256 Annalen der Hydrographie und Maritimen Meteorologie, Juli 1893.
schlagende Weg beschrieben, d. h. es wird angenommen, dafs die Fahrt unter-
brochen und der Winter im Hafen zugebracht werden muls.
Die äufsere Route vom Kap nach Goa — wenn man das Kap im August
passirt — beschreibt Pimentel wie folgt: Vom Kap Agulhas ist direkt Kurs
zu nehmen, um 35° S-Br auf 180 Leguen vom genannten Kap zu schneiden.
Sodann soll man im wahren Kurs OzN bis zum Meridian des Kap Sta. Maria
(Sidspitze von Madagaskar) fahren, und man wird froh sein, wenn Letzterer in
32° Breite erreicht wird. In der Folge steuere man 120 Leguen direkt gegen
Osten, dann NO und NNO gegen Diego Rodriguez, ferner Nord gegen Saya de
Malba. Später soll man östlich der Gruppe der Sieben Brüder passiren und mit
Kurs NNO auf den Aequator lossteuern. Erreicht man den Aequator vor Ein-
treffen des Nordostmonsuns, so kann man sich bis zum 16. Grad der Breite
hinaufziehen und schliefslich den Bug gegen Goa setzen. Hat aber der Nordost-
monsun bereits eingesetzt, so halte man nach Mozambique ab.
Für den Rückweg von Goa nach dem Kap behandelt Pimentel, aufser den
schon bei Linschoten und Du Val vorkommenden Segelanweisungen, noch fol-
gende, „welche ungefähr seit 40 - 50 Jahren“ (also seit 1660) üblich war. Man segele
von Goa am 20. Januar ab und halte sich auf der Fahrt gegen Cochin 12 Leguen
vom Lande: im Parallel von Cochin nehme man einen Kurs, der mitten zwischen
die Malediven und Point de Galle führt, und steuere sodann gerade aus gegen
Süden bis 12 oder 13° S-Br, wo der Passat frisch weht. „Dieser Südkurs“ —
sagt die Anweisung — „ist kürzer als jeder andere.“ Von 12—13° S-Br an soll
man über Diego Rodriguez so segeln, dafs man den Meridian von Kap Sta. Maria
in 30° erreiche. Von da ab ist gegen Afrika zu wenden und das Land in 34*/4°
aufzusuchen.
Ungeheuer umständlich ist die erste Route von Portugal nach Malakka. Sie
führt noch immer nach alter Manier über Mozambique und die Komoren nach
den Nikobaren und sodann über die Malakka-Stralse. Auf der äußeren Route war
vorgeschrieben, von Diego Rodriguez an ONO bis 15° Süd zu steuern und hier-
auf NO bis zu den Nikobaren zu segeln.
Die bereits besprochene Route von Portugal nach Timor und zwei weitere
Fahrten von Goa nach demselben Ziele zeigen das Streben nach Ausbildung der
oceanischen Schiffahrisregeln. Eine derselben führt aufßserhalb Java wie folgt:
Man soll Goa im Dezember verlassen, den Meridian von Cochin soll man in
6° Nord schneiden, dann SOzO bis in 5° Süd steuern. Man findet in dieser
Breite und in der angegebenen Jahreszeit hier den Nordwestmonsun und segelt mit
demselben aufserhalb Java nach Timor. Oder man kann durch die Sunda-Strafßse
in die Java-See einlaufen und dann auf Timor zusteuern.
Neu und schön ist schließlich die Route von Portugal nach den im Ge-
biete des Südostpassates gelegenen westafrikanischen Küstenplätzen. Man soll auf
derselben bis zur Nordgrenze des SE-Passates wie auf den Fahrten nach Indien
segeln, Ersteren mit einem Bord schneiden und dabei trachten, die Abrolhos zu
erreichen, dann gegen Süden bis in 25—28° S-Br fahren und endlich gegen
Osten wenden.
Wir gelangen nun zu einem Zeitpunkte, wo man der physikalischen Geo-
graphie des Meeres in gelehrten Kreisen Aufmerksamkeit zu schenken begann;
allein von einer direkten Ausnutzung der bezüglichen Forschungen für die Schiff-
fahrtsregeln blieb man dessenungeachtet noch weit entfernt. 1650 hatte bereits der
deutsche Geograph Varenius eine gute Beschreibung der Meeresströmungen ge-
kefert, und der Holländer Vossius 1663 über die Analogie derselben im Atlan-
tischen und Grofsen Ocean geschrieben und auch die Luftströmungen behandelt.
1678 zeichnete Athanasius Kircher die erste Karte der Meeresströmungen
und 1686 Halley seine Karte der Lufiströmungen für den Gebrauch der
Seefahrer. Solche Beispiele wirkten ermunternd und veranlafsten u. A. Romme,
ein Tableau des vents, des mardes et des courans (1817) zusammen-
zustellen, welches jedoch leider höchst unpraktisch ausfiel, indem die Winde und
Strömungen nach den verschiedenen Küsten tabellarisch geordnet waren, so dals
jede Uebersicht fehlte. Dagegen muß Dampier’s über ein Jahrhundert ältere
„Abhandlung über die Winde“ als eine nützlichere Leistung bezeichnet werden,