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Annalen der Hydrographie und Maritimen Meteorologie, September 1893.
Am 3. und 4. mußte gegen ziemlich stürmische nordwestliche Winde
angekämpft werden, weshalb wir erst am 5. Juni auf der Rhede von Playa Colo-
vada Anker werfen konnten.
Der kleine Ort Playa Colorada liegt 8 bis 10 Sm weit landeinwärts.
Hierher bestimmte Schiffe ankern aufserhalb der Barre vor der Mündung eines
„Estero“, etwa 4 Sm vom Lande entfernt. Die Festlandküste zwischen Altata
und Playa Colorada wird durch eine Reihe kleiner länglicher Düneninseln mit
Namen: Baredito, Altamura und Saliaca umsäumt, an welche sich die Halbinsel
Perihuete anschliefst. Zwischen dieser und der letztgenannten Insel befindet sich
die Einfahrt zu dem Estero. Die sämmtlichen Inseln sind niedrig, während die
Halbinsel Perihuete sich durch eine etwas gröfßsere Höhe auszeichnet und daher
den Schiffen bei der Ansegelung als eine gute Landmarke dient.
In der Zeit der vorherrschenden nordwestlichen Winde wähle man seinen
Ankerplatz so, dafs die genannte Halbinsel mw. NO peilt, in der anderen Jahres-
zeit, in welcher südöstliche Winde die häufigsten sind, ist den Führern der
Leichterfahrzeuge zum Verkehr mit dem Schiffe eine südöstlichere Lage des
letzteren günstiger. Von dem Ankerplatz der „Dona Evelina“, auf einer Wasser-
tiefe von 9 bis 11m (5 bis 6 Fad.), dessen Lage wir zu 25° 7‘ N-Br und
108° 26‘ W-Lg bestimmten, peilte die Halbinsel NzO mw. Es war dieses, wie
schon bemerkt, im Monat Juni.
Die Zollstation, eine sogenannte Seccion Aduanal, führt, obwohl sie ihren
Sitz in Playa Colorada hat, den Namen Perihuete nach der erwähnten Halbinsel.
Kommt man von einem entfernteren Hafen Mexikos, beispielsweise
von Mazatlan, so ist es gerathen, einen ortskundigen Mann mitzunehmen, der
den Kapitän, welcher verpflichtet ist, die Ankunft seines Schiffes persönlich in
Playa Colorada anzumelden, dorthin führen kann. Die Einfahrt in den Estero
mit dem Boote würde sich allerdings ohne einen Lootsen auffinden lassen, aber
Jie Weiterfahrt auf demselben und die Auffindung des Dorfes dürfie einem
Fremden, der nicht im Besitz einer Specialkarte ist, wegen der vielen Krümmungen
and Nebenflüsse des ersteren unmöglich werden. Ob überhaupt eine Specialkarte
les Flusses existirt, ist mir unbekannt.
„Doäa Evelina“ war von Altata aus zeitig genug als ladebereit in Playa
Colorada angemeldet worden; dennoch kam erst am 10. Juni, also fünf Tage
nach unserer Ankunft, ein Boot zu uns heraus, welches die Nachricht überbrachte,
dafs die obige Anmeldung erst Tags zuvor eingetroffen sei. Der wahre Grund
dieser Verzögerung lag aber in dem Mangel an Leichterfahrzengen, um die
Ladung nach dem Schiffe zu bringen.
Von Playa Colorada werden Farbehölzer und Erze nach Europa verschifft,
deren Transport an Bord des auf der Rhede ladenden Schiffes vermittelst
Leichter von 40 bis 50 Tonnen Ladefähigkeit geschieht. Aufserdem gelangen
Mais, Bohnen, Zwiebeln, Schmalz und andere Produkte zur Versendung nach anderen
mexikanischen Häfen durch kleine Küstenfahrer, die einen Tiefgang von 1,8 bis
21m (6 bis 7 Fuß) haben, und ganz nach Playa Colorada hinaufsegeln können.
Ein- und ausklarirt kann hier nicht werden; dieses hat vielmehr in einem anderen
mexikanischen Hafen zu geschehen.
In der Zeit unserer Anwesenheit in Playa Colorada vom 5, bis 17. Juni 1890
war die See auf der Rhede ziemlich ruhig, so dafs ununterbrochen hätte geladen
werden können, wenn nicht die Leichter des öfteren an dem Passiren der Barre
yehindert worden wären, wodurch eine Verzögerung in der Beladung des Schiffes
hervorgerufen wurde. An Proviant sind in Playa Colorada stets ausgezeichnete
Zwiebeln, Bohnen und sogenannte Garbanzos, letztere eine Art Erbsen, in Gestalt
ähnlich unseren grauen Erbsen, nur mit dem Unterschied, dafs sie gelb sind, zu
%aben. Frisches Fleisch läfßst sich nur selten auftreiben, und wenn dieses
dennoch der Fall ist, so verdirbt es meistens auf dem "Transport von dem Orte
nach dem Schiffe. Mit Trinkwasser sollte man sich, wenn möglich, in einem
anderen Hafen versehen, denn dasselbe ist hier spärlich und schlecht. Zuweilen
bietet sich die Gelegenheit, einige Stücke Ebenholz und Pockholz billig zu kaufen.
Am 17. Juni verließen wir die Rhede von Playa Colorada, um nach
La Paz zu versegeln. Da ich nicht im Besitz einer Specialkarte des Lorenzo-
Kanals war, so wählten wir zur Einfahrt nach La Paz den Weg nördlich von
Espiritu Santo.