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Full text: Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie, 22 (1894)

Prinz Heinrich der Seefahrer. 
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Herr B. Yule Oldham: 
Wir unterscheiden zwei wesentliche Daten in der Geschichte der Erforschung 
der westafrikanischen Küste unter den Auspicien des Prinzen Heinrich, das 
Jahr 1433, als das gefürchtete Kap Bojador umschifft wurde, und das Jahr 1443, 
als in der Bai von Arguin bewohnte Inseln entdeckt wurden. 
Bis zu dieser Periode hatte Prinz Heinrich mit unerschütterlichem Ent- 
schlufs gegen wachsenden Widerstand entlang einer augenscheinlich ungastlichen 
Küste seine Unternehmungen fortgesetzt. In dem Augenblick indessen, als’ die 
Aussicht auf eine lohnende Handelsthätigkeit erwiesen war, änderte sich dies 
plötzlich, laut pries man den Prinzen und in scharfem Wettbewerb suchte man 
die Früchte der Entdeckungen zu gewinnen. Selbst Ausländer wurden dadurch 
angezogen. 
Ungefähr 10 Jahre später lebte in Venedig ein vornehmer junger Mann, 
Namens Alvize da Cadamosto, welcher durch einen besonderen Umstand in die 
Dienste des Prinzen trat. Gil Janez, Nuno Tristam, Alvaro Fernandez, 
welche schon vor ihm Glänzendes geleistet hatten, haben wenig mehr wie die 
Erinnerung an ihre Namen und Thaten hinterlassen. Cadamosto indessen 
übermachte uns ein dauerndes Denkmal in der Beschreibung seiner Reisen, 
welche ein höchst werthvolles Licht auf den Charakter und die Methoden des 
Prinzen werfen. 
Im Jahre 1454, erzählt er, als er 22 Jahre alt war und schon Reisen im 
Mittelmeer und bis nach Flandern gemacht hatte, beschlofs er nach letzterem 
Lande zurückzukehren in der Absicht, Reichthümer, Erfahrung und, wenn 
möglich, Ruhm zu erwerben. Die Flotte, mit der er segelte, wurde durch einen 
Sturm an der portugiesischen Küste, nahe bei Kap St. Vincent, zurückgehalten 
zu einer Zeit, als Prinz Heinrich dort in dem Städtchen Riposera lebte, wohin 
er sich, wie Cadamosto erzählt, zurückgezogen hatte, um Ruhe für seine Studien 
zu finden. 
Sobald der Prinz von seiner Ankunft hörte, sandte er seinen Sekretär und 
den venetianischen Konsul an Bord mit Proben von Zucker aus Madeira, von 
Drachenblut und andern Produkten der Länder, welche unter seiner Leitung ent- 
deckt und kolonisirt waren. 
Erstaunliche Geschichten wurden von diesen Ländern erzählt, man be- 
richtete von dem enormen Gewinn — bis zu 1000 % — welcher dort zu holen 
war, und die verlockenden Bedingungen des Prinzen wurden auseinandergesetzt, 
nämlich seine Bereitwilligkeit, ein Schiff mit Ausrüstung, ausgenommen die 
Ladung, zu liefern, der Gewinn solle gleichmäfsig vertheilt werden, ein Verlust, 
wenn solcher vorkäme, würde von ihm allein getragen werden. Hinzugefügt 
wurde, dafs der Prinz besonders erfreut sein würde, einen Venetianer für die 
Fahrt zu gewinnen, da er überzeugt sei, dals Gewürze gefunden werden würden, 
und ferner wisse, daß die Venetianer solche Artikel besser beurtheilen könnten 
wie jede andere Nation — eine überraschende Bemerkung, welche offenbar be- 
weist, dafs des Prinzen Pläne über die afrikanischen Küsten hinaus die Reich- 
thümer des Ostens im Auge hatten. 
Cadamosto liels sich durch diese Eröffnungen gewinnen und beschloß, 
sein Glück in den neuen Ländern zu versuchen. 
Prinz Heinrich war darüber sehr befriedigt und sandte seinen venetia- 
nischen Freund, den er während des Winters gastfrei bei sich aufgenommen hatte, 
im Frühjahr 1455 mit einer neuen, voll ausgerüsteten Karavele in See. 
Es ist hier nicht der Ort, all die interessanten und wunderbaren Dinge, 
welche während der Reise gesehen und sorgfältig beschrieben wurden, wiederzu- 
geben: Weniges muß genügen. 
In Portosanto fand er als Gouverneur Bartholomäus Terestrello, das 
Haupt jener Familie, in welche Columbus später hineinheirathete. Auf dieser 
Insel und in Madeira erfuhr er von einigen jener Schwierigkeiten, mit denen Prinz 
Heinrich bei seinen Kolonisationsversuchen zu kämpfen hatte. Ein Feuer auf 
der letzteren, mit welchem man einen freien Platz im Walde hatte herstellen 
wollen, hatte sich so reißsend ausgedehnt, dal die Ansiedler in die See flüchten 
und dort zwei Tage bis zum Hals im Wasser bleiben mufsten 
In der Bai von Arguin fand er ein vom Prinzen Heinrich zum Schutz 
geiner auserwählten und angestellten Händler erbautes Fort.
	        
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