Skip to main content

Full text: Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie, 21 (1893)

290 Annalen der Hydrographie und Maritimen Meteorologie, Juni 1893. 
Stromes gehalten, den sie in ungefähr 49° W-Lg v. Gr. verließen, um den ganzen 
Rest der Reise (nach Acadien) frei von demselben zu segeln. War die Route 
der Franzosen, so, wie sie Kohl zeichnet und nicht wie er sie schildert, so 
könnte man sie immerhin als einen Fortschritt in den oceanischen Schiffahrts- 
regeln betrachten, denn herrschen auch dort noch Westwinde vor, so hatte man 
wenigstens günstigere Stromverhältnisse. 
Eine weitere — also eine vierte — nördliche Route von Osten nach 
Westen brachte Samuel Argall 1609 in Anregung. Er nahm sich vor, nach 
Virginien zu segeln, ohne über Westindien zu fahren, auf dem „geraden Wege“. 
Die nautischen Details dieser Fahrt fehlen zwar, allein aus dem Umstande, dafs 
derselbe Seemann im folgenden Jahre (1610), da er als Hauptstenermann die 
Flotte des Lord Delaware über den Ocean führte, die Azoren in Sicht bekam, 
wird es wahrscheinlich, daß dies auch im Jahre 1609 sein Kurs gewesen und 
Jafßs er von den Azoren aus im Süden des Mittelstückes des Golf-Stromes fort- 
gegangen war. Den Hauptstamm desselben dürfte er in ungefähr 33 bis 
35° N-Br mit Kurs WNW wieder durchschnitten haben. 
Die Worte des Berichtes, wie sie in Stows Chronicle und in Purchas 
stehen, tühren sofort zur Schlufsfolgerung, dafs man von Gilberts und Gosnolds 
Rathschlägen in England doch wenig Notiz nahm und von der Fahrt Ribaults 
wahrscheinlich nichts wufßste. Denn sonst hätte Argall als „gewöhnlichen Weg“ 
nicht jenen über die Tropen und über die Antillen bezeichnet. So müssen wir 
also hervorheben, dafs diese nördlichen Routen weniger Anklang fanden; die 
Prüfung der Segelhandbücher aus späteren Zeiten macht uns dies ersichtlich. 
Wohl heifst es in den Instruktionen zu den Fahrten von Somer und Gates 
(1609) „die Kanarischen Inseln hundert Leguas im Osten zu lassen, mittewegs 
zwischen den Azoren und Kanarien durchzusegeln und direkt auf Virginien los- 
zusteuern, ohne die Westindischen Inseln zu berühren“, alleinsolche einzelnen 
Fälle kann man nur als Versuche betrachten und nicht als ausgemachte Be- 
yründungen von neuen Schiffahrtsregeln. Die Kapt. Amadas und Barlow z. B., 
welche ein Jahr nach Gilbert eine Expedition zur Kolonisation von Virginien 
führten, schlugen die gewöhnliche südliche Route über die Westindischen Inseln 
ein. Die Fahrten der Holländer zum Hudson-Flusse geschahen alle auf der 
südlichen Route. Brodhead beschreibt die Trace der Holländer in seiner 
Geschichte von New York wie folgt: „Wenn sie den Englischen Kanal verlassen 
batten, richteten sie ihren Lauf auf die Kanarischen Inseln, von denen sie quer 
über den Ocean nach Guyana zu den Karaibischen Inseln hinüberfuhren. Von 
da steuerten sie schief nordwestwärts zwischen den Bahamas und Bermudas 
durch, bis sie die Küste von Virginien und endlich New York in Sicht bekamen.“ 
Sogar noch nach der Mitte des 17, Jahrhunderts sehen wir die vornehmsten 
holländischen Expeditionen diesen Kurs befolgen. Ebenso gingen alle nach 
Amadas und Barlow von W. Raleigh veranlafsten Expeditionen nach Virginien 
über Westindien und längs des nordöstlichen Randes der Bahamas. Ja, einige 
von ihnen gingen sogar noch um das Westende von Cuba herum, indem sie auf 
diese Weise mit dem Golf-Strom, seiner ganzen Länge nach, segelten, wie z. B. 
der ehemalige Gouverneur von Roanoke in Virginien, Master John White, im 
Jahre 1590. Dieser White machte damals schon eine für die Schiffahrt zwischen 
den Häfen an der Ostküste Amerikas sehr wichtige Entdeckung, jene nämlich 
des längs der Küste gegen Süden schleichenden südlichsten Astes des Polar- 
Stromes. „Auf der Fahrt längs der Ostküste von Florida hinab“ — schrieb er — 
„verloren wir dieses Land aus dem Gesichte und gingen weiter in See hinaus, 
ım uns den Beistand des Stromes zu verschaffen, der weiter seewärts viel schneller 
ist als in Sicht der Küste. Denn von Kap Florida nach Virginien giebt es längs 
der Küste nichts als Seiten- und Gegenströmungen, welche nach Süd und SO 
gerichtet sind.“ 
Eine der nördlicheren Routen bürgerte sich entschieden, in England im 
Jahre 1620, ein. In jenem Jahre gingen die „Pilgrim-Väter“ nach Amerika hin- 
über. Sie hatten kleine leichte Schiffe, die sich besser an den Wind legen 
konnten und mit welchen ein eventueller Kampf gegen Gegenwinde leichter 
aufzunehmen war. Diese Schiffe befolgten durchaus die Gosnold’sche Route, 
und so entwickelte sich das sonderbare Spiel, daß Schiffe, deren Ankunftspunkte 
am ein oder zwei Breitengrade voneinander abstanden, Routen verfolgten, die
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.