Ann. d. Hydr. ete., XXI. Jahrg. (1893), Heft IV.
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Der Hafen von Karätshi (Kurrachee), Westküste von Indien.”
(Hierzu Tafel 4.)
Der Hafen Karätshi liegt an der Nordküste des Arabischen Meeres,
50 engl. Meilen West von der Hauptmündung des Flusses Indus, 495 engl. Meilen
Nordwest von Bombay und 18 engl. Meilen Ost von Kap Monze (Ras Muari).
Seiner Gestaltung nach ist Kardtshi im Wesentlichen ein Stauwasserhafen,
indem die Einfahrt und der Ankerplatz dessen untere, die Creeks und das
Stauwasser (18 engl. Quadratmeilen) dessen obere Abtheilung bilden.
Im Westen wird er. durch den Wellenbrecher, Manora-Spitze, und die
niedrige sandige Landzunge, welche sie mit dem Festlande verbindet, gebildet;
im Osten durch die Insel Keamari und den Steindamm, der sich von ihr
2 engl. Meilen nach SSO erstreckt.
Die Weite des eigentlichen Hafens varlirt von 3'/2 bis 5 Kabllg., und sein
gegenwärtiger Umfang beträgt 232 Acre mit einer Tiefe von 22 engl. Fuß
und darüber bei Niedrigwasser, wovon 211!/a Acre zum Ankerplatze für Schiffe
der größsten Art sowie fernere grofse Strecken mit seichterem Wasser für Küsten-
fahrzeuge verwendet werden können.
Seine Länge beträgt etwas über 3 engl. Meilen von der Einfahrt bis
zum nördlichen Ende der Schiffswerfte auf Keamari, wo er sich in Flufßsrinnen
(Creeks) zersplittert, die sich sämmtlich in dem Stauwasser verlieren. ;
Der östlichste Creek bildet einen Kanal: für die einheimischen Boote
zwischen Keamari und der Native Jetty sowie der Bootswerft in der Nähe der
Stadt Kardtshi.
Karätshi ist jetzt schon in Bezug auf seine Bedeutung der dritte Hafen
in Ostindien. Es bildet den natürlichen Seehafen‘ für den Sindh, das Pandjäb,
Kashmir, das östliche Balutshistan, Afghanistan und das dahinterliegende Central-
asien, indem es durch das nordwestliche System breitspuriger Staatseisenbahnen
sowohl mit den reichen, Weizen und sonstige Kornfrüchte bauenden Bezirken
des Pandjäb und seiner Umgebung als auch mit den wichtigen Garnison-
städten des nördlichen Indiens verbunden ist.
Eisenbahnverbindung mit Radjputana und den Nordwestprovinzen wird
geplant vermittelst einer direkten Linie nach Delhi über Haiderabad, Umerkot,
Bikanir und Rohtak. Der Abschnitt Haiderabad—Umerkot ist im Bau begriffen
and nähert sich seiner Vollendung. Diese direkte Linie kürzt die Entfernung
auf der Eisenbahn zwischen Delhi und der Seeküste um ungefär 153 engl. Meilen
ab, indem sie Kardtshi zum nächsten Hafen für den ungeheuren Handel von Delhi
und den umliegenden Bezirken macht, wie es geographisch auch der natürliche
Hafen dafür ist.
Kardtshi ist auch der Europa am nächsten gelegene Hafen Indiens, indem
es, verglichen mit Bombay, Aden um 205 engl. Meilen und Basra und Kwait, dem
zukünftigen Endpunkte der Euphrat-Thal-Eisenbahn an der Spitze des Persischen
Golfes, um mehr als 400 engl. Meilen näher liegt. Seine Entfernung von Aden
beträgt 1435 Sm, während Bombay 1640 Sm davon liegt.
Karztshi steht gegenwärtig in direkter Verbindung mit Kuropa durch
acht regelmäßige Passagier- und Frachtdampfer-Linien, nämlich die „Hall“
und „Mac Iver“ von Liverpool, die „Messageries Maritimes de France“ won
Marseille, die „City“ von Glasgow, die „Bombay-London“ (Mogul) und „Gray
Dawes“ von London, die „Wilson“-Linie von Hull und die „Hansa“ von Bremen,
Wenigstens ein Dampfer einer jeden der oben genannten Linien geht regelmäßig
einmal im Monat von Karädtshi ab, folglich hat sich der direkte Passagierverkehr
nach und von Europa grofsartig entwickelt und nimmt schnell zu. Die British
1) Auszug aus der Publikation des Vorsitzenden des „Karächi Port Trust“: Port of Karächi,
East Indies, 1892 (34 Seiten 80 und 3 Karten).