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Full text: Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie, 21 (1893)

Annalen der Hydrographie und Maritimen Meteorologie, März 1893. 
Weit älter als der Plan einer Verbindung zwischen Nord- und Ostsee, 
ist die Idee einer Durchstechung der Landenge von Korinth; denn schon Kaiser 
Nero hat eine solche durch Kriegsgefangene und Verbrecher beginnen lassen, 
wovon noch vor Kurzem zwei kurze breite Gräben an beiden Küsten und eine 
Reihe von Schächten auf deren Verbindungslinie Zeugnis ablegten. Vor 
11 Jahren erwarb der ungarische General Türr die Erlaubnifs zum Bau eines 
Kanals, und die Vorarbeiten ergaben, dafs die von Nero gewählte Linie die 
yünstigste sei; danach sollte der Kanal eine gerade Linie zwischen den Endhäfen 
Poseidonia und Isthmia bilden, Die Arbeiten begannen am 10. April 1882, und 
man hoffte, in fünf Jahren, also bis 1887, den Durchstich zu vollenden. Leider 
mufsten 1889 die mehr als zur Hälfte fertigen Arbeiten eingestellt werden, weil 
die für den Bau veranschlagte Summe von 30 Millionen Frances kaum für die 
Hälfte reichte und das Pariser Bankinstitut, das die Mittel beschaffen sollte, zu- 
sammenbrach. Es hat sich jedoch eine neue Gesellschaft gebildet, die nach abermaliger 
Umformung das Werk fortführt. Von den 9'%2 Millionen Kubikmeter Erdboden, 
deren Fortschaffung ursprünglich ins Auge gefafßst war, sind bis 1889 über 
3 Millionen bewältigt, und zwar in jedem der Jahre 1885 bis 1888 je etwa 
1!/a Millionen. Nachträglich hat sich freilich gezeigt, daß zur Erreichung der 
nöthigen Dimensionen noch 3'/2 Millionen Kubikmeter mehr zu bewältigen sind 
and zu den Unkosten noch 190 000 Kubikmeter Mauerwerk hinzukommen, so 
dafs die Gesammtkosten von 30 auf 70 Millionen Frances sich erhöhen. Immer- 
hin waren bis 1889 ungefähr zwei Drittel der Arbeit gethan, und es bildete sich 
Jaher eine neue Gesellschaft, die „Societe Hellenique du Canal de Corinthe“, 
welche mit einem Kapital von 28 Millionen Francs die Vollendung des Kanals 
auf Grund der früheren Koncession übernahm. Die Gesellschaft übertrug die 
Arbeiten einem Herrn Mathas, der auch einen Theil des Suez-Kanals ausge- 
graben hatte und sich im Juni 1890 verpflichtete, die Arbeiten bis zum März 1893 
zu vollenden, widrigenfalls er eine Konventionalstrafe von 100000 Francs für 
jeden Monat späterer Fertigstellung zu bezahlen hatte. Im September 1890 
wurden die Arbeiten wieder aufgenommen, die auch rüstig fortschritten, bis im 
Januar 1892 in der Nähe von Isthmia ein Wolkenbruch solche Wasser- 
massen in das Kanalgebiet ergofs, dafs mehrere Wochen nicht gearbeitet werden 
konnte. Infolge dieses Unfalles wurde den Unternehmern eine Frist von zwei 
Monaten gegeben, so dafs der Kanal also erst im Mai d. J. vollendet zu sein 
oraucht. In 26 Monaten, bis zum 1. November 1892, hatten die Unternehmer 
2720000 cbm Boden entfernt, also etwas mehr als 100 000 ebm im Monat. Die 
Unternehmer selbst sagen, dafs der Kanal zum April d. J. ganz fertig gestellt 
werden könne, doch schien Ende 1892 nach dem Aussehen der Werke wenig 
Hoffnung zu sein, dafs diese Vorhersagung sich erfüllen werde. Der Kanal 
Jurchschneidet die Landenge nicht an der schmalsten oder tiefsten Stelle, sondern 
da, wo am wenigsten Oberflächenwasser in die Werke strömt. Es sind jetzt seit 
mehreren Jahren 2000 bis 2500 Arbeiter am Kanal beschäftigt, die, nach Natio- 
nalitäten vertheilt, in einzelnen Gruppen unter Führung eines Aufsehers thätig 
sind. Die Armenier arbeiten namentlich mit der Schaufel und beladen die Kipp- 
wagen, die Montenegriner sind mit der Spitzaxt thätig, die Italiener mit Tunnel- 
bauten und Maurerarbeiten beschäftigt. Der Kanal hat eine Länge von 6 km, 
eine Minimalbreite von 21 m an der Sohle und 24,6 m an der Oberfläche und 
erhält eine Minimaltiefe von 8 m. Nach seiner Vollendung wird er ungefähr 
2750000 Pfad. Sterl. (68 750 000 Francs) gekostet haben; ob er sich später 
rentiren und die Betriebskosten und Zinsen decken wird, muß die Zukunft 
lehren. Die Ausführung des Kanals ist für den Verkehr der Häfen am Adria- 
tischen, Aegaeischen und Schwarzen Meere, sowie für Konstantinopel von er- 
heblicher Bedeutung, weil er viele Reisen bedeutend verkürzt und das stürmische 
Kap Matapan zu vermeiden gestattet. Die landschaftliche Schönheit der Golfe 
von ERS und Aegina werden zudem einen grofsen Touristenverkehr her- 
rorrufen. 
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Viel gröfsere Bedeutung für den Welthandel haben die Projekte für eine 
direkte Seeschiffsverbindung durch Mittelamerika. Von den vielen Projekten 
hierfür schlägt der Panama-Kanal die kürzeste Route ein. Seine Länge mul
	        
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