Dinklage: Rasche Reisen deutscher Segler.
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Erst nachdem es durch eine in diesem Falle günstige Strömung bis über 26° W-Lg
hinaus nach Westen versetzt worden war, erhielt auch dieses Schiff den Südost-
passat, der es am 24. April über die Linie brachte. Um dieselbe Zeit stand
„Urania“ schon in 8,6° S-Br. Im Südatlantischen Ocean ging die Wettfahrt der
beiden Schiffe in ähnlicher Weise vor sich. Das kleinere und weniger schnelle
Schiff verlor seinen anfänglichen Vorsprung nach und nach, während mit der
yünstigen Gelegenheit des Südostpassates und der folgenden Nordostwinde gesegelt
wurde, gewann dagegen wieder, als man südlich der La Plata-Mündung in das
Gebiet der wechselnden Westwinde gelangte. Kapt. Steincke ließ mit den
leichten Winden aus SW bis Süd, welche man in 40° S-Br am 10. Mai antraf,
häufiger nach Osten und Südosten stehen und blieb auf diese Weise länger an der Ost-
seite des Luftdruckmaximums, dem diese Winde angehörten, während Kapt. Walsen,
der überhaupt eine etwas westlichere Route genommen hatte, unter jenen Um-
ständen. immer nach Westen hielt. Die Folge war, dafs er die nordwestlichen
Winde der Westseite des Maximums etwa 24 Stunden früher erhielt, als sein
Mitsegler, und da er beim späteren Schralen des Windes auch noch voller weg
halten konnte, noch 38 Stunden vor ihm den Parallel von 50° S-Br erreichte.
Immerhin hatte „Pampa“ zu der Strecke von der Linie bis 50° S-Br drei Tage
weniger gebraucht, als „Urania“, und dieselbe in der sehr kurzen Zeit von
22 Tagen zurückgelegt. Bei der Umsegelung von Kap Horn gelang es „Urania“,
ihren Vorsprung, der jetzt anderthalb Tage betrug, noch etwas zu vergrößern.
Kapt. Walsen nahm die Route durch die Strafse Le Maire, die er am 16, Mai
bei Sturm aus NW rasch durchsegelte, steuerte dann bei vorherrschend bleibenden
nordwestlichen Winden nach SW und gelangte damit so weit, dafs er:am 19. Mai,
als der Wind nach SW umlief, frei vom Lande nach NW und Nord halten konnte.
Kapt. Steincke war dagegen, da er zur Zeit noch östlich von Kap Horn stand,
bei diesem südwestlichen Winde zum Beiliegen genöthigt und konnte erst, nach-
dem er mit neu einsetzenden nordwestlichen Winden genügend Länge gewonnen
hatte, mit den nächsten südwestlichen Winden, die er am 26. Mai in 58,5° S-Br
and 76° W-Lg erhielt, seine Fahrt nach Nord und Nordwest aufnehmen. „Pampa‘“
gelangte infolge dessen nach 50° S-Br erst in der Nacht vom 28. zum 29. Mai,
während „Urania“ diesen Parallel schon am Nachmittage des 26. Mai überschritt,
Das erstere Schiff hatte zur Umsegelung des Kaps 12% Tage, das zweite
11!/a Tage gebraucht. Von 50° S-Br bis zum Bestimmungsplatze machten beide
Schiffe mit fortwährend günstigem Winde eine sehr rasche Fahrt. „Urania“
legte damit vom 27. Mai bis zum 4. Juni in acht Tagen eine Distanz von
1820 Sm zurück, was einer mittleren Geschwindigkeit von 9!'/2 Knoten entspricht.
Ein Etmal hindurch hielt das Schiff sogar 12 Knoten ein. Nur auf der aller-
letzten Strecke wehte der vorher steife Passat, der schon in 38° S-Br eingesetzt
war, reichlich flau. Am 8. Juni, nach einer sehr raschen Reise von 73 Tagen
ab Lundy Island, kam „Urania“ auf der Rhede von Callao zu Anker. „Pampa“,
die mit dem steifen Südostwinde der letzten Reisetage zeitweilig auf eine Fahrt
von 13 Knoten kam, gelangte am 3. Juni nach Valparaiso. Die Dauer ihrer
ebenfalls sehr guten Reise war 63 Tage ab Lizard und 69 Tage ab Hamburg.
Eine vorzügliche Reise machte auch das letzte Schiff dieser Reihe, die
1271 R. T. grofse stählerne Bark „Selene‘“, die unter der Führung von Kapt.
H. Israel am 8. Mai 1892 von Hamburg in See ging und in 72 Tagen Iquique
erreichte. Am fünften Tage seiner Reise, dem 13. Mai, passirte das Schiff Lizard.
Mit leichten, unbeständigen westlichen Winden kam es anfänglich nur langsam
vorwärts, aber auf der Höhe von Kap Finisterre, wohin das Schiff am 16. Mai
gelangte, erhielt es frische nördliche Briese, die später ohne Weiteres in den
Nordostpassat überging und „Selene‘“ in gleichmäfsiger, ununterbrochener Fahrt
bis jenseits 10° N-Br brachte. Kapt. Israel nahm, um den sehr raumen Passat
etwas mehr von der Seite zu haben, die Route östlich der Kap Verden, was für
ihn. insofern von grofsem Vortheil war, als er schon sehr früh, nämlich in 8° N-Br
den Südostpassat erhielt und nun von seiner östlichen Stellung aus ohne Besorgnifs
wegen Kap St. Roque einen Schlags auf B. B.-Halsen nach Südwest halten konnte.
Nach nur 21 tägiger Fahrt ab Lizard wurde in 27° W-Lg die Linie gekreuzt.
Schon in 2° N-Br begann „Selene“ mit dem zu steifer Briese auffrischenden Passat
ein ausgezeichnet rasches Rennen, wie es in diesen Breiten wohl nicht oft vor-
kommt, bei dem das sehnelle Schiff, mit allen Segeln gesetzt und voll und bei