142 Annalen der Hydrographie und Maritimen Meteorologie, April 1893.
Wider Erwarten ergab aber 3'/a procentige Kochsalzlösung, die ich mir jedesmal
vor dem Versuch herstellte, bei einer Reihe von Versuchen stets für sämmtliche
Oele (und auch Seifen, vergl. unten) viel langsamere Ausbreitung als gleichzeitig
auf dem Kontrolteller mit süßem Wasser, jedoch unter Innehaltung derselben
Reihenfolge der Oele.
Die Erfahrung auf See hat bekanntlich ergeben, dafs gereinigtes Petroleum
zur Dämpfung der Sturzwellen fast wirkungslos ist, während Leinöl, „Lampenöl“,
Terpentinöl und besonders „Fischöl“ aufserordentlich günstige Resultate ergeben.
Es scheint hiernach, dal auch für die Beruhigung der Wogen die Oele sich
umgekehrt wie die Spannungssumme ihrer beiden Grenzflächen verhalten, also
ihre Brauchbarkeit zu diesem Zweck der-elben Stufenleiter folgt wie ihre Fähigkeit,
sich auf dem Wasser auszubreiten.
In der That hat in einem wenig beachteten Aufsatz aus dem Jahre 1858
(Pogg. Ann. 104, S. 209) Paul Du Bois Reymond, indem er mit Recht hervorhob,
dafs durch die Franklin’sche Hypothese „das plötzliche Ebenwerden des Wasser-
spiegels, welches ebenso rasch fortschreitet wie die Oelausbreitung selbst, noch
nicht erklärt ist“, den Grund davon in dem Vorgang der Oelausbreitung selbst
gesucht: „Durch die Ausbreitung des Oeles wird die Oberfläche des Wassers
fortbewegt. Die gekräuselten Wellen, welche sich zur Beobachtung der Wellen-
dämpfung am besten eignen, sind scharfkantig und nicht hoch. Die scharfe
Kante ninımt der Ausbreitungsstofs sofort hinweg, und die Fortbewegung der
Wasseroberfläche verwandelt die Bahnen der schwingenden Wassertheilchen aus
Ovalen mit senkrechter grofser Axe in Linien, die fast mit dem Spiegel des
Wassers zusammenfallen.“ Diese Auffassung verdient gewiß in der Geschichte
der Erklärungsversuche für die Wirkung des Oeles auf die Wellen nicht über-
gangen zu werden, da sie sich besser mit den Thatsachen verträgt als die
Franklin-Weber’sche. Allein auch sie dürfte einseitig und in der Zurückführung
der Wirkung auf die lebendige Kraft des seitlichen Stosses der bewegten
Flüssigkeitsschicht unrichtig sein. Nach Du Bois Reymond müfßte nur der im
Vorschreiten begriffene Rand der Oelscheibe wirksam sein, und es müßte sich auf
der geölten Fläche die Rippelung ebenso plötzlich unter dem Einflufs des Windes
wieder einstellen wie auf der freien Wasseroberfläche, über welche ein Windstofs
von kleinem Durchmesser dahinhuscht und „Katzenpfötchen“ erzeugt. Das ist
aber nicht der Fall, die geölte Fläche behält ihre relative Glätte, wenn sie grofs
ist, stundenlang, während sie vom Winde weiter getrieben wird. Immerhin ist
es nicht unmöglich, dafs bei der wunderbaren Plötzlichkeit der Besänftigung die
von P. Du Bois Reymond angezogene Ursache mitwirkt.
Mit der Rolle, welche die Oberflächenspannung bei der Wellenbewegung
spielt, haben sich bis jetzt noch sehr Wenige beschäftigt. Ich habe, nachdem
ich auf dieselbe aufmerksam geworden war, nur von Sir William Thomson
(Lord Kelvin), van der Mensbrugghe, Aitken und Koldöek kurze
theoretische Auseinandersetzungen in dieser Richtung auffinden können,
Im Jahrgange 1871 des „Philosophical Magazine“, S. 369—377 untersucht
Sir W. Thomson den Einflufs der Oberflächenspannung auf die Fortpflanzungs-
Geschwindigkeit der Wellen und kommt zu dem Resultat, dafs für Windwellen
auf tiefem Wasser
V: (1—6) + ag (57)
= F— MT
(14%) —
worin g und z die bekannten Konstanten, @ die Oberflächenspannung wie oben
S. 138, A die Wellenlänge bedeutet. Da c, die Dichtigkeit der Luft relativ zu
Wasser, nur etwa !/s20 ist, so kann es vernachlässigt werden, und wir erhalten
vo Val tel)
Zu demselben Resultat kommt, in etwas allgemeinerer Fassung, Kolätek
in Wied. Ann. 5 (1878), S. 425, und drückt es in der Weise aus, die Wirkung