398
Annalen der Hydrographie und Maritimen Meteorologie, Oktober 1893,
Wenn man voraussichtlich seinen Ankerplatz mit der vorhandenen Briese
nicht vor 6 Uhr abends erreichen kann, so sollte man bei Zeiten gut südlich
von demselben beidrehen und sich so nahe am Lande halten, als dieses die
Sicherheit des Schiffes erlaubt, denn hier ist die Strömung am schwächsten, und
während der Nacht kommt oftmals ein leichter Landwind durch, mit dem man
südwärts liegen kann. Die Lootsen kommen in den beiden erstgenannten
Plätzen gewöhnlich früh genug ab; sollte dieses ausnahmsweise nicht der Fall
zein, so ankere man in lquique, wenn mit Ladung einkommend, nahe bei den
Schiffen, wenn in Ballast, in der Nähe einer grofsen Boje auf einer Wassertiefe
von 165 m (9 Fad.). Hier bleibt man so lange liegen, bis die Reihe an Kinen
herankommt, nach dem Liegeplatz der ladenden Schiffe zu holen. Mittlerweile
wirft man von seinem Ballast so viel über Bord, als mit Rücksicht auf die Steif-
heit des Schiffes zulässig ist. In Pisagua ankert man, einerlei ob mit Ladung
oder in Ballast einkommend, in einem angemessenen Abstande hinter der letzten
Reihe Schiffe, wo es am passendsten erscheint. Vorher trage man Sorge, dafs
genügend Kette für eine Wassertiefe von 55 bis 64m (30 bis 35 Fad.) über-
holt wird.
In Pisagua wie überhaupt in allen Plätzen der Westküste gehen infolge
der Selbstentschäkelung der Ankerketten durch die Reibung auf dem felsigen
Boden viele Anker und Ketten verloren. Um dieses möglichst zu verhindern,
sollte man auf der Reise hierher sämmtliche Schäkel nachsehen lassen, die
eisernen Pflöcke durch hölzerne ersetzen und durch Letztere einen langen starken
Drahtnagel treiben, der dann an beiden Enden umgebogen wird. Die hiesigen
Küstenfahrer bringen dieses Verfahren stets in Anwendung.
Schiffe, welche zunächst in Valparaiso einlaufen, sollten hier ihren Bedarf
an Trinkwasser, Kartoffeln und Grünwaaren decken, denn diese Lebensmittel
sind in den nördlichen Häfen sehr theuer und Ersteres noch dazu schlecht. In
Pisagua kosten 50 kg Mehl 6,50 Doll., Bohnen 7,00 Doll. und Erbsen 14,00 Doll.
Der Preis für !/» kg Kaffee beträgt 60 Cents, Salzfleisch ist kaum zu haben, frisches
Fleisch kostet 23 Cents l2 kg, und für das Trinkwasser sind 4 Cents per Gallone
zu zahlen.
Die Anlegeplätze der Boote sind meistens äußerst schlecht, und das Landen
kann, wenn Brandung vorhanden ist, gefährlich werden, weshalb man alsdann
grofse Vorsicht beachten mul. Zu verwundern ist, daß die Regierung nicht
mehr für diese Häfen thut. Es wäre sehr erwünscht, wenn hierin bald Wandel
geschaffen würde, Auch vermissen die Deutschen ein eigenes Konsulat in Pisagua,
denn wenn einmal etwas vorkommt, wobei man die Hülfe seines Konsuls in
Anspruch nehmen muf, hat man sich an den in Iquique zu wenden, was immer-
hin äußfserst umständlich und zeitraubend ist.
Taiohae auf der Insel Nuka-Hiva (Marquesas-Gruppe).
Von Kapt. E. SCHOONE, Brigg „J. H. Lübken“,
Der Hafen von Taiohae (Anna Maria-Bai) ist eine schöne, aber offene Bai
an der Südküste von Nuka-Hiva, der gröfsten Insel der Marquesas-Gruppe. Es
findet hier, aufser durch die Postschiffe, welche regelmälsig jeden Monat auf ihren
Reisen von San Francisco nach Tahiti einlaufen, nur ein geringer Verkehr statt,
und zwar durch einige kleine Schoner und gelegentlich ein größeres Segelschiff,
welches für die deutsche Gesellschaft „Societe commercielle de l’OcEanie“ eine
Ladung Kopra oder Baumwolle einnimmt. Es sind dies die beiden Hauptausfuhr-
artikel für Europa, während nach China Fungos (Schwämme) zur Verladung
gelangen. Aufserdem wird, ebenso wie von den anderen Inseln dieser Gruppe,
viel Vieh nach Tahiti verschifft. Auf Nuka-Hiva laufen in den Bergen Rinder,
Schafe und Ziegen zu Tausenden wild umher, die einzufangen der vielen Thal-
schluchten und des dichten Gebüsches wegen mit grofsen Schwierigkeiten ver-
knüpft ist. Auch sollen wilde Hunde in den Bergen ihr Unwesen treiben, indem
sie namentlich grofse Verheerungen unter den jungen Schweinen und Kälbern
anrichten.
Während der ganzen Zeit meiner Anwesenheit hierselbst, vom 10. Januar
bis 8. Februar 1891. war das Wetter mit Ausnahme von zwei Tagen, an denen