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Full text: Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie, 21 (1893)

492 Annalen der Hydrographie und Maritimen Meteorologie, Dezember 1898, 
Zeit, aber aus entgegengesetzter Richtung, so dafs das Wirbelcentrum zwischen 
„Leipzig“ und „Paposo“ hindurchgegangen sein mufs und ganz offenbar seinen 
Weg zwischen dem Südwestmonsun und dem Nordostpassat verfolgt hat. Seit 
dem Ueberschreiten der Linie am 15. hatte „Paposo“ schwache südliche oder 
südwestliche Winde gehabt; darüber zog das obere Gewölk am 18. vor- und 
nachmittags aus NNW, am 19. aus NNE bis NE, bei hochstehendem Barometer. 
Noch um 8"a am 20. zeigte dieses 762,5 mm; von da ab fiel es jedoch, bis es 
um 6"a am 21. seinen tiefsten Stand mit 754,7 mm erreichte, als „Paposo“ in 
12,6° N-Br und 27,4° W-Lg sich befand. Ueber den Verlauf des Wetters macht 
Kapt. J. Neumann ausführliche Angaben,. denen wir Folgendes entnehmen. Am 
20. um 81a West 3, böig und schaurige Luft, Cirrusgewölk zieht aus NNW, 
eine nördliche See kommt auf. Um Mittag nehmen die Böen und die nördliche 
See zu; Cirri ziehen aus NNE. Nachmittags heftige rasch nacheinander folgende 
Böen aus NW bis WNW mit schwerem Regen; See wird sehr unruhig. Abends 
holt der Wind nach NW und nimmt rasch zu, Böen in Stärke 8 mit starkem 
Regen, die Luft erhält ein schlechtes Aussehen, Barometer nach 4*p nicht 
gestiegen. Drohende Luft kommt von NNE auf (die Wolkenscheibe des Orkans!), 
Wind nach 10*p wieder aufraumend, Böen nehmen an Stärke zu; Reff im Mars- 
segel, Besan u. s. w. fest. Von Mitternacht bis 8a voller Sturm, von West 
aufraumend nach WSW, wilde durcheinanderlaufende See, orkanartige Böen mit 
wolkenbruchartigem Regen. Von 10"a nimmt der Sturm allmählich ab und holt 
nach SW und SSW. Am 22. wieder schwacher südlicher Wind mit hohem 
Barometerstand, am 283, (in 17° N-Br und 28° W-Lg) Stille. 
Ueber die weiteren Schicksale dieses Wirbels können nur Muthmafsungen 
gemacht werden, da aus dem Raume westlich von 30° W-Lg in diesen Breiten 
der Seewarte leider keine Beobachtungen aus den nächsten Tagen vorliegen. 
Es bleibt leider unsicher, ob man diesen Wirbelsturm mit demjenigen identificiren 
soll, der am 23, August östlich von Westindien auftauchte, oder mit dem, 
welcher am 28. August auf den Azoren wüthete. KErstere Annahme würde 
bedingen, dafs das Centrum in 80 Stunden von 27° nach 62° W-Lg 
gelangt sei, oder in 3'/s Tag 35 Längengrade resp. ungefähr 2100 Sm zurück- 
gelegt habe, per Tag also 630 Sm, was für einen tropischen Orkan ungewöhn- 
lich viel ist. Die zweite Annahme wiederum, dafs der Wirbelsturm von den 
Kapverden nach den Azoren gewandert sei, kann sich auf keinen Präcedenzfall 
stützen, wird aber anscheinend bekräftigt durch die Nachricht, dafs am 25. die 
französische Bark „Suzanne Boulet“ in 21° N-Br, 42° W-Lg ihre Masten in 
einem Orkan verloren habe. Um diese Nachricht mit der Annahme in Einklang 
zu bringen, dafs der Orkan von den Kapverden nach Westindien gegangen sei, 
müfßste man einen Fehler im Datum um 2 Tage annehmen. Dasselbe Schiff ist, 
unter Nothmasten nach Martinique segelnd, am 3, September auf 10° N-Br und 
50° W-Lg gesehen worden; am 16. September kam es in Martinique an. 
In dem „Bulletin international du bureau central me6teorologique de France“ 
vom 30. August d. J. finden sich in der Depesche von Washington allerdings 
zwei merkwürdige Nachrichten vom 22. und 23. August, welche man nicht auf 
den um diese Zeit SW von den Bermuden liegenden Wirbelsturm beziehen kann: 
Le 22. — 738 (mm) — Tempete de S ä SO par 49° N-Br, 48° W-Lg 
23. — 732 („) id. SO fort „26° N-Br, 48° W-Lg“ 
Allein diese Angaben lassen sich mit dem übrigen vorliegenden Material, 
insbesondere auch mit den Veröffentlichungen des Washingtoner Instituts selbst, 
kaum in Einklang bringen und machen eine Verstümmelung der Depesche wahr- 
scheinlich. Aus 26° N-Br und 48° W-Lg kann auch nach 6 Tagen keine Nachricht 
in Washington vorgelegen haben, da keine amerikanischen Dampferlinien diese 
Gegend passiren; es sei denn, dafs ein von Europa nach Westindien bestimmter 
Dampfer von seinem ersten Hafen aus telegraphisch die Mittheilung gemacht 
habe. Zudem ist, da an diesem Tage ein mächtiges Wirbelcentrum 6° südlich 
von da lag, ein Südweststurm an dieser Stelle kaum anzunehmen. Entweder 
das Datum oder der Ort dürften falsch sein. Ohne nähere Anführung der Um- 
stände oder Kontrole durch benachbarte Beobachtungen sind eben solch isolirte 
Nachrichten ein zu unsicheres Material, um verwendbar zu sein, und wenn ein- 
mal der Wunsch der Meteorologen, Telegramme von den Azoren und Island zu
	        
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