Ausrüstungs- und andere Verhältnisse in Buenos Ayres,
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Die Handelsverhältnisse waren, soweit dies in Erfahrung gebracht werden
konnte, augenblicklich in Buenos Ayres recht günstige, was auch die grofse Zahl
der anwesenden Handelsschiffe aller Nationen zu bestätigen scheint; in Montevideo
dagegen sollen die Geschäfte sehr danieder liegen.
Für die besseren Verhältnisse in Buenos Ayres scheinen die umfangreichen
Hafenanlagen, welche neu geschaffen und seit ungefähr zwei Jahren dem Verkehr
übergeben worden sind, nicht ohne Einflufßs geblieben zu sein. Während die
Schiffe hier früher, ebenso wie noch jetzt in Montevideo, weit vom Lande ent-
fernt auf offener Rhede ankern mufsten, können sie jetzt in unmittelbarer Nähe
der Stadt in sicheren Kaianlagen direkt am Lande festmachen.
Die Aus- und Einfahrt ist für Schiffe mit mehr als 20‘ engl. (6 m) Tiefgang
nicht immer offen, sondern es muß öfters das nöthige Wasser, welches die Ost-
und Südostwinde bringen, abgewartet werden, was zuweilen einige Tage währen
kann; für Schiffe mit über 22‘ (6,6 m) Tiefgang ist der Hafen meistens überhaupt
nicht benutzbar.
Alle Schiffe müssen zum Ein- und Auslaufen die Unterstützung von zwei
Schleppdampfern haben, — einer vorn, der andere hinten, da zweimal ganz kurze
Drehungen gemacht werden müssen und die vielen im Hafen liegenden Schiffe
ein Arbeiten mit Trossen sehr behindern, theilweise ausschließen,
Trotz alledem ist bei den noch weit ungünstigeren Verhältnissen in
Montevideo der Aufenthalt in Buenos Ayres vorzuziehen. In Montevideo mulste
S. M. S. „Marie“ ca 2'/2 Sm von der Küste entfernt ankern, wodurch der Verkehr
mit dem Lande außerordentlich erschwert wurde.
Trotz der verhältnilsmäfßig günstigen Jahreszeit wehte doch beinahe an
jedem Nachmittage eine frische Briese, welche den Bootsverkehr durch hohen
Seegang belästigte und zuweilen ganz verhinderte.
In den ungünstigen Monaten sind Pamperos keine Seltenheit, welche den
Schiffen wegen des schlechten Ankergrundes, und da sie auflandig sind, gefährlich
werden können.
; Für die Assistenz der oben erwähnten beiden Schleppdampfer mufsten
650,53 Mk. gezahlt werden.
Die Lootsengebühren nach Buenos Ayres und zurück betrugen 863,10 Mk,,
zusammen also 1513,63 Mk. Für den Aufenthalt in den Kaianlagen sind die
Kriegsschiffe von Abgaben, wie sie die Handelsschiffe zu zahlen haben, befreit.
Muß ein Schiff von der Gröfse S. M. 8. „Marie“ nach zurückgelegter
längerer Seetour nur 200 Tons Kohlen nehmen, so werden die oben berechneten
Ausgaben durch die billigeren Kohlenpreise allein schon wieder eingebracht, da
die Ersparnifs hierbei ca 2240 Mk. beträgt.
inen großen Vortheil bietet Buenos Ayres vor Montevideo insofern, als
es ein deutsches Hospital besitzt, das in Montevideo fehlt. Das Hospital selbst
ist erst im Werden, doch durchaus unseren modernen Anschauungen über In-
fektionskrankheiten entsprechend angelegt und geleitet. Es werden stets Offiziere
und Mannschaften dahin ohne die geringsten Bedenken ausgeschifft werden
können. Ein Preis für Angehörige der Kaiserlichen Marine war natürlich noch
nicht festgestellt worden. Operationen werden extra berechnet.
Zu bemerken ist noch, dal in Buenos Ayres Kranke zu jeder Zeit aus-
geschifft werden können, was in Montevideo nicht möglich ist.
Port Adelaide und Port Victor, Süd-Australien.
Von Kapt. J. G. NICHELSON, Führer der deutschen Bark „Theodore“.
Nach einer 114tägigen Reise von Cuxhaven ankerte „Theodore‘“ am
23. Januar 1890 morgens um 9 Uhr auf der Rhede von Port Adelaide. Das
englische Schiff „Hawarden Castle“, welches gleichzeitig mit uns die Elbe ver-
lassen hatte, kam an demselben Tage in Melbourne an.
Aun. d, Hydr. ete., 1893, Heft VII,