374 Annalen der Hydrographie und Maritimen Meteorologie, Oktober 1893.
zusammendrängen. Die grofsen Eisherge stammen meist vom Nordostlande oder
aus Grönland.
Seeweg nach Spitzbergen. Die Beobachtung der Meereswärme ist das
beste Hüfsmittel für die Schiffahrt in den Polargebieten. Die Isotherme von
45° Jäuft im August der Küste von Spitzbergen parallel bis zum 77. Grad
nördlicher Breite; die Isotherme von + 3° überschreitet den 80. Grad nördlicher
Breite. Wenn man dem 10. Grad östlicher Länge folgt, kann man sich stets im
wärmeren Wasser halten. Die vom Prof. Mohn für die extremen Monate März
und August entworfenen Karten sind in jeder Jahreszeit eine gute Hülfe für die
Schiffahrt.
Die KEisberge, die man im Wasser, dessen Wärme grölser als + 2° ist,
findet, sind bei klarem Wetter nie Gefahren für die Schiffahrt. Wenn aber die
Oberflächenwärme des Meeres nur 0° beträgt, so zeigt dies mit Bestimmtheit an,
dafs grofse Eisfelder in der Nähe sind.
Wenn man von der nördlichen Küste Norwegens herkommt, von Tromsoe
9der von Hammerfest, so steuere man zunächst NNW, um in gutem Abstand von
der Bären-Insel zu bleiben, Diese Insel, die an der Südspitze der Spitzbergen-
Bank liegt, bildet gewissermafsen das Südkap des festen Eises und bleibt fast
stets vom Eise eingeschlossen. !)
Annäherung an Spitzbergen, Das Land ist hoch und zeigt im Al-
gemeinen eine Reihe steiler Bergspitzen, deren Höhen zwischen 800 und 1000 m
ändern. Diese Gipfel, die mit ewigem Schnee bedeckt sind und durch Gletscher
voneinander getrennt werden, sind bei klarem Wetter schon auf sehr weite Ent-
fernung zu erkennen; indessen ist es wegen der Strahlenbrechung nicht immer
leicht, ihren Abstand zu schätzen.
Die Zugänge zur Küste sind mit vielen Bänken und Untiefen, deren Lage
erst ungenau bestimmt ist, besetzt; man mufs deshalb hier viel lothen. Auch die
Küste selbst ist nur stellenweise frei von Gefahren.
Dis grofsen Fjorde der Westküste schieben im Sommer eine Oberflächen-
schicht von etwas süßerem Wasser bis ins Meer hinaus; dieses Schneeschmelz-
wasser kann mit einem sehr empfindlichen Aräometer erkannt werden. Bei
nebligem Wetter können solche Beobachtungen nützlich sein.
Bel-Sund (oder Klok-Bucht).
Der Bel-Sund ist ein Golf, der eine Einfahrt von 10 Sm Breite und eine
Länge von 30 Sm hat. Er wird durch das hohe Land der Pointe de Partage,
das sich bis auf 12 Sm der Einfahrt nähert, in zwei Arme getheilt: die Van
Keulen-Bucht im Süden und die Van Mijen-Bucht im Norden. Von Weitem
gesehen, scheint sich der Golf zwischen hohem Lande zu öffnen; beim Näher-
kommen bemerkt man, dafs am Fufse der nördlichen Gebirge ein ganz flaches
Land 8 Sm südwärts länft und sich scheinbar mit der ebenfalls sehr niedrigen
Axels-Insel vereinigt. Die Axels-Insel sperrt fast ganz den Zugang zur Van
Mijen-Bucht.
In der Mitte des Fjords findet man Tiefen von 125 bis 170 m, Grund: Schlick.
Die Einfahrt in die Van Keulen-Bucht ist leichter als in die Van Mijen-
Bucht; erstere bildet einen Fjord von 15 Sm Tiefe bei 3 Sm mittlerer Breite,
Ihre Einfahrt liegt zwischen der Eider-Insel und dem Kap Wilezek.
Die Recherche-Bucht ist eine Vertiefung von 4 Sm, die an der Süd-
küste des Bel-Sunds, südwärts von Pointe de Partage, zwischen zwei großen
Gletschern liegt. Sie wurde zuerst von Van Keulen 1717 besucht und später
von der „Recherche“ 1838; seitdem ist sie einer der am meisten besuchten Plätze
der Westküste,
Die Rennthierspitze, die die Ostspitze der Bucht bildet, ist eine flache
Landzunge von nur 8 bis 10 m Höhe, die sich bei 1 Sm Länge allmählich bis
zum Fufse der Berge des Innern erhebt. Seewärts wird sie durch eine in der
Wasserlinie liegende Klippenreihe etwa 500 m weiter fortgesetzt. Die Ostküste
der Bucht ist steil und läuft in Nord- bis Südrichtung zum Ost-Gletscher.
1) Nach Kapt. Bade’s mündlicher Angabe war im August 1891 und 1893 die Bären-Insel
zanz eisfrei; er landete dort mehrmals, um Kohlen zu nehmen.