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Full text: Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie, 21 (1893)

Kleine Notizen, 
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Kleine Notizen. 
4. Ueber Fernando Noronha') veröffentlichte kürzlich Herr Dr, H. 
v. Jhering in Rio Grande do Sul einen Aufsatz im „Globus“ (No. 15). 
Da die Insel der brasilianischen Regierung zur Deportation von Verbrechern 
dient, so dürfen Schiffe dort nicht anlegen, auch dürfen Boote nicht dort sich 
befinden, um den Sträflingen Fluchtversuche unmöglich zu machen, So kam es, 
dafs sowohl die „Novara“, als auch die „Challenger“-Expedition die geplante Unter- 
zuchung der Insel nicht ausführen durften. Vom 14. August bis 24. September 1887 
hat H. N. Ridley im Auftrage der „Londoner Royal Society“ auf der Insel 
verweilt und geologische, botanische und zoologische Sammlungen gemacht. 
Die Hauptinsel der Gruppe ist 5 engl. Meilen lang und an der breitesten 
Stelle 2 engl. Meilen breit. Die nordöstlich davon gelegene Ilha Rata ist etwa 
i engl. Meile lang. Zwischen ihnen liegen, durch schmale Meeresarme getrennt, 
vier kleine Inseln. 
Auf der Hauptinsel leben Ratten (die alte europäische Ratte, Mus rattus) 
in ungeheurer Menge; auf den übrigen Inseln (auch auf Ilha Rata) fehlen sie. Da 
Raubthiere und Raubvögel fehlen und auch die eingeführten Hunde und Katzen „sich 
nach kurzer Zeit an die rings umher raschelnden Ratten gewöhnen, so dafs sie die- 
selben keines Blickes mehr würdigen“, so hilft man sich, indem man einmal im 
Monat, in der trockenen Zeit sogar alle Wochen, die Sträflinge einen Rattentag 
abhalten läfst, wobei bis zu 20000 an einem Tage getötet werden. Als um 
etwa 1630 die Holländer bei ihrer Besetzung des nördlichen Brasiliens auch Fer- 
nando Noronha besiedelt hatten, mufsten sie die Insel bald wieder verlassen 
der Ratten wegen, welche alle Feldfrüchte vertilgten. 
Das Klima der Insel ist ein ziemlich trockenes, es wird sogar berichtet, 
dafs es einmal zwei Jahre lang zu keinem Regen gekommen sei; offenbar sind 
dabei die schwachen Passatschauer, welche in dem umgebenden Meere so häufig 
sind, nicht gerechnet. Im Winter, namentlich also wohl Juni und Juli, regnet 
es öfter, die Sommermonate von September an sind die trockene Jahreszeit. 
Die meisten Pfützen und Bäche trocknen dann aus, und gutes Wasser wird 
selten. Die krautartigen Gewächse der centralen Partien der Insel verwelken, 
man legt dann Feuer an, welches den Boden säubert. Im Frühling, im Sep- 
tember, beginnt die Brütezeit der Vögel; nur die Seevögel brüten schon etwas 
früher. Als Ridley im August ankam, hatte die Regenzeit ihr Ende gefunden, 
und die Kräuter standen in Blüthe. Im September begannen diese schon zu 
welken, worauf die Blüthezeit der Sträucher und Bäume begann. 
Palmen giebt es in der einheimischen Flora nicht. KEinige sind ange- 
pflanzt, so auch einige Kokospalmen. Grofs ist die Zahl der absichtlich oder 
zufällig eingeschleppten Pflanzen; auf den kleinen Inseln, die nie bewohnt waren, 
fehlen diese Gewächse.. Die Hauptinsel hat in ihren verschiedenen Regionen 
je nach der Bodenbeschaffenheit abweichende Vegetationsformen. Im Osten 
finden sich Sandhügel, im Centrum fruchtbarer, rother, aus der Verwitterung 
des Basalts entstandener Lehmboden, das Westende trägt dichten Wald. Es 
finden sich aber nur wenige stärkere Stämme, theils weil immerfort Holz zur 
Feuerung geholt wird, theils weil absichtlich alle stärkeren Stämme, die etwa 
den Sträflingen zur Herstellung von Flössen dienen könnten, umgehauen werden. 
Bei dieser verschiedenen Vertheilung der Gewächse kann man sich nicht wundern, 
dafs die offenbar relativ spät von der Hauptinsel abgetrennte Ilha Rata einige 
ihr eigenthümliche, auf der Hauptinsel fehlende Pflanzenarten besitzt, Würde 
jetzt die Hauptinsel in mehrere Stücke getrennt, so würde jedes von diesen eine 
Anzahl ihm eigener Arten aufzuweisen haben. 
‘) Herr v. Jhering schreibt „Fernando de Noronha“. In der That steht auf älteren Karten 
der Name immer mit de oder do, zuweilen sogar J. de Fernando de Noronha, in den ältesten dabei 
gewöhnlich mit L statt N (Lorono, Loronno Loronö), so in allen Karten der soeben erschienenen 
Festschrift des Berliner Vereins für Erdkunde zur Erdentdeckung von Amerika und noch in Abr., 
Drtelius Theatrum Orbis terrarum (Antwerpen 1584). Die Weglassung des de ist eine Neuerung, 
die aber allgemein durchgedrungen und zweckmäßig ist,
	        
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