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Full text: Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie, 22 (1894)

196 Annalen der Hydrographie und Maritimen Meteorologie, Mai 1894. 
keine Reibung am Erdboden, sondern nur Ungleichförmigkeiten und Wirbel- 
bildungen innerhalb des grofsen Kreislaufes stattfänden, stets geben —, so müssen 
diese das so entstandene Vacuum ausfüllen, und wir hätten also, auch wenn wir 
uns mit Ferrel eine Atwosphäre ohne Reibung vorstellen, innerhalb der beiden 
Ringe der mit planetarischer Geschwindigkeit der Erdoberfläche von West nach 
Ost voraneilenden Luft, welche die gemäfsigten Zonen einnehmen, zwei Polar- 
kappen mit stagnirender resp. an diesem Kreislauf nicht mehr theilnehmender 
Luft, welche ihren eigenen geringen Temperatur-Differenzen gehorcht. Denn 
wenn die zum grofsen Kreislauf gehörende Luft nicht bis zum Pole gelangt, so 
ist, sofern man keine Reibung und keinen anderweitigen Luftaustausch annimmt, 
keine Kraft vorhanden, welche eine einmal in diesem polaren Gebiet zur relativen 
Ruhe gelangte Luftmasse aus ihm hinaustreibt. 
Der von Ferrel für den Fall der Abwesenheit der Reibung abgeleitete 
Kreislauf der Atmosphäre ist also dem Zustandekommen des wirklichen Zustandes 
— d. h. der Bildung zweier ringförmiger Niederdruckgebiete in der Nähe der 
Polarkreise für die unterste Luftschicht — nicht so ungünstig, wie man wohl 
gewöhnlich glaubt. Für die Zunahme des Drucks von da nach dem Pole hin 
ist aber jedenfalls die Abwesenheit oder Geringfügigkeit offener Wasserflächen 
in jenen hohen Breiten in erster Linie entscheidend, hierin stimme ich mit Prof, 
Daris überein. W. Köppen. 
Notizen, 
1. Ueber den Sturm vom 22. bis 26. März d. J., von dem wir die 
Erfahrungen der deutschen Dampfer „Ems“, „Auguste Victoria“ und „Havel“ 
im vorigen Hefte dieser Annalen (S. 146 bis 148) mitgetheilt haben, giebt das 
Washingtoner hydrographische Amt in seiner „Pilot Chart“ für den Mai d. J. 
eine Wetterkarte des Theils des grofsen Dampferweges zwischen 25° und 60° 
W-Lg für den Mittag des 23., der es folgende Bemerkungen hinzufügt: 
„Die Cyklone vom 23. März 1894 war vielleicht der furchtbarste Sturm 
von grofser Ausdehnung, der auf dem Nordatlantischen Ocean seit mehreren 
Jahren zur Beobachtung gelangt ist. Da seine Bahn nahezu mit der trans- 
atlantischen Dampferroute zusammenfiel, so wurde er von sehr vielen Dampfern 
yefühlt, von denen viele sehr schweres Weiter antrafen. Neben der Wuth des 
Windes hatten die im SO und Süden vom Sturmcentrum stehenden Schiffe am 23, 
Ströme von Regen, und jene im Westen und NW davon heftige Hagel- und Schnee- 
böen durchzumachen, alle aber eine fürchterlich hohe See. Herr Thomas 
J. Dickens, 2. Ofßzier auf dem britischen Dampfer „Massapequa“ berichtet, 
Jaß er während 150 Reisen über den Atlantischen Ocean keinen schwereren 
Sturm als diesen erlebt hat. 
Um Mittag Greenw. Zeit am 22, lag ein Centrum niedrigen Luftdrucks (749 mm), 
welches vom St. Lorenz-Thale ostwärts gewandert war, bei Sable Island mit 
böigem regnerischen Wetter auf seiner Südostseite. Beim weiteren Fortschreiten 
nahm es rasch an Stärke zu und überschritt um Mitternacht den 50. Längengrad; 
um diese Zeit wurden Windstärken 10 bis 11 mit Barometerständen unter 736 mm 
beobachtet. 
Um Mittag am 23. lag das Centrum etwa bei 46° N-Br und 41° W-Lg 
mit einem Barometerstande von etwa 716 mm. Während der folgenden 24 Stunden 
bewegte es sich langsam nordwärts, während das Gebiet heftiger Winde rasch 
an Ausdehnung abnahm. Das Mittel von 43 Schiffen auf dem Raume zwischen 
35° und 50° Länge und nördlich von 40° Breite ergiebt am 23. mittags eine 
Windstärke — 11; 23 Schiffe bezeichneten die gröfste Windstärke mit 12, die 
übrigen mit 10 oder 11; viele berichteten eine Windstärke von 10 oder mehr für 
die ganzen 24 Stunden des 23. März, einige näher dem Centrum stehende sogar 
eine solche von 12 für denselben Zeitraum. Der niedrigste abgelesene Barometer- 
ztand in diesem Sturm war 717,0 mm.
	        
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