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Annalen der Hydrographie und Maritimen Meteorologie, Mai 1894.
Wirbelwinde, Wind- und Wasserhosen bei wenig Wind und ruhiger
Luft. No. 4. 5. 6. 8. 9. — 11. 15. 16. 17. 19. — 20. 22, 23. 25.
26. — 27. 28. 29. 32. 33. — 35.
Die meisten Fälle gehören hierher; die Breite ist niedrig,
14° im Mittel, nur drei Fälle über 30° Breite. Das Haupt-
gebiet ist der aequatoriale Stillengürtel, die Barometeränderung
unmerklich.
Wirbelwinde, Wind- und Wasserhosen bei viel Wind und unruhigem
Wetter. No. 3. 7. 14. 18. 21. — 24. 30. 31. 34.
Die Breite ist hoch, 39° im Mittel; nur ein Fall oben unter
30° Breite. Bei tropischen Orkanen kommen sie vereinzelt
auch in niedrigeren Breiten vor. Die meisten Fälle sind als
Begleiterscheinungen barometrischer Minima aufzufassen, auch
während der Entwickelung der letzteren.
Bei Böen der ersten Art (unter 1) handelt es sich wohl um schnell
aus einiger Höhe herabstürzende Luftmassen, die auch schon vorher nahezu mit
dem Unterwinde zogen. Grofse Temperaturunterschiede, besonders in vertikaler
Richtung, werden solche Böen begünstigen.
Bei Böen der zweiten Art (unter 2) handelt es sich ebenfalls um schnell
herabstürzende Luftmassen, aber diesmal an der Rückseite einer Depression, die
sich sowohl durch das Barometer als auch das Umlaufen des wenn auch leichten
Windes vor der Böe als solche kenntlich macht. Treten im Verhältnifs zur Böe
alle anderen Erscheinungen zurück, z. B. der Barometerfall und der umlaufende
Wind von geringer Stärke, so wird ihr Zusammenhang mit einer barometrischen
Depression kaum erkannt. Je ausgeprägter aber die Depression, je steiler die
Gradienten, je stärker die Winde an mehr als einer Seite der Depression, um
so mehr geht „die Böe“ in einen „Ausschiefser beim Sturm“ über.
In keinem einzigen der obigen Fälle kam die Böe ohne Warnung, auch in
No. 12 nicht. Die wichtigsten Merkmale sind in der Form, Farbe, Geschwindig-
keit, dem Aussehen und den Aenderungen der Wolken zu suchen, wozu auch das
Hellerwerden „der Blink“ bei Ausschießsern zu rechnen ist. Dafs daneben die
anderen Beobachtungen zu berücksichtigen sind, wurde schon bemerkt; ebenso
kommt in Frage die Nachbarschaft des Landes, der Grenze warmer und kalter
Wassermassen, möglicherweise auch die Tageszeit. Dasselbe gilt auch für Stürme
jeder Art; denn Instrumente sind kein Ersatz, nur eine Ergänzung der aufmerk-
samen Beobachtung von Wetter, Wind, Wolken und See.
Wirbelwinde, Wind- und Wasserhosen sind als ein und dieselbe Er-
scheinung aufzufassen,!) denn sichere Unterschiede treten bei ihnen nicht hervor.
Beschädigungen der Schiffe oder der Takelage werden von denjenigen gemeldet,
die in Begleitung barometrischer Minima oder grofser ausgedehnter Luftwirbel
auftreten. Von letzteren unterscheiden sich die hier betrachteten Wirbel nicht
nur durch die Gröfse, soudern noch viel mehr durch die Gröfsenverhältnisse; bei
jenen tritt, wie oben bemerkt, die Höhe ganz gegen den Durchmesser zurück
(1:100), hier dagegen umgekehrt der Durchmesser gegen die Höhe (nach den
niedrigsten Schätzungen 1:10 bis 1: 100). Hält man diesen Unterschied im
Auge, so kann man sehr wohl verstehen, dafs solch kleine schlauchartige Wirbel
entweder selbständig oder innerhalb eines yrofsen scheibenförmigen Wirbels auf-
treten, ja im Anfang und während der Entwickelung der letzteren einen Kern
für dieselben abgeben können, der sich später zu dem windstillen Centrum aus-
bildet. Eine Umbildung des kleinen Schlauches selber zu einer flachen grofsen
Scheibe von vielen Meilen Durchmesser ist dagegen so gut wie ausgeschlossen;
dagegen sprechen einmal die angeführten Thatsachen und zweitens der voll-
ständige Mangel eines Nachweises von Mittelgliedern zwischen Schlauch und
Scheibe in See sowohl wie an Land. Atmosphärische Wirbel mit Durchmessern
zwischen 5 und 50 Sm sind unbekannt.
Zur Vervollständigung der Schilderungen nehmen wir noch zwei Beob-
achtungen aus dem Südatlantischen Ocean hinzu.
) Wenn sie an Bord kommen. sind sie auch von Böen oft gar nicht zu unterscheiden.