224 Annalen der Hydrographie und Maritimen Meteorologie, Juni 1893.
bekundet. Das sonst so gefürchtete Umkreuzen des Kap Horn wird in jetziger
Zeit mit entschieden größerer Leichtigkeit ausgeführt als früher, und dieses nicht
nur, weil die Schiffe besser segeln, sondern ohne Zweifel auch, weil die Kapitäne
über die einschlägigen Verhältnisse besser unterrichtet sind. Sie verstehen die
Fahrt rund Kap Horn jetzt besser.
Unter den Reisen, die von Mitarbeitern der Seewarte in den letzten andert-
halb Jahren gemacht wurden, haben wir hier die der Laeisz’schen Schiffe
„Parchim“ von 69, „Pampa“ von 65 und die ganz ausgezeichnete der „Placilla“
von 58 Tagen von Lizard nach Valparaiso aufzuführen, ferner die ebenfalls aufßser-
ordentlich raschen der „Selene“ von 67 Tagen von Lizard nach Iquique und der
„Urania“ von 73 Tagen von Lundy Island nach Callao, außerdem die wenig
längere Reise der „Parnass“ von 78 Tagen von Lizard nach Callao.
Nach der Zeitfolge des Reiseantritts ist das erste in dieser Reihe von
Schiffen, die alle in Hamburg zu Hause gehören, das 1744 R. T. grofse, stählerne
Vollschiff „Parchim“, Kapt. J. Früdden, welches, von Hamburg nach Valparaiso
bestimmt, am 29, Juli 1891 Lizard passirte. Die Fahrt ging mit sehr früh ein-
setzendem Nordostpassat zuerst rasch vorwärts, so dafs schon nach 13 Tagen
16° N-Br erreicht war. Darauf folgte jedoch viel Stille und Mallung und, trotz
der Jahreszeit, nur schwacher Südwestmonsun. Indessen kam schon in 8° N-Br
der Südostpassat durch, mit dem das Schiff, da es die Route Ost von den Kap-
verden genommen hatte und sehr östlich stand, einen Schlags der Linie zusteuern
konnte. Am 22. August, dem 24. Tage der Reise, gelangte es in 25° W-Lg in
südliche Breiten. Im Südatlantischen Ocean konnte die Reise mit dem Südost-
passat, der indessen nur bis 18° S-Br anhielt, und mit dem folgenden nordöst-
lichen Winde anfänglich wieder ganz gut gefördert werden. Zwischen 26° und
40° S-Br entstand jedoch eine längere Verzögerung durch Windstille und stür-
mische Gegenwinde, Längs der Küste Patagoniens ging es dann mit beständigem
Nordwestwinde wieder rascher voran, und wurde infolge dessen die Strecke von
0° bis 50° S-Br noch in der verhältnilsmälsig kurzen Zeit von 25 Tagen zurück-
gelegt. Bei der Fahrt rund Kap Horn traf es „Parchim“ zunächst ziemlich
ungünstig. Das Barometer erreichte verschiedentlich einen sehr tiefen Stand,
dadurch anzeigend, dafs das Schiff sich nahe der Südseite der Depression befand,
doch gelang es nicht, ausgenommen für wenige Wachen, östlichen Wind anzu-
segeln. Der Wind blieb fast unausgesetzt westlich, mehrmals zum schweren
Sturm anwachsend, wechselte aber oft zwischen NW und SW, so dafs das gut
geführte Schiff in zehn Tagen nach 56° S-Br und 74° W-Lg aufarbeitete. Hier
einsetzender steifer südlicher Wind brachte es rasch aus den Kap Horn-Breiten.
Nach 12 Tagen Fahrt von 50° S-Br im Atlantischen Ocean wurde derselbe
parallel im Westen des Kaps wieder überschritten, und nach weiteren acht Tagen
— am 6. Oktober — ankerte „Parchim“ im Hafen von Valparaiso. Dauer der
Reise ab Lizard 69 Tage.
Die nächste rasche Reise ist die der verhältnifsmäfsig kleinen hölzernen
Bark „Parnass“, 629 R. T., von Hamburg nach Callao. Das von Kapt. L. A. Kessal
geführte Schiff ging am 2, November 1891 in See und befand sich am Vor-
mittage des 6. November südlich von Lizard. Der Ostwind, mit dem es aus dem
Kanal kam, war nicht von langem Bestand; bis 38° N-Br herrschte viel stür-
misches Wetter und Gegenwind, so dafs diese Breite erst nach 13 Tagen erreicht
wurde. Später war der Wind jedoch meistens günstig und frisch, Letzteres be-
sonders der Nordostpassat, mit dem die Bark, welche die Westroute einschlug,
zwischen 31° und 7° N-Br während fünf Tagen eine mittlere Geschwindigkeit
von 9 Knoten einhielt. Da sie auch beim Uebergang vom Nordost- zum Südost-
passat-Gebiet in ihrer westlichen Stellung — 25,5° W-Lg — nur sehr wenig
Aufenthalt durch Windstille hatte, konnte sie die Strecke von Lizard nach der
Linie in der immerhin noch ziemlich kurzen Zeit von 26 Tagen zurücklegen.
Eine sehr gute Gelegenheit traf „Parnass“ im Südatlantischen Ocean. Die Bark
ging ziemlich weit westlich — in 29,5° W-Lg — über die Linie, erhielt bei der
Annäherung an die Küste Brasiliens den Passat jedoch raum genug, um ohne
Mühe freisegeln zu können, und auch mit den weiterhin wieder vorherrschenden
Südostwinden konnte sie ihren Kurs längs der Küste bequem einhalten. Westliche
Winde setzten erst im Süden von 40° S-Br ein. Mit diesen gelangte „Parnass“ nach
einer sehr raschen Fahrt von nur 23 Tagen nach 50° S-Br. Die hier beginnende