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Full text: Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie, 22 (1894)

206 Annalen der Hydrographie und Maritimen Meteorologie, Juni 1894. 
Nation zu appelliren, in welcher stets ein gewisser Drang und Verständnifs für 
die Seefahrt nachweisbar gewesen waren. 
Wir können seinen Lebensgang in drei Perioden eintheilen: die erste von 
seiner Geburt 1394 bis zu der Eroberung von Ceuta 1415, welche ihn in direkte 
Berührung mit Afrika und den Fragen nach dessen Gestalt, Gröfse und Be- 
rölkerung brachte. Hier war es, wo er die Karawanen der Sahara kennen lernte 
und die Kaufleute der Guinea-Küste, dieser Zwischenstation nach Indien, welche 
30 lange die Portugiesen in ihren Hoffnungen einer schnellen Erreichbarkeit 
Indiens täuschte. Hier scheint auch zuerst in ihm der Plan entstanden zu sein, 
Afrika zu umschiffen und auf dieser neuen Ocean-Route seine Kriegs-, Handels- 
and Missionsschiffe direkt von Lissabon nach Malabar hinauszusenden, 
Die zweite Periode in seinem Leben, von 1415 bis 1441, enthält die 
Epoche der frühesten und ziemlich erfolglosen Käihnpfe, seine Pläne zu verwirk- 
lichen. Von der Zeit, wo er sich um 1418 zu Sagres, nahe bei Kap St. Vincent, 
niederliels — zurückgezogen vom Hofe und der fashionablen Welt — bis zur 
Ankunft des ersten Goldstaubes in 1441, befand sich der Prinz, ich möchte sagen, 
in der Opposition, in dem Versuche, eine unpopuläre Sache populär zu machen, 
im Kampfe gegen einen mächtigen, giftigen Widerstand. 
Während der dritten und letzten Periode, von 1441 bis 1460 — von der Zeit, 
als des Prinzen Unternehmungen einen materiellen Gewinn zu liefern begannen, 
bis zu seinem Tode — waren Opposition und Verleumdung nahezu verschwunden ; 
der Genius des Führers wurde die Erbschaft seines Volkes; sein Werk, seine 
Mission, seine Hoffnungen wurden von dem leidenschaftlichen Enthusiasmus einer 
Nation aufgenommen, welche ihrem grofsen Zeitalter entgegenging. 
Dem Impuls Heinrichs des Seefahrers haben wir nicht nur die direkten 
Resultate zuzuschreiben, wie z. B. diejenigen des Gil Eannes, welcher zuerst 
das „Finisterre“ West-Afrikas, Kap Bojador, im Jahre 1433 passirte; diejenigen 
von Diniz Diaz, welcher Kap Verde in 1445 umschiffte; von Cadamosto und 
Diego Gomez, deren Entdeckungen entlang der Küste von Sierra Leone und 
Jei den Kap Verdischen Inseln die letzten Lebensjahre des Prinzen erheiterten; 
oder endlich diejenigen der ersten portugiesischen Ansiedler in Madeira, auf den 
Canaren und Azoren, welche noch zu Lebzeiten des Prinzen einen neuen Anfang 
suropäischer Kolonisation ins Werk setzten, nein, auch die indirekten Folgen 
derselben grofsen Bewegung müssen auf dieselbe Quelle zurückgeführt werden. 
Denn die Reisen des Bartholomäus Diaz um das Kap der guten Hoffnung in 
1486 und des De Gama nach Calicut 1497 bis 1499 mit dem als Resultat ihrer 
Bemühungen im Osten entstehenden portugiesischen Reiche — der ersten modernen 
Kolonial-Herrschaft welche zugleich, wie Herr Lecky hervorgehoben hat, einen 
30 wichtigen Wendepunkt in der Geschichte modernen Fortschritts bedeutet — 
waren sicherlich nichts weiter, als die Verwirklichung der Entwürfe und Pläne 
des Prinzen Heinrich. 
Nach der anderen Seite nahm Columbus, wie uns sein Sohn erzählt, zuerst 
den Gedanken der Entdeckungen im fernen Westen in sich auf, als er den 
scheinbar unermellichen Fortschritt portugiesischer Forschung nach dem Süden 
hin wahrnahm. 
Endlich stehen auch die Umschiffung der Erde durch Magelhaens (1520), die 
verschiedenen Kolonial- und Handels-Reiche Spaniens, Hollands, Frankreichs und 
Englands, welche aus den Ruinen der portugiesischen Besitzungen im Osten ent- 
standen, und die vitalen Verbesserungen der geographischen Kenntnifs und Wissen- 
schaft vom 15. Jahrhundert herab bis auf unsere Tage mehr oder weniger in 
klarer Beziehung zu dem Werk jenes 
„Lusitanian Prince, who, heaven-inspired 
To love of useful glory roused mankind, 
And in unbounded commerce mixed the world.“ 
Durch jenen einen Mann wurden die gesammten Fortschritts- und Aus- 
dehnungsbestrebungen unserer modernen europäischen Civilisation in Bewegung 
gesetzt. Wohl hätte das auch ohne ihn geschehen können, geschichtlich nach- 
yewiesen indessen bleibt es, dafs wir ihm diese grofse That zu verdanken haben, 
Wer hätte je Gröfseres vollbracht ?
	        
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