Aus dem Reisebericht des Kapitän J. G. Nichelson.
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wurde unter allen Segeln bei sehr flauer Briese, aber dickem nebeligem Wetter
wieder zugesetzt. Um 10" a. m. den 6. schimmerte im NO Land durch, und
als das Wetter dann etwas aufklarte, sahen wir um Mittag den Feuerthurm der
Insel St. Lorenzo im Nord, Es dauerte aber noch bis 4%» p. m., bevor es uns
gelang, diesen Feuerthurm in die Peilung SO zu bringen. Nun wurde in die
Bai von Callao eingesteuert und um 6° p. m. in der Nähe des Trockendocks,
auf einer Wassertiefe von 11 m — 6 Faden —, geankert.
Die Dauer der ganzen Reise von Zuscar war 114 Tage. Aufsergewöhnliche
Begebenheiten waren während dieser Reise nicht zu verzeichnen, auch haben wir
uns nicht über Stürme zu beklagen, eher über Mangel an beständigem frischem
Winde. Das Deck war, abgesehen von Regenfällen, gewöhnlich trocken. Selbst
beim Kap Horn war die See verhältnifsmäfsig ruhig, obgleich es daselbst kurz
vorher schwer gestürmt hatte.
MH. Callao.
Callao, an der Bai gleichen Namens gelegen, der Haupthafen Perus, ist
nach SW durch die Insel St. Lorenz geschützt, und da der Wind meistens aus
einer südlichen Richtung weht, so kann die Rhede auch als durchaus sicher be-
trachtet werden. Die Wassertiefe in der Bai ist überall nicht zu grofßs, um
Ankern zu gestatten, und da dieselbe nach dem Lande hin langsam abnimmt, so
kann man auch zur Nachtzeit ohne Gefahr einsegeln. Dazu ist der Wind
meistens so raum, dafs man die Rhede auf einem Buge anholen kann; wenn
dieses ausnahmsweise nicht der Fall sein sollte, so muß man einen Gang nach
der Insel hinüber machen. Einen guten Ankerplatz findet man sehr leicht. Es
liegen zwar immer noch viele Schiffe draufsen auf der Rhede, aber längst nicht
so viele als früher, vor der Eröffnung der Docks. Der beste Ankerplatz ist
eben nördlich von dem Schwimmdock, auf einer Wassertiefe von 9 bis 11 m
— 5 bis 6 Faden —, Lootsen kommen nicht an Bord, was indefs auch nicht
nothwendig ist.
Das Klima von Callao ist wunderschön und gesund, Regen gehört zu den
Ausnahmen, aber in der Nacht findet eine starke Thaubildung statt. Gewöhnlich
dringt um 10 Uhr Vormittags die Seebriese durch, um den ganzen übrigen Tag
aus einer Richtung zwischen SSW und Süd mit einer mäßigen Stärke zu wehen,
Gegen die Zeit des Sonnenunterganges kommt der Wind mehr vom Lande,
worauf in der Nacht mitunter ein frischer Landwind weht, der beim Aufgange
der Sonne abflaut und um 8* a. m. durch Windstille, die bis zum Einsetzen der
Seebriese dauert, aufgehoben wird.
Die Schiffe löschen fast alle in den Docks; nur diejenigen, welche Kohlen
gebracht haben, die in den Hulks gelagert werden sollen, haben dieses auf der
Rhede zu thun. Die Docks gewähren mancherlei Erleichterungen; die Schiffe
werden ohne Mehrkosten von den Schleppern der Dockgesellschaft in dieselben
hineingeschleppt und dort mit starken, von der letzteren gelieferten Manilatrossen
derart vertäut, dafs die Grundsee das Schiff möglichst wenig belästigt. Die
Ladung wird vermittelst Dampfkrähnen gelöscht, weshalb das Schiff nur Leute
im Laderaum zu stellen hat, und die gelöschten Güter werden sofort auf die
bereit stehenden Eisenbahnwagen gepackt. Die Dockgesellschaft übernimmt auch
die Lieferung des Ballastes, zum Freise von 1'/a Doll. für 920 Kilo = I span.
Tonne — frei ins Schiff. Die Kosten stellen sich für die Schiffe im Dock: nicht
höher als für diejenigen auf der Rhede, eher noch niedriger, wenn man in
Betracht zieht, dafs das Löschen der Ladung hier, wo Alles durch die Leute aus
dem Raum aufgewunden werden mufs, viel mehr Zeit in Anspruch nimmt. Das
einzige Unangenehme im Dock ist die schon erwähnte Grundsee, die sich
namentlich in den ersten Monaten des Jahres bemerklich macht. Es bleibt
dann selten ein Schiff ohne Beschädigung, die indefs auch von der Dockgesell-
schaft ersetzt wird,
Die Hafenabgaben, welche für die Schiffe im Dock und auf der Rhede die
nämlichen sind, belaufen sich auf 42 Cents für die Registertonne. Der Dollar
wird zu 34 d berechnet. Proviant steht mäfsig im Preise, frisches Fleisch kostet
18 Cents das halbe Kilo, Trinkwasser 1 Doll. für 100 Gallonen, Der Haupt-
lieferant des Ballastes, deren übrigens nur zwei im Orte sind, hat sich schriftlich
verpflichtet, die im Dock liegenden Schiffe stets sofort, wenn verlangt, mit Ballast