Ein reicher Walfischfang im nördlichen Eismeer.
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Mackenzie wurde gut verbracht. Dieser mächtige Strom wurde vor etwa hundert
Jahren von Mackenzie entdeckt, in seinem unteren Lauf 1826 durch Franklin
und Richardson erforscht, 22 Jahre später noch einmal durch Letzteren und
Dr. Rae befahren. Mackenzie traf, als er die Mündung — im Hochsommer —
erreichte, vor derselben grofse Schaaren mächtiger Wale. Die Eingeborenen,
welche die „Mary D. Hume“ in der Nähe der Mündung des Mackenzie traf, waren
freundlich, und manche von ihnen hielten sich längere Zeit an Bord des „Hume“
auf. Es waren kupferfarbene Leute, einige jedoch waren fast ganz weils. Einzelne
Frauenzimmer sollen ganz artig ausgesehen haben. Im Ganzen war der Menschen-
schlag kräftig mit runden dicken Gesichtern und kleinen, scharf blickenden Augen.
Die Rückfahrt des „Hume“ nach so langem Aufenthalt im Eismeer ging
ohne Unfälle von statten, doch litten die Leute bei der Ankunft in San Fran-
eisco an Skorbut. Besonders stark damit, im Gesicht und an den Beinen, be-
haftet war der 19jährige Kajütenjunge Lapierre, er mufste in das Marinehospital
aufgenommen werden. Seine Mittheilungen, dals genug Konserven der verschie-
densten Art, auch Citronensaft, an Bord des „Hume‘“ gewesen seien, der Kapitän
jedoch davon für die Leute „vor dem Mast“ (foremast hands) nur ausnahmsweise
etwas herausgethan habe, spricht nicht gerade für die Humanität des Kapitäns;
in -der Regel hätten die Leute vor dem Mast als Nahrung gefrorenes Fischfleisch,
wovon genug vorhanden war, Mehl und Brod gehabt.
Den jetzigen Winter, 1892/98, bringen noch vier Walfangschiffe an der
Mündung des Mackenzie zu.
Eines ist besonders bemerkenswerth: aus Mangel an Tonnen und auch
wohl an den erforderlichen Arbeitskräften hat der Dampfer „Hume‘ aufßser den
Barten nur wenige Tonnen Thran mitgebracht; der so werthvolle, sonst gleich
an Bord zu Thran ausgebrannte Speck der getödteten Wale ist verloren gegangen.
Man schätzt den auf diese Weise verlorenen Thranertrag auf 5000 Barrels. Der
Gesammtfang der ganzen Flotte bis zum Herbst d. J. wird auf 55 Wale geschätzt.
Der große Erfolg des „Hume‘“ wird sicher zu einer Vermehrung der ame-
rikanischen Walfängerflotte führen, und es ist aller Grund vorhanden, zu fürchten,
daß bei dem rücksichtslosen Ausbeutungssystem die neu aufgefundenen Fisch-
gründe bald erschöpft sein werden.
Der Walfang im Stillen Ocean und nördlich der Berings-Strafse
während der sechziger Jahre dieses Jahrhunderts.
Von Kapt. FR. HEGEMANN, Assistent der Seewarte.
In den vierziger und im Anfang der fünfziger Jahre war der Hauptfang
von Walen im Stillen Ocean derjenige des sogenannten Right Whale, an der
Küste von Neuseeland, bei den Japanischen Inseln und an der Küste von Kadiak
(Alaska). In bedeutend geringerem Umfange wurde der Fang des Pottwales, der
vorzugsweise in den tropischen Gewässern lebt, gelegentlich aber auch gemäfsigte
und selbst kalte Gegenden aufsucht, betrieben. Die meisten Schiffe blieben so
lange von Hause entfernt, bis sie eine volle Ladung 'Thran und Fischbein
erbeutet hatten, was in der Regel drei bis vier Jahre beanspruchte. Sie wurden
in ihrem Heimathshafen für die ganze Zeit mit dem nöthigen Dauerproviant und
den erforderlichen Fanggeräthen ausgerüstet. Nothwendig werdende Ergänzungen
beschaffte man vorzugsweise in Hobarttown (Tasmanien) und Honolulu. KEr-
frischungen boten fast alle Inseln der Südsee in der einen oder anderen Weise,
besonders Neuseeland, die Gesellschafts- und Bonin-Inseln. Ein sehr beliebter
Hafen war auch Talcahuano an der Concepcion-Bai im südlichen Chile.
Ende der vierziger und Anfang der fünfziger Jahre, besonders aber gegen
das Ende der Letzteren trat, erst ganz allmählich, später rascher, an die Stelle des
Right Whale-Fanges derjenige des Bowheads oder Polarwals im Ochotskischen,
Berings- und Polarmeere nördlich der Berings-Strafßse und in der Letzteren, In
Ann. d. Hydr. etc,, 1893. Heft II