Geleich: Beiträge zur Geschichte der oceanischen Segelanweisungen. 253
Man machte damals zwischen Fahrten nach Brasilien oder den südlicheren Häfen
Südamerikas und nach dem Kap der guten Hoffnung keinen Unterschied und
beschrieb nur in einem Zuge die Route nach Ostindien.
Als maßgebend für den Südatlantischen Ocean galt es, Brasilien nicht nörd-
licher als beim Kap St. Augustin zu erreichen, um nicht in das Gebiet der seit jeher
gefürchteten nordbrasilianischen Küstenströmung zu gelangen. Schon Diego Alfonso
hatte in seinem Manuskript vor derselben gewarnt und vorgeschrieben, sich nicht auf
das Auflaviren zu verlassen, „denn der Strom, welcher dort gegen die Antillen führt,
wird dich fassen, und du dürftest anstatt nach Indien wieder nach Portugal ge-
langen“. In Rücksicht nun auf die vorherrschende westliche Versetzung durch
den Aequatorial-Strom und auf die im südlichen Tropengürtel bestehenden Wind-
verhältnisse ergab sich zur Erreichung des obigen Zieles die Regel, den Aequator
stark östlich zu schneiden, wie dies auf den älteren Routen unserer Karte
deutlich zur Darstellung gelangt.
Der Rest der Fahrt nach‘ Ostindien ist immer ungefähr derselbe, Man
soll die Breite Tristan d’Acunha’s zu erreichen trachten und sodann im Parallel
von 34142° bis 36'42° S-Br gegen das Kap der guten Hoffnung steuern. Nun
wendet man gegen Norden und segelt gegen Mozambique, um die noch kleinen
Schiffe in jener Zwischenstation zu verproviantiren. Die Fahrt nach Indien er-
folgte stets zur Zeit des günstigen Monsuns, und man regelte entsprechend die
Zeit des Aussegelns aus Portugal. Der Kurs nach Ostindien führte schliefslich
über die Komoren und Amiranten. Man fürchtete sehr die Stromversetzung gegen
Westen und rieth deshalb, von den Amiranten aus eher gegen Osten als gegen
NO zu halten.
Die Rückreise von Indien nach Europa erfolgte mit dem günstigen Nord-
ostmonsun und führte wieder durch den Kanal von Mozambique. Im Atlantischen
Ocean soll man über St. Helena und Ascension fahren und sich in den nördlichen
Breiten nicht zu sehr der afrikanischen Küste nähern.
Die Fahrten vom Arabischen in den Bengalischen Busen und umgekehrt sind
derart geregelt gewesen, dafs man die Abfahrtszeit so wählte, um die längere
schwierigere Strecke mit dem günstigen Monsun zurückzulegen.
Auf der Reise von China nach Amerika soll man nach Linschoten zu-
nächst die hohe See zu gewinnen trachten und, wenn Gegenwinde das Einhalten
einer nordöstlichen oder nordnordöstlichen Richtung verhindern, drei bis vier Tage
mit Südostkurs segeln. Schätzt man sich auf 300 Leguas vom Abfahrtispunkt,
dann soll man weitere 200 Leguas gegen Japan zu steuern und hierauf zwischen
30° und 31° Breite gegen Amerika. Die Fahrt von Manila nach Acapulco soll
man im Sommer unternehmen. Man erreicht die hohe See durch den Kanal
zwischen Luzon und Mindoro und setzt dann im Ostkurse so lange fort, als es
der Wind gestattet. Werden die Winde schwach und SE, so segelt man gegen
NO, dreht aber der Wind gegen Osten und ESE, so ziehe man lieber den süd-
lichen Bord und wende gegen NO erst dann, wenn der Wind frischer wird. In
35°.N-Br angelangt, steuere man gegen Osten bis zum Kap Mendocino. Es ist
dieses die Route Urdafeta’s, die nur bezüglich der Gewinnung der hohen See
und des Verhaltens in der Nähe der Inseln einige Aufklärungen hinzugefügt
erhielt. Unbegreiflich bleibt es dabei, warum im Sommer, also zur Zeit des
Südwestmonsuns, die Ausfahrt zwischen Mindoro und Luzon gewählt wurde,
welche, wie der Verfasser selbst klagt, einen grofsen Zeitverlust mit sich bringt,
„wegen der hundert Leguen Weges, die man im Kanal zurückzulegen hat“,
Ueber die Fahrt von Kalifornien nach Manila oder Macao wird bemerkt,
dafs man sie in der Fastenzeit unternimmt, wobei die Schiffe mit dem Nordost-
passat Asien oder die Inseln in 50 bis 60 Tagen erreichen.
Ueberblickt man alle die bisher beschriebenen Routen, so kann man sie
allgemein wie folgt charakterisiren:
1. Die nördlichen Fahrten von Europa nach Nordamerika, wie sie durch
Ribault, Gosnold und Gilbert angeregt wurden, sind in die ersten gedruckten
Segelanweisungen nicht übergegangen, .
2. Die grofsen überseeischen Passatrouten waren gut entwickelt und
genügend präcisirt. Es fehlten aber genauere Angaben über den Ort, wo beim
Uebergang aus einer in die andere Hemisphäre der Aequator und beziehungs-
weise die Kalmenregionen zu durchschneiden wären.