258 Annalen der Hydrographie und Maritimen Meteorologie, Juli 1893,
bis man die richtige Länge erreicht. Französische Seefahrer aus den Zeiten
Dampier’s pflegten sogar, um aus New Orleans nach Haiti zu kommen, nördlich
bis zur Breite der Bänke von Neufundland im Golfstrom zu segeln und dann
erst mit südöstlichem Kurs den Passat aufzusuchen, der sie zum Bestimmungs-
orte führte. Ebenso ist ihm die Route an der Westküste Amerikas im Gebiet
der beständigen Winde genau bekannt. „Zum Exempel in dem Südmeere und
auf den Küsten von Peru, wo die Mittagswinde stets blasen, müssen die nach
Süden wollenden Schiffe sich nach Westen wenden, bis sie über den Strich
kommen, da die Regulirwinde von der Küste aufhören; alsdann finden sie den
rechten Regulirwind im ESE, mit welchem sie so weit nach Süden gehen kön-
nen, als ihnen beliebt, und also weiter in den gesuchten Hafen kommen.“ Zum
ersten Mal finden wir bei Dampier solche Routen auch für die Westküste
Mexikos berücksichtigt. „Also muß man auf der mexikanischen Küste, wo der
Westwind bläst, tief in See stechen, bis man unter den rechten Regulirwind in
ENE kommt, da man dann immer wieder nach Norden und in den gesuchten Hafen
gelangen kann.“
Die Routen gegen den Monsun hält Dampier noch für unmöglich, ja,
wären die Monsune nicht vorhanden, so könnten die Schiffe den Indischen Ocean
überhaupt nur nach einer Richtung befahren. „Denn, wie ich schon vorher
sagte, so liegen die meisten indianischen Länder, in welchen der Handel stark
getrieben wird, zwischen der Linie und dem Tropico des Krebses, und zwar die
Küsten solchergestalt nach Norden, daß die Schiffe nordwärts über den Tropicum
nicht kommen dürfen und also der veränderlichen Winde sich nicht bedienen
können, wie man in Westindien, wenn man weit nach Osten segeln soll, thun
kann. Es würde auch ebenso wenig nütze sein, wenn man sich tiefer in die See
begeben wollte, wie man es in dem Südmeere zu machen pflegt, denn solcher-
gestalt würde man sich der Linie allzusehr nähern und nur stets der Wind-
stillen und Wirbelwinde gewärtig sein. Wollte man aber gar die Linie passiren,
in der Meinung, auf der Südseite seine Reise desto besser zu vollführen, so
scheint es, daß man nichts würde gebessert sein. Denn auf derselben Seite
wehet der rechte Regulirwind ohne Unterlafs, ohne fast jemals sich zu ändern,
und da würde er denn das Schiff immer südwärts fortführen, bis auf solche Höhe,
wo er selbst aufhört und andere veränderliche Winde wieder anheben. Ueber-
dies ist auch die See nicht breit genug, dafs die Schiffe so weit nach Osten
gehen und alsdann ihren verlangten Hafen erreichen könnten.“ In dieser wissen-
schaftlich geführten Diskussion finden wir, eben weil sie wissenschaftlich be-
gründet ist, den Keim zu den Routen vom Bengalischen Golf nach dem Ara-
bischen Meerbusen und umgekehrt, wie sie später entstand. Schiffe, die von
Madras z. B. nach Bombay fahren wollten, thaten eben das, was Dampier zwar
als theoretisch möglich, aber als praktisch für unausführbar hielt. Mit dem
Südwestmonsun segelten sie zur Jinie, suchten den Südostpassat auf, fuhren in
demselben weit genug gegen Westen, schnitten dann ein zweites Mal die Linie
und kamen in die Region des Südwestmonsuns, der nunmehr günstig war.
In Bezug auf die Routen nach China lesen wir bei Dampier Folgendes:
„Denn unsere nach Siam, Tonkin u. s. w. gedungenen Schiffe können dahin
nicht kommen, aufser zur Zeit des Westmonsuns; und ob sie gleich gerade-
wegs aus England kommen, auch, nach hinterlegtem Vorgebirge der guten Hoff-
nung, Gelegenheit haben, den Weg so weit nach Osten zu nehmen, als es das
Land zulassen will, so können sie doch nicht so weit gehen, als nöthig ist,
sondern sind gezwungen, unter die Regulirwinde zu kommen, welche dann,
wenn sie sogar ordentlich wehten, als an anderen Orten, ihre Fahrt sehr ver-
hindern würden.“
(Schlufs folgt.)