Stechert: Ein neues Werk über Schiffschronometer.
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d.-Hydr. etc.“, Jahrg. 1889, Seite 107), bei welcher alle Feuchtigkeitsgrade von
260/o bis 93%, zur Anwendung gebracht sind, keine‘ Erwähnung gefunden hat.
Das für die Praxis werthvolle Ergebnifs dieser Untersuchungen war die Er-
kenntniß, daß die rechnerische Berücksichtigung des veränderten Feuchtigkeits-
grades der atmosphärischen Luft für längere Zeit nicht empfehlenswerth ist, dafs
man dagegen bestrebt sein mufs, durch äufsere Schutzvorrichtungen die gang-
ändernden und zerstörenden Wirkungen extremer Feuchtigkeitsgrade auszuschliefen.
Die neuesten in dieser Richtung ausgeführten und noch nicht veröffentlichten
Untersuchungen der Seewarte haben zu dem Ergebnisse geführt, dafs die Auf-
stellung der Chronometer in einem Spind, dessen Feuchtigkeitsgrad im Innern
regulirbar ist, mehr noch als die Anwendung eines luftdichten oder wenigstens
nahezu luftdichten Verschlusses diesem Zwecke entspricht. — Als wichtigste der
noch zu lösenden Aufgaben bezeichnet Herr Caspari die Frage nach der Ein-
wirkung des mit der Zeit veränderlichen Oelzustandes. Wenngleich in jüngster
Zeit in dieser Richtung manche sehr anerkennenswerthen Untersuchungen aus-
geführt worden sind, so haben sich dennoch keine für die Praxis nutzbaren
Resultate daraus ableiten lassen. Das Oel bleibt für uns noch immer „eine
Jaunenhafte Materie“.
In dem Kapitel V,‘„Berechnungs- und Untersuchungsmethoden“, werden
die Prineipien der hauptsächlichsten, theils graphischen, theils rein rechnerischen
Methoden auseinandergesetzt, welche für die Ableitung von Gangformeln aus
mehreren Standbestimmungen in Vorschlag gebracht worden sind; auch ist bei
den strengen Methoden (z. B. bei derjenigen von Villarceau) besprochen worden,
in welcher Weise man zu einer Vereinfachung der rechnerischen Operationen
gelangen kann, ohne den für derartige Rechnungen wünschenswerthen Grad der
Genauigkeit zu beeinträchtigen. — Der Referent möchte an dieser Stelle den
Wunsch aussprechen, dafs bei einer späteren Auflage des Werkes auch die von
Prof. G. D. E. Weyer vorgeschlagene „Methode der Gewichte“ beigefügt werden
möge; es ist dies eine Rechnungsmethode, welche: anzuwenden ist, wenn mehrere
Chronometer zur Verfügung stehen, und bei welcher die Angaben jedes einzelnen
Instruments entsprechend dem Grade der Zuverlässigkeit des betreffenden Chrono-
meters berücksichtigt werden.
Das Schlufskapitel (Kap. VI) enthält noch mehrere werthvolle Rathschläge
des Verfässers in Bezug auf die Verwendung des Chronometers auf See: Herr
Caspari zeigt an zahlreichen aus der Praxis entnommenen Beispielen, dafs die
Anwendung einer Gangformel, in welcher der tägliche Gang nur als eine lineare
Funktion der Temperatur dargestellt wird, vielfach zu stark fehlerhaften
Resultaten bei der Vorausberechnung führen kann; er empfiehlt deshalb noch-
mals, in der Praxis eine Gangformel zu benutzen, welche aufser der als konstant
anzunehmenden Acceleration noch die beiden ersten Potenzen der Temperatur
enthält.
| Die Uebersetzung des Werkes ins Deutsche ist leider in manchen Theilen
nicht sehr geschickt ausgeführt. Der Uebersetzer hat sich vielfach damit
begnügt, den französischen Text wortgetreu zu übertragen, ein Verfahren, welches
gezwungene und in einzelnen Fällen kaum verständliche Satzbildungen hervor-
gerufen hat. Diese Mängel treten besonders in dem mathematischen Theile des
Werkes hervor. — Weshalb der Uebersetzer fast durchweg die Formen „die
Integrale“ (für den Singular) und „die Integralen“ (für den Plural) statt der
allgemein gebräuchlichen Formen „das Integral“ und „die Integrale“. gewählt
hat, wird sich wohl kaum rechtfertigen lassen.
Wenn der Referent durch die obige Inhaltsangabe den Raum wesentlich
überschritten hat, welcher bei derartigen Besprechungen an dieser Stelle üblich
ist, so ist dies aus dem Grunde geschehen, um wenigstens annähernd die Reich-
haltigkeit darlegen zu können, welche das Caspari’sche Werk so vortheilhaft
auszeichnet, und um hierdurch wiederum die Schiffsführer für das Studium des
Werkes zu interessiren. Der Offizier wird nur dann einwandfreie Resultate mit seinem
Instrument erzielen können, wenn ihm der Mechanismus des Chronometers vollkommen
bekannt ist, wenn er es versteht, die Fehler des Instruments nicht allein rechnerisch
zu berücksichtigen, sondern auch im Laufe der Zeit durch eigene Beobachtungen zu
bestimmen. Manche Untersuchungen können freilich nicht an Bord, sondern nur
auf dem Observatorium mit der wünschenswerthen Schärfe durchgeführt werden;