Die Orkane auf dem Nordatlantischen Ocean vom 20. bis 29, August 1893. 495
in der Nähe des Centrums um diese Zeit, und alle hatten furchtbar zu: leiden.
Der Wind wehte mit Orkangewalt, der Regen fiel in Strömen unter Donner und
Blitz, und eine schreckliche See lief, Das Barometer stand auf 719 mm.‘ In
diesen Orkan ist auch der deutsche Dampfer „Donau“ hineingerathen, doch
stimmen seine Zeit- bezw. Ortsangaben nicht mit jenen der amerikanischen
Karte überein. Nach dem abgekürzten Tagebuch, welches dieser Dampfer für
die Seewarte führt, hat derselbe in 32,2° N-Br, 75,2° W-Lg schon am 19. abends
den Orkan mit Ostwind erhalten und ist er am Morgen des 20. in 33,5° N-Br,
74,2° W-Lg mit Nordwestwind von ihm freigekommen. Von 7* bis 10'/2* abends
herrschte voller Orkan aus Nord mit heftigem Regen, darauf holte der Wind ab-
nehmend nach NW, und es trat Aufklaren ein. Am 21. nahm die Donau in etwa
36,3° N-Br, 70,5° W-Lg die Mannschaft eines entmasteten Schiffes auf.
Am 21. August wanderte der Sturmwirbel der Küste entlang mit zunehmen-
der Geschwindigkeit in der Richtung nach NNO. „Zahlreiche Schiffe hatten
an diesem Tage die volle Wuth desselben zu ertragen, und bis zu einer Ent-
fernung von 120 Sm vom Centrum melden sie fast ausnahmslos Windstärken
von 11 bis 12 Beaufort.‘“ Am 22. schritt das Centrum über Neuschottland und
Neufundland weg.
Das deutsche Vollschiff „August“, welches am 20. St. Johns, N. B., ver-
lassen hatte, gerieth am Nachmittage des 21. im Ausgange der Fundy-Bai in diesen
Orkan. Derselbe setzte plötzlich mit Oststurm ein und erreichte seine gröfste Stärke,
mit strömendem Regen, um 6'/2* p. Das Barometer fiel sehr rasch. Um 7p
trat Windstille ein und erreichte das Barometer seinen tiefsten Stand mit (19 mm.
Eine Viertelstunde später setzte der Sturm mit voller Orkanstärke aus NW
wieder ein; um 10° p legte er sich, und am nächsten Morgen wehte nur noch
eine mäfsige Briese. Bei dem geringen Seeraum war die Lage des Schiffes eine
sehr gefährliche. .
Am 16. August gerieth ferner die britische Bark „Ancyra“ in 14° N-Br,
42° W-Lg in einen sehr heftigen Wirbelsturm. Während des Nachmittags dieses
Tages und am Morgen des 17. drehte der Wind von ENE durch SE (Stärke 12)
und Süd nach SW. In der Nacht gab es orkanmäfsige Regenböen; um Mitter-
nacht flaute der Wind fast bis zur Windstille ab, aber um 2*a kam er wieder
von Süd auf und wehte darauf mit Stärke 11. Diese Cyklone ging nördlich. von
den Westindischen Inseln vorbei, wo ihre Nähe sich nur durch die Aenderungen
des Windes und des Barometers bemerklich machte. Sie überschritt den 60. Me-
ridian in der Nähe von 21° N-Br in der Nacht zum 20. August, und ihr Centrum
lag um Greenwich am Mittag dieses Tages bei 23° N-Br, 64° W-Lg.!) Der britische
Dampfer „Carib Prince“ war um diese Zeit wenig südlich vom Centrum mit
Wind West 12 und 726mm, Luft dick von Regen und Gischt; Oel wurde angewendet
von den Backbord-Closets und Oelsäcke über Bord gehängt, welche eine merk-
bare Wirkung hatten, indem sie das Aufdeckschlagen der Seen verhinderten.
Es soll dabei durchweg Ricinusöl angewendet worden sein — ein theures
und unvollkommenes Hülfsmittel, weil dieses Oel weit geringere Ausbreitung
zeigt, nicht nur als Fischthran und Terpentinöl, sondern auch als Rüböl und
Leinöhl.
Am 23. wandte sich das Wirbelcentrum nach NNW, und um Greenw.
Mittag an diesem Tage lag es etwa 200 Sm SO von Hatteras; auf dem Kärtchen
vom 24. auf der folgenden Seite ist seine Bahn in diesen Tagen aufgezeichnet. Am
Morgen des 24. schritt es über New York hinweg, in dessen Umgebung die Schiffahrt
schweren Schaden erlitt und viele Menschenleben verloren gingen. Nach dem
Betreten des Landes verlor der Sturm rasch seine Stärke, und am 25, verschwand
er an der Mündung des St. Lorenz-Stromes. Das Gebiet hohen Luftdrucks süd-
östlich von Neuschottland ist schon ‚auf der Karte vom 23. August erkennbar,
und in seiner Anwesenheit dürfte die Ursache für das so aufsergewöhnlich
nördliche Umbiegen dieser Cyklonenbahn legen. .
Bei derselben Morgenbeobachtung des 24., als das eben besprochene
Wirbelcentrum über New York lag, zeigt uns die Karte ein zweites, noch inten-
siveres, nördlich von Antigua, Nach der „Pilot Chart“ vom Oktober soll dasselbe
schon am 18. nicht weit westlich von den Kapverden erkennbar gewesen sein;
iy Hiernach ist die Angabe auf dem Kärtchen S. 499 zu berichtigen.