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Börgen: Ueber die Berechnung eines einzelnen Hoch- oder Niedrigwassers,
Wir haben im Vorhergehenden die aus dem Ansteigen des Meeresbodens
und anderen örtlichen Ursachen entspringenden Neben- und zusammengesetzten
Tiden ganz vernachlässigt, was auch in der Regel zulässig ist, doch giebt es
Fälle, wo die Berücksichtigung, wenigstens der hauptsächlichsten dieser Tiden,
nothwendig oder doch wünschenswerth ist, wenn man nicht hier und da sehr er-
hebliche Fehler in der Eintrittszeit einer Phase begehen will. Dies ist an solchen
Orten der Fall, welche flußaufwärts gelegen sind, weil hier die Fluthwelle durch
die örtlichen Verhältnisse, ansteigenden Meeresboden, Verengerung des Flufßsbetts
u. dgl. stark modificirt werden kann. Auch in diesen Fällen wird man sich
unter Berücksichtigung der hier angestrebten Genauigkeit auf das Nothwendigste
beschränken und von den Nebentiden nur M, und in selteneren Fällen M,; und
von den zusammengesetzten Tiden nur 2 MS berücksichtigen.
Nach Formel (123) der Abhandlung‘!): „Berechnung einer Gezeitentafel
unter Benutzung der Konstanten der harmonischen Analyse“ haben wir, unter
Berücksichtigung der in gegenwärtiger Abhandlung gebrauchten Bezeichnung,
die Korrektionen dt und dh. der Zeit und Höhe der Phase, welche aus der
Berücksichtigung der Nebentide M. entspringen:
dtp = — 5989 .n +] "ein {n(p-+i:90°— m }
dhn = Mn cos £n(g + 1+ 90°) -— ün
worin M. den auf die betreffende Neigung der Mondbahn reducirten Koefficienten
der Nebentide und 42 ihre Verspätung bezeichnen. Setzen wir hierin n = 4,
bezw. = 6, so erhalten wir die folgenden Ausdrücke für die wegen M, und Me;
anzuhringenden Korrektionen:
” m M, ;
dim = -- 237,2 nn sin (40 — 1.)
dbn = M, cos (4 # — 14)
„on Me. ; °
d tim = — 355,09% iin (6 0 +i-180° — 1)
| ab. —M, cos (6 @ + i+ 180° — 44).
Ar
Le
Nach Formel (120) der eben angezogenen Abhandlung erhalten wir mit
unserer Bezeichnung, in welcher 24 = 8, ist, wenn wir mit my den Koeffizienten
und mit us = un — 0, die Verspätung — go, bezeichnen:
m * ; 5 ,
(40) 2M8S: [ dim = — 1186" 7 sin {2 -+i-180°—(s; +6) — w% }
dlm = m cos {26 +i-189° — (8, + 0,) — ur \
Man sieht aus diesen Formeln, dafs die Korrektionen in Zeit immerhin unter
Umständen recht bedeutend werden können, dafs dagegen die Höhe des Wasser-
standes im äufsersten Falle nur um den Betrag der Tide selbst beeinflufst werden
kann. In den Formelm für dtm ist hm Ohne Rücksicht auf das Vorzeichen nur
nach seinem absoluten Werthe zu nehmen.
Wo es nothwendig ist, werden die Listen der Konstanten die Werthe für
My, Zar Me, 8g und m, 4% resp. die numerischen Formeln für die Berücksichti-
gung dieser Tiden enthalten.
Zum Schlusse wollen wir noch untersuchen, unter welchen Umständen
zwei aufeinander folgende Extremphasen der Gezeit sich mit einander vermischen
können oder wann nur zwei anstatt der gewöhnlichen vier Extremphasen statt-
finden.
Wenn die eintägigen Tiden im Vergleich zu den halbtägigen klein sind,
so bestimmen die letzteren den Charakter der Gezeit, d. h. es finden im Laufe
1) Annalen der Hydrographie. 1889.
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