Geleich: Beiträge zur Geschichte der oceanischen Segelanweisungen. 301
lich. Beobachtungsdaten gestellt hatte, zu groß. Es wurden in dieser Beziehung
neue Anträge gestellt und Beschlüsse gefafst. ;
Tnmittelbar nach dem Wiener Kongresse richteten die deutschen Dele-
girten eine Kollektiv-Eingabe an das Reichskanzleramt, worin sie in Verbindung
mit der Organisation der Witterungsforschung an der deutschen Küste die Er-
richtung einer Centralstelle für maritime Meteorologie warm empfahlen. Diese
Eingabe sowie die Beschlüsse der Londoner Konferenz hatten zur Folge, dafs
am 1, Januar 1876 in Hamburg die Deutsche Seewarte .als Reichsinstitut in’s
Leben trat, deren Einrichtung in fast allen Punkten den international festgestellten
Stipulationen, Normen und Abmachungen angepafst wurde.
In den letzten zwei Jahrzehnten sind Segelanweisungen in grofser Zahl
entstanden, und Namen wie jene von Becher, Brault, Bridet, Brito Capello;
Buys Ballot, Findlay, Von Heerdt, Horsburgh, Heckford, Labrosse,
Mouchez, Neumayer, Purdy, Rosser und Toynbee wurden den Seeleuten
geläufig. Lange Zeit hindurch behielt England in dieser Beziehung die Führung,
wenn auch andere Nationen Vorzügliches leisteten, Heutzutage können den eng-
lischen Leistungen deutsche, holländische und französische Werke würdig zur
Seite gestellt werden.
In Bezug‘ auf die Leistungen Deutschlands wird man uns gestatten, auf
die Thätigkeit der Deutschen Seewarte besonders hinzuweisen. Verfasser dieser
Zeilen hatte seinerzeit nicht gezögert, zu erklären, dafs das von der Seewarte
herausgegebene „Segelhandbuch des Atlantischen Oceans“ als das beste Werk
ähnlichen Inhaltes angesehen werden darf, und nun hat sich die Anstalt neuen
Ruhm durch Veröffentlichung eines Segelhandbuches für den Indischen Ocean
erworben. Die Fachleute, denen die Schwierigkeiten bekannt sind, welche ge-
rade bei der Verfassung des letzteren zu überwinden waren, wissen auch den
Werth dieser wichtigen Publikation zu würdigen, die nicht nur vom seemännischen
Standpunkt aus hetrachtet, sondern auch vom geophysikalischen, eine Blüthe in
der einschlägigen Litteratur für lange Jahre hindurch bilden wird.
Unerwähnt darf nicht bleiben, daß der Deutschen Seewarte ein Heer von
Mitarbeitern zur See zur Verfügung steht, um welche jede andere Marine die
deutsche beneiden muß. Wir denken, dafs keine Marine der Welt eine so grofse
Procentzahl von Kapitänen aufweist, welche Beiträge für die Verfassung von
Segelanweisungen liefern und selbst schriftstellerisch thätig sind. Wenn man die
Berichte. dieser wackeren Seeleute in den „Annalen der Hydrographie“ lest,
ist man überrascht von ihrer Bildung, ihrem Scharfsinn und dem Methodischen
ihres Vorgehens.
Die oceanischen Schiffahrtsregeln sind, besonders für den Grofsen Ocean,
noch nicht- als endgültig begründet anzusehen; gar häufig werden‘ noch Er-
gänzungen oder Bemängelungen zu der einen Oder der anderen der Routen
veröffentlicht. Aber wenn man bedenkt, dafs dieser Zweig der maritimen
Geographie erst seit so kurzer Zeit auf eine wissenschaftliche Basis gestellt
wurde, so. kann man über die Leistungen der letzten 40 Jahre immerhin be-
friedigt sein.
Treibeis in südlichen Breiten.
(Fortsetzung und Schlufs.)
Februar 23. bis 26. Auszug aus dem meteorologischen Journal des Schiffes
„Pisagua“, Kapt. J. Früdden, von Iquique nach Hamburg: „Februar 23. um
9hp auf 52° 19’ S-Br und 45° 05‘ W-Lg passirten einen Eisberg in unmittelbarer
Nähe; steifer Nordwestwind, dick von Nebel, Temperatur der Luft 9,8°, des
Wassers 6,1°. Februar 24. morgens mehrere Eisschollen passirt. . Vormittags
viele Eisberge an beiden Seiten. von 50 bis 100 m Höhe und 200 bis 300 m
Durchmesser; Wind NWzN 6-—7, fortwährend dick von Nebel, gegen das Ende
der Wache mitunter etwas aufklarend. Mittagsort 51° 0‘S-Br und 43° 15‘ W-Le.