Ann. d. Hydr. ete., XXI. Jahrg. (1893), Heft IL,
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Treibeis in südlichen Breiten.
Von L. E. DINKLAGE, Abtheilungs-Vorsteher der Seewarte.
Die grofse Histrift im Südatlantischen Ocean, über welche im Juli- und
im Augustheft des vorigen Jahrgangs dieser Annalen berichtet wurde und die
nach vorhergehendem Auftreten einzelner Eisberge im November und Dezember
1891, sich zuerst anfangs April vorigen Jahres in voller Mächtigkeit auf der
Route der rund Kap Horn kommenden Segelschiffe zeigte, hat bis in die letzte
Zeit, soweit die eingegangenen Nachrichten reichen, d.h. bis Ende Oktober,
fortgedauert, ohne dals während dieser langen Frist von sieben Monaten die ko-
lossale Massenhaftigkeit des Eises erheblich nachgelassen hätte.
Seinen Ort hat das Eis im Laufe der Zeit nur wenig verändert. Im All-
gemeinen ist es nordostwärts getrieben; doch hat es unter dem Einflufs der
wechselnden Winde und Strömungen zuweilen auch zurückkehrende Bewegungen
gemacht und ist, wie es scheint, besonders in den letzteren Monaten wieder etwas
mehr nach Süden zurückgewichen. Die Hauptmasse des Eises befand sich im
April in ungefähr 45° S-Br und 35° W-Lg, im Mai in 43,5° S-Br und 34° W-Lg, im
Juni in 43° S-Br und 34° W-Lg, im Juli in 41,5° S-Br und 32° W-Lg, im August
in 41° S-Br und 32° W-Lg, im September in 42° S-Br und 32° W-Lg, im Oktober in
48° S-Br und 31° W-Lg. Inzwischen hat sich jedoch die Trift, die anfänglich eine
kompakte, in Winkel- oder Hufeisenform gestellte Eismauer bildete, deren Scheitel
erst nach NO, später mehr nach Ost gerichtet war und deren Schenkel eine
Länge von über 70 Sm hatten, mehr und mehr ausgebreitet, sowohl nach Norden,
als besonders auch nach NO, wo sie vielleicht auch durch aufserhalb der Schiffs-
route von Süden her heraufgekommenes Eis vermehrt worden ist. Schon in der
ersten Hälfte des August wurde auf dem ostwärts nach dem Indischen Ocean füh-
renden Schiffswege ein vereinzelter Berg in 40° S-Br und 18° W-Lg angetroffen.
Anfang September gerieth das Schiff „Flotow“ auf der Reise vom La Plata-Strom
nach Sydney in eine dicht gedrängte Treibeismasse, welche sich bis nach 22° W-Lg
and 41° S-Br erstreckte, und noch in 14° W-Lg und 43° S-Br wurden mehrere
Berge passirt. Die nördlichsten Positionen, bis zu welchen den eingegangenen
Berichten zufolge das Eis vertrieb, waren 38° S Br in 36° W-Lg (am 15. Septem-
ber), 37,6° S-Br in 31,5° W-Lg (am 7. August) und 37° S-Br in 27° W-Lg (am
8, August beobachtet). Ueber die gewöhnliche Nordgrenze der Verbreitung geht
dies um mehrere Grade hinaus. Eine außergewöhnlich weite Vertreibung nach
Westen hin kam dagegen nicht vor. Die nordwestliche Grenze, jenseits welcher
kein Eis dieser Trift angetroffen wurde, verläuft von 52° S-Br in 46° W-Lg über
50° S-Br in 44° W-Lg, 46° S-Br in 38,5° W-Lg, 43° S-Br in 39° W-Lg, 42° S-Br
in 38° W-Lg und 40° 8-Br in 36° W-Lg nach 38° S-Br in 35,5° W-Lg. Die von
der. Seewarte für die Segelfahrt von Kap Horn empfohlene Mittelroute, welche
50° S-Br in 50° W-Lg, 45° S-Br in 42,2° W-Lg, 40° S-Br in 36,2° W-Lg und
35° S-Br in 31,2° W-Lg schneidet,!) blieb demnach bis auf eine kurze, durch den
Nordwestrand führende Strecke außerhalb des Eisgebiets, und dem ist es wohl
zuzuschreiben, dafs die mit dem Institut in Verbindung stehenden Schiffe, deren
Führer den Anweisungen der Seewarte nach Möglichkeit folgen, mit dem KEise
nur verhältnifsmäfsig wenig in Berührung kamen‘).
Trotz seiner weiteren Ausbreitung trieb das Eis auch in den letzten Mo-
naten noch sehr gedrängt. Das Schiff „Aeolus‘“, von Puntarenas nach dem Kanal,
zsegelte anfangs Öktober auf einer Strecke von 300 Sm, von 43,6° S-Br und
‘) Siehe Segelhandbuch für den Atlantischen Ocean, Seite 524 ff,
?) Unter den 36 Schiffen, welche, rund Kap Horn kommend, die Breiten der Eisregion in
den fraglichen Monaten durchsegelten und der Seewarte ein meteorologisches Journal einlieferten,
sind nur 10, die wirklich Eis sichteten.