber das Seewasser nur eine sehr verdünnte Salzlösung vorstellt,
80 ist anzunehmen, dafs die Veränderung des Brechungsindex mit der Temperatur
bei destillirtem und Seewasser angenähert parallel geschehen dürfte. Es kam
1) Ich brauche wohl kaum noch besonders zu betonen, dafs es sich hier nicht um Feststellung
des Brechungsexponenten als solchen handeln kann, sondern nur als Mittel, um daraus das specifische
Gewicht des Seewassers zu finden. Deshalb hat die Ueberführung der einzelnen Stufen der Mikro-
meter-Skala in wirkliche Brechungsexponenten, wie sie die Physik angiebt (z. B. für gelbes Natron-
licht bei destillirtem Wasser von 15° = 1,3333), zunächst kein oceanographisches Interesse, wohl
aber ein rein physikalisches. Von uns soll hier aber nur die oceanographische Seite der Sache in
Betracht gezogen werden.