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Full text: Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie, 21 (1893)

Annalen der Hydrographie und Maritimen Meteorologie, Juli 1893, 
Die Rhede von Adelaide ist gut, und das Fahrwasser von dort weiter, 
wenn es auch stellenweise so schmal ist, daß lange Dampfer in den kurzen 
Biegungen kaum Platz genug finden, hat Wasser genug, um den tiefstgehenden 
Schiffen die Erreichung der Werft zu gestatten, Diesem Vorzug steht der Nach- 
theil gegenüber, dafs Port Adelaide, namentlich wegen der hohen Arbeitslöhne, 
sin theurer Hafen ist. Man darf kaum den Versuch wagen, das Schiff mit den 
eigenen Leuten zu löschen, weil ja regelmäfsig mehrere von denselben entlaufen, 
für welche kein Ersatz zu bekommen ist, und dann die Arbeiter am Lande sich 
weigern, mit den verbliebenen Schiffsleuten gemeinsam zu arbeiten. Wenn sie 
es doch thun, ist es nur gegen einen besonders hohen Lohn, wodurch die Un- 
kosten des Schiffes noch mehr erhöht werden. Eine Holzladung von Norwegen 
and Schweden kann man allenfalls mit der eigenen Mannschaft und, wenn nöthig, 
mit Hülfe von Arbeitern gelöscht bekommen, bei Stückgütern von Hamburg oder 
England wird dieses aber nicht gelingen. Der Löschlohn beträgt für Coaks 
2 sh. 6, für Stückgüter 1sh. 1d. die Mafstonne. Das Uebernehmen und Stauen 
des Weizens kostet für ein Schiff von über 800 Reg. T. Größe 1sbh. 6d., für 
ein kleineres 1sh. 3d. für die Tonne von 1000 kg. Auffallend ist, wie sich Alles 
verbindet, um einem Schiffe, welches seine Ladung mit der eigenen Mannschaft 
löscht, Schwierigkeiten und Kosten zu bereiten. Man scheut sich selbst nicht, 
von den gelöschten Gütern, für welche die Ausstellung eines Empfangsscheines 
manchmal absichtlich verzögert wird, zu entwenden, Die gelöschten Güter, für 
welche noch kein Empfangsschein ausgestellt ist, dürfen daher nie ohne Auf- 
sicht gelassen werden und kein Stück während der Nacht auf der Werft liegen 
bleiben. Ist der Empfänger nicht anwesend, so lagere man die Güter auf seine 
Kosten in einen Speicher, dann wird er das nächste Mal schon besser aufpassen. Wenn 
nur der geringste Anlafßs dazu vorliegt, wird ein Schadenersatz verlangt. Leider 
mufs ich hervorheben, dal die meisten Diebereien an Getränken, Sardinen etc. 
schon im Abgangshafen (in meinem Fall Hamburg) bei der Uebernahme und dem 
Verstauen der Ladung vor sich gehen. Während der Reise ist den Leuten die 
Ladung gar nicht zugänglich, und während des Löschens in Port Adelaide dürfte 
ihnen das Stehlen von derselben ebenfalls sehr schwer fallen. Es ist ein großer 
Vebelstand, dafs diesen Diebstählen an der Ladung nicht wirksam entgegen- 
getreten und immer das Schiff für die oft sehr beträchtlichen Verluste verant- 
wortlich gemacht wird. Der Verlader schreibt dem Kapitän vor, welchen Stauer 
er zu nehmen hat; er mülste daher für die Handlungen seiner Leute allein ver- 
antwortlich gemacht werden und für die Ehrlichkeit derselben aufkommen, Da- 
neben sollten aber auch Kapitäne und Steuerleute stets ein wachsames Auge auf 
die bei der Ladung beschäftigten Leute haben und unnachsichtig Jeden, den sie 
beim Stehlen ertappen, den Gerichten überliefern. 
Vom 23. Januar 1890, dem Tage unserer Ankunft, bis zum 7. Februar 
war das Wetter in Port Adelaide bei vorherrschenden östlichen Winden, vielen 
Gewittern und Regen aufßerordentlich schwül. Nachher hielt sich der Wind 
mehr südlich, der Himmel war heiter und die Luft kühler. 
Nachdem „Theodore“ ihre Ladung gelöscht und 2000 Säcke Weizen, um 
genügende Stabilität zu erlangen, eingenommen hatte, trat sie am 21. Februar 
im Schlepptau eines Dampfers die Reise von Port Adelaide nach Port Victor 
an. Da es aber steif aus SSE zu wehen anfing, waren wir genöthigt, im Schutz 
von Kap Jervis zu ankern und konnten erst am 23. Februar unseren Bestimmungs- 
ort erreichen, woselbst wir das Schiff sofort an die Werft legten, um eine volle 
Weizenladung einzunehmen. 
Port Victor liegt 63 Sm südlich von Adelaide an der Encounter-Bai und 
ist ein zwischen Süd und OSO offener Hafen. Es ist durch eine Eisenbahn mit 
der letztgenanuten Stadt sowie mit den Niederungen des Murray-Flusses, welche 
sich besonders gut für den Weizenbau eignen, verbunden. Für das Festmachen 
der größeren Schiffe auf der Rhede sind vier Mooringbojen ausgelegt, doch ist 
das Wasser bei der äußeren manchmal sehr unruhig. Beim Fallenlassen des 
Ankers muß man darauf bedacht sein, dafs dieser nicht unklar von der die Boje 
haltenden Kette geräth, 
Die Ladungsbrücke erstreckt sich, parallel dem Wellenbrecher, in südlicher 
Richtung von der Insel Granite ab bis zu einer Wassertiefe von mindestens 
57m — 22 Fuß. - An derselben geht die Uebernahme des Weizens aus den 
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