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Full text: Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie, 22 (1894)

‚66 Annalen der Hydrographie und Maritimen Meteorologie, Mai 1894. 
Tiefdruck-Gebiet der Küstenregionen angezogen, nach NE um und betreten das 
Land. Im Sommer scheint jene, im Herbst diese Furche stärkeren Einfluß aus- 
zuüben. Möglicherweise spricht hierbei auch der Ursprungsort der Wirbel mit, 
il. h. der Abstand desselben von der Küste, der im Sommer gröfser zu sein 
scheint als im Herbst. 
Einiges zur Entstehung der Cyklonen. Wo See- und Landwinde 
auftreten, wie in Südwest-Japan während des Sommers, bildet sich zur wärmeren 
Tageszeit, der Zeit des Seewindes, über dem Lande eine barometrische Depression 
aus, die in der Nacht wieder verschwindet. Hieraus ergiebt sich, dafs solche 
Aachen halbtägigen Depressionen und ebenso die Seewinde keine grofse Höhe über 
dem Boden erreichen können, ein Schluß, der durch direkte Beobachtungen 
mittelst Ballons bestätigt wird. Dies sind die flüchtigsten von allen in Japan 
bekannten Depressionen. 
Besser entwickelt und andauernder sind manche Depressionen, welche auf 
demselben Gebiet während der Regenzeit im Frühsommer auftreten, Aber ob- 
wohl während der Dauer derselben sehr grofse Regenmengen niedergehen, also 
ain kräftiges Aufsteigen der Luft stattfindet und die Wirkung der Wärme schon 
aine hohe ist, entwickeln sie sich doch nie zu gefährlichen Cyklonen oder Taifunen. 
Die Gradienten werden nie steil, höchstens wird der Wind hier oder da einmal 
etwas böig. 
Alle Vorbedingungen, welche man als günstig für die Entwickelung einer 
Cyklone ansieht, sind vorhanden: gleichmäfsiger Luftdruck, schwache oder mäßige 
Luftbewegung, hohe Wärme und große Feuchtigkeit, starker Regen und starkes 
Aufsteigen der Luft, und doch bildet sich keine Cyklone. Die erste, vielleicht 
die einzige Ursache, warum sich eine solche Depression nicht weiter entwickelt, 
verräth sich in der Art und Weise, wie in ihr der Regen niedergeht im Gegen- 
satz zu einem Taifun. 
Bei dem Uebergang eines aus See kommenden Taifuns über das erwähnte 
Gebiet fällt der Regen einheitlich, während der Depressionen der Regenzeit aber 
aach Zeit und Raum getrennt, oft von regenfreien Pausen mit stechender Sonne 
ınterbrochen. Dort haben wir einen einzigen Strom, hier dagegen eine ganze Menge 
5rtlich und bei der Betrachtung kurzer Zeiteinheiten auch zeitlich von einander 
anabhängiger aufsteigender Ströme. Dass die letzteren nicht zusammenflielsen, 
verursacht das Land, welches mit seiner rauhen, vielfach getheilten Oberfläche 
sine Vereinigung und Entwickelung der gewaltigen Kräfte, wie sie zur Bildung 
aines Taifuns nöthig und in der Anlage auch vorhanden sind, nicht gestattet. 
Jeder der einzelnen aufsteigenden Ströme müht sich vergebens ab, zu einiger 
Bedeutung zu gelangen, jeder hindert die anderen, und da die Luft der unteren 
Schichten bald hier-, bald dorthin gezogen wird, so kommt es nicht zu einer 
stetigen Bewegung derselben nach und um einen bestimmten Kern. 
Ganz anders in See, einige Grade südlicher bei den Liukiu-Inseln, wo 
xeine gröfseren Landmassen die freie Bewegung der Luft hemmen und die son- 
stigen Verhältnisse denen Süd-Japans sehr ähnlich sind. Wenn hier in der 
wärmeren Jahreszeit eine zunächst unbedeutende Depression auftritt, so entwickelt 
zie sich sehr oft zum Taifun. 
Wie dieser Vorgang in den Beobachtungen hervortritt, zeigt am besten 
folgende Reihe von Barometerständen von der Insel Grofs-Liukiu. 
Barometerstäude zu Naha in 26° 13‘ N-Br 127° 4!‘ O-Lg, 1892 Juli, 
6 Uhr morgens. 
Die Endwerthe der Reihe sind Maximalwerthe und gleich. 
1892, Juli. Tag: 15. 16. 17. 18. 19. 20. 21. 22. 23. 24. 25. 26. 27. 28. 
Barometerstand 6a. 700mm + 57,5 56,5 56 55 53,5 51,5 49,5 48 45,5 40,5 49 52,5 56,5 57,5 
Wir haben hier während der Entwickelung der Depression zum Taifun 
einen nahezu gleichmäfsig beschleunigten Barometerfall, der 9 Tage lang anhält, 
bis am 24. Juli nach einem Gesammtfall von 17mm das Minimum mit Sturm 
auftritt. Das Steigen des Barometers hinter dem abmarschirenden Taifun dauerte 
nur vier Tage. 
Die sehr seltenen Fälle, in welchen die Barometerkurve von Nahba im 
Sommer stark, schnell und gleichmäfsig fällt und steigt, deuten hiernach den Vor- 
äbergang eines zugewanderten, nicht in nächster Nähe entstandenen Taifuns an.
	        
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