I6
Annalen der Hydrographie und Maritimen Meteorologie, März 1893.
Stadt Lübeck ausgeführt; schon 1550 wurde er infolge einer Fehde mit den um-
liegenden Grundherren wieder zerstört. Seitdem ist in längeren oder kürzeren
Zwischenräumen ein Projekt auf das andere gefolgt, von Ribe—Kolding im
Norden bis Dömitz—Schwerin— Wismar im Süden. Zur Ausführung kam 1777
bis 1785 der sogenannte Eider-Kanal, jedoch nur mit 3'/a m Tiefe und mit sechs
Schleusen, welche nur kleineren Schiffen die Durchfahrt gestatten. Sobald
Schleswig-Holstein in deutsche Hände gekommen war, erbielt Geh. Oberbaurath
Lentze 1864 vom preufsischen Handelsministerium den Auftrag, die Möglichkeit
eines Nord-Ostsee-Kanals für grofse Schiffe zu prüfen. Sein Entwurf, der 1865
bekannt gegeben wurde, konnte zwar der Zeitverhältnisse wegen noch nicht aus-
geführt werden, doch hatte sich die Angelegenheit so weit geklärt, dafs seitdem,
besonders aus Rücksichten auf den Kriegsfall, als Endpunkte die Elbmündung
und die Kieler Bucht feststanden. Als daher im Jahre 1878 die Frage durch
die Schrift des Hamburger Kaufmanns Dahlström: „Die Ertragsfähigkeit eines
Schleswig-Holstein’schen Schiffahrtskanals“ wieder angeregt wurde, erhielt der-
selbe die Erlaubnifs zu Vorarbeiten für die Linie Brunsbüttel—Rendsburg— Kiel.
Im Jahre 1881 reichte Herr Dahlström den durch Herrn Wasserbauinspektor
Boden ausgearbeiteten Entwurf ein, welcher mit einigen Abänderungen der
Regierungsvorlage zu Grunde gelegt wurde, die sodann 1886 vom Reichstag
und preußischen Landtag genehmigt wurde. Im Oktober 1888 wurde mit dem
Erdaushub begonnen. War schon der erste Plan grofsartig, so ist doch während
der Arbeit derselbe noch erweitert und durchgreifender gestaltet worden, so
dafs der Anschlufs an den alten Eider-Kanal mit seinen vielen malerischen Win-
dungen ein verschwindend geringer ist. Untenstehende Skizze veranschaulicht
den Verlauf beider,
"=
=
=
Fig. 1.
Die während des Baues beschlossenen Erweiterungen sind in einer am
15. Dezember 1892 von der Regierung dem Reichstag übergebenen Denkschrift
übersichtlich dem ursprünglichen Plane gegenübergestellt, weshalb ein Auszug
aus dieser hier Platz finden möge.
„Das Gesetz vom 16. März 1886, betreffend die Herstellung des Nord-
Ostsee-Kanals, konnte sich nur auf Vorarbeiten allgemeiner Art stützen. Ab-
weichungen von den vorläufigen Anschlägen, welche dem Gesetz zu Grunde
liegen, wurden bei der Aufstellung der speciellen Bauentwürfe und Kostenan-
schläge schon mit Rücksicht auf die genauere Würdigung der örtlichen Verhält-
nisse bei verschiedenen Bauobjekten erforderlich. An solchen Abweichungen
sind hervorzuheben:
1. Veränderungen in den Abmessungen für die Herstellung des Kanal-
vettes sowie der Richtung der Kanallinie: die Spiegelbreite des Kanals bei
Mittelwasser wurde von 60m auf 65 m, ferner, um auch bei Niedrigwasser die
erforderliche Wassertiefe zu erhalten, die Tiefe bei Mittelwasser von 8,5 m auf
9 m erhöht. Hieraus ergab sich eine Vergrölserung des wasserhaltenden Quer-
schnitts von 365,5 qm auf 411 qm. Als kleinster Krümmungshalbmesser wurden
im Interesse der sicheren Bewegung der Kriegsschiffe 1000 m gegen früher 750 m
angenommen, Für die Krümmungen wurden Verbreiterungen, und zwar bei
1000 m Halbmesser von 16 m, bei 1500 m Halbmesser von 11 m, bei 2000 m von
6 m vorgesehen. ;
2. Die Zahl der Ausweichestellen (mit Ausschlufs der Obereider-Seen)
wurde im Interesse eines leichteren und rascheren Verkehrs von 4 auf 6 erhöht.