Gelcich: Beiträge zur Geschichte der oceanischen Segelanweisungen. 997
Stromes, kreuzten die Bänke von Neufundland in 44° oder 45° N-Br und fuhren
von da auf einer Linie zwischen dem Nordrande des Golfstromes und den Untiefen
von Sable Island, der St. Georgs-Bank und von Nantucket. Diese Route blieb
bis zum Jahre 1719 ein Geheimnifßs der amerikanischen Seefahrer. Zu dieser
Zeit wurde den Lords des Schatzes in London eine Denkschrift überreicht, welche
über die lange Dauer der Postfahrten zwischen Falmouth und New York klagte
und auf die raschere Uebersegelung des Oceans durch amerikanische zwischen
London und Rhode Island verkehrende Schiffe hinwies. In naiver Weise schloß
das: Memorandum mit dem Wunsche, auch die Packetschiffe in Zukunft nicht
nach New York sondern nach Rhode Island zu dirigiren. Darüber .zog man
Franklin zu Rathe, und dieser besprach sich mit dem amerikanischen Kapitän
Folger. Folger erklärte das Räthsel und fügte hinzu, dafs die amerikanischen
Seefahrer zuweilen den grofsen Königlichen Packetschiffen der Engländer begegnet
seien und dieselben dann wohl darauf aufmerksam gemacht hätten, dafs sie gegen
einen Strom segelten, dessen Geschwindigkeit in der Stunde 3 Sm erreicht. Sie
hätten ‚ihnen aber vergebens angerathen, den Strom zu durchkreuzen und aus
ihm herauszufahren. Aber die Königlichen Kapitäne waren viel zu stolz, um von
scheinbar unwissenden Fischern Belehrungen anzunehmen und liefsen auch eine
Karte des Stromes, welche Folger auf Franklin’s Bitte entwarf und die
Franklin gedruckt nach England schickte, gänzlich unbeachtet. Die politischen
Wirren und der bevorstehende Aushruch der amerikanischen Insurrektion. ver-
anlafsten Franklin, keine wuiteren Schritte zu unternehmen; er war für den
Augenblick. froh, seine Landsleute allein im Besitze eines so wichtigen Geheim-
nisses zu wissen. Im Jahre 1787 veröffentlichte Pownall eine Karte des Golf-
stromes nach Franklin, worauf die zu befolgenden Routen von Osten . nach
Westen und umgekehrt verzeichnet waren. KErstere hielt sich in ungefähr
36° N-Br, benutzte also den Gegenstrom, anstatt den Golfstrom südlich zu lassen,
wie es die Amerikaner thaten.
Eine Segelanweisung aus dem Anfange unseres Jahrhunderts schreibt für
die Reise von der Pyrenäischen Halbinsel nach New York vor, in Sicht von
Sta. Maria oder Terceira zu passiren und sodann auf der Traversade die Breite
von 36°. bis 39° einzuhalten. Das Land soll man in 39° 40” sichten.
Auch in den höchsten schiffbaren nördlichen Breiten bürgerte sich eine
durch den Golfstrom beeinflufste Route zwischen Norwegen und Island ein, deren
Ursprung jedoch nicht näher angegeben wird. Prof. Sartorius berichtet
nämlich, dafs Schiffe, welche von Norwegen zur Nordküste von Island bestimmt
sind, keinen direkten Kurs dahin steuern, um den kalten Strömungen und den
mit ihnen herabkommenden Eisbergen aus dem Wege zu bleiben. Dementsprechend
ziehen sie vor, die ganze grofse Insel im Süden und Westen in den warmen
Gewässern des Golfstromes zu umsegeln, um dann, von Westen kommend, den
gewünschten Hafen auf der Nordküste zu erreichen.
Und nun noch einige Worte über die Route vom Atlantischen in "den
Grofsen Ocean, wie sie zu Beginn unseres Jahrhunderts befolgt würde. Wir
sahen, dafs man, um den Stürmen und den Gegenwinden am Kap auszuweichen,
vorschrieb, sich möglichst stark gegen Süden zu halten, Diese Ansicht hatte zu
Beginn des neunzehnten Jahrhunderts noch immer Geltung, und die Route wurde
von Macarte y Diaz wie folgt beschrieben: -
Man soll im Atlantischen Ocean den Parallel von 44° S-Br auf 60 bis
70 Leguen von der amerikanischen Ostküste schneiden und sich in der Folge
so weit vom Lande halten, dals man immer 50 bis 60 Fad. Wassertiefe lothet. Im
Parallel des Kap-Blanco war Land zu sichten, wegen der Längenkontrole, und
sodann wieder in 50 bis 60 Fad. SO und SSW bis zur Jungfernspitze (Eingang
der Magellan-Strafse) zu segeln. Auf 5 bis 6 Leguen im Norden der Einmündung
zur Lemaire-Straße sollte man Kurs O0zS nehmen und, wenn man von der Öst-
spitze des Staatenlandes genügend frei war, den Bug gegen Süden bis 56° S-Br
and sodann gegen SW bis 60° setzen; erst von hieraus war vorgeschrieben,
sich nach und nach wieder gegen Norden zu erheben, und zwar mit Westnord-
westkurs bis 58°, mit NW bis 55142°. Die alte Regel blieb somit noch in
voller Geltung.
Für die Route von Callao nach Valparaiso mufßste man wegen der vor-
herrschenden Südwinde mit St. B.-Bug .(B. B.-Hatsen) gegen die hohe See bis. in
Ann. d. Hydär. etc.,. 1893. Haft YII.