Skip to main content

Full text: Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie, 22 (1894)

96 Annalen der Hydrographie und Maritimen Meteorologie, März 1894. 
Hunderte von alten Buchen hingestreckt. Bemerkenswerth ist es, dafs trotz der 
grofsen Konstanz, welche die Windrichtung während des Sturmes an den Anemo- 
metern der Seewarte zeigte, die Bäume aus allen Theilen der Westhälfte des 
Horizonts gestürzt sind und stellenweise die übereinanderliegenden Stämme ganz 
das Bild bieten, welches uns in Gewitterstürmen so charakteristisch die Drehung 
des Windes vorführt. In sehr vielen Fällen ist freilich die Anordnung eine 
wechselnde und vielfach wohl von ungleicher Bewurzelung u. 8. w. beeinflufst. 
So findet sich im Borsteler Gehölz mehrfach ein Gewirr von Stämmen, die aus 
Richtungen von SW bis NW gestürzt sind, so dafs bald der aus SW, bald der 
aus NW gefallene Stamm zu oberst liegt; aber ein Uebergewicht zu Gunsten der 
Zeitfolge: SW—-W—NW ist doch vorhanden, und stellenweise auch die früher 
von mir erwähnte fächerförmige Anordnung ausgeprägt. Da der Sturm jedoch 
viele Stunden dauerte und schliefslich, freilich mit abnehmender Stärke, nach 
NW und N ausschof, so läfst sich nicht angeben, ob diese angedeutete Drehung 
in den einzelnen Stöfßsen erfolgte, oder die oben liegenden Bäume viel später 
gestürzt sind, als die darunter liegenden, und die Untersuchung an Ort und Stelle 
kann hier nicht entfernt so instruktive Auskünfte geben, wie bei den in wenigen 
Minuten ihr Zerstörungswerk vollendenden Gewitterstürmen. 
In der Umgegend Hamburgs sind die meisten Verwüstungen am 12, Februar 
mittags zwischen 11 und 3 Uhr erfolgt. 
Im Ganzen wird die Menge des geworfenen Holzes in den preufsischen 
Staatsforsten auf über 700 000 Festmeter geschätzt. 
Ueber das Auftreten dieser Stürme auf dem Brocken verdanken wir Herrn 
Dr. Süring, welcher im Auftrage des Kgl. Preufsischen Meteorologischen Instituts 
drei Monate auf dem Brocken zugebracht hat, folgende briefliche Mittheilung. 
„Auf dem Brocken waren die Tage vom 6. bis 12. Februar durchweg 
Sturmtage, d.h. es wurde an ihnen Windstärke 8 der 12 theiligen Skala erreicht, 
Der Sturm setzte am 6. sehr plötzlich ein, indem um 7° a noch Süd O0, dagegen 
um 9* p schon WSW 11 beobachtet wurde, und wurde nur durch eine verhältnifs- 
mäßig ruhige Periode von etwa 10m in der Sekunde Windgeschwindigkeit 
am Mittage des 8. unterbrochen. Geschwindigkeiten von 30 m in der Sekunde 
wurden am 7., 9., 1l. und 12. Februar gemessen, und zwar mitfelst eines 
Fuess’schen Reise-Anemometers. Die einzelnen Windstöfße dürften diesen Werth 
weit überschritten haben. Durch zerstörende Wirkungen zeichneten sich in der 
weiteren Umgebung des Brockens namentlich der 7. und 12.Februar aus; an beiden 
Tagen, insbesondere aber an letzterem, scheint der Wind am Brocken bei Weitem 
nicht in dem Mafe mit der Höhe zugenommen zu haben, wie dies durchschnittlich 
der Fall ist. Es sprechen für diese Annahme namentlich die Waldschäden, 
Unterhalb von etwa 600 m Seehöhe war die Zahl der umgestürzten Bäume un- 
gewöhnlich grofs, weiter oberhalb waren Beschädigungen nur ganz vereinzelt 
vorgekommen. Es wurde mir von erfahrenen Forstleuten bestätigt, dafs diese 
Erscheinung in solchem Grade auffallend und ungewöhnlich ist. So weit dies 
nach gelegentlichen Messungen und Beobachtungen sich beurtheilen lälfst, scheint 
auf dem Brocken der Sturm vom 26. Januar, welcher an den Küsten nur ver- 
einzelt gespürt wurde, nur unwesentlich schwächer gewesen zu sein. als die vom 
7. und 12. Februar.“ 
Eine Erklärung für dieses verschiedene Verhalten der beiden Stürme ver- 
mögen wir nicht zu geben. Nach der Temperaturvertheilung hätte man eher 
das Gegentheil erwarten können, da am 12. Februar die höhere Temperatur auf 
Seiten des höheren Druckes, am 26. Januar auf Seiten des niedrigen Druckes 
lag; in beiden Fällen waren übrigens die 'Temperatur-Unterschiede in Deutschland 
gering. Noch überraschender wird die Beobachtung auf dem Brocken dadurch, 
dafs am Vormittag des 12. Februar auf dem meteorologischen Observatorium in 
Potsdam, wie uns Prof. Sprung mittheilt, zu einer Zeit, als der Wind nur erst 
16 m in der Sekunde hatte, am Schatten einzelner niedrig ziehender Wolken 
deren Geschwindigkeit zu rund 40m in der Sekunde bestimmt werden konnte; 
ihre Höhe ergab sich dabei zu etwa 1100 m, also sehr nahe jener der Brocken- 
kuppe gleich. 
Der Sturm am Sonnabend und der darauf folgenden Nacht, der in Hamburg nur 
mäfsig war und nur durch die Schneeböe um 7° 20” p hervortrat (vgl. diese Annalen 
S. 73), hat nicht nur in Ratzeburg (vgl. S. 74) Verwüstungen hinterlassen, 8SOn-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.