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Full text: Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie, 20 (1892)

ZB 
Annalen der Hydrographie und Maritimen Meteorologie, September 1892, 
Neue hydrographische Forschungen im Schwarzen Meere, 
Von den höchst werthvollen Ergebnissen der Untersuchungen, welche auf 
Veranlassung des russischen Marineministeriums und der Kaiserlich Russischen 
Geographischen Gesellschaft in den Jahren 1890 und 1891 über die physikalische 
Geographie des Schwarzen Meeres angestellt wurden, giebt Herr Prof, Woeikof 
eine kurze, zusammenfassende Darstellung im Jahresbericht der genannten Gesell- 
schaft für 1891, S. 18—21 der „Beilagen“. 
Ungeachtet der Zugänglichkeit des Schwarzen Meeres und der lebhaften 
Schiffahrt auf demselben, wufste man bis jetzt fast nichts über die physi- 
kalischen Verhältnisse seiner Tiefen. Die Expedition von 1890 hat uns eine 
Menge vortrefflich bearbeiteter Thatsachen über das Schwarze Meer geliefert. 
Der wissenschaftliche Theil der Expedition stand unter der Leitung von Herrn 
J. B. Spindler, mit welchem zwei Abgesandte der Kaiserlich Russischen Geo- 
graphischen Gesellschaft zusammen arbeiteten: der besonders durch seine Unter- 
suchung über die Bora bekannte Baron F. F. Wrangell, der sich schon früher 
mit Tiefseeforschungen und der physikalischen Geographie des Schwarzen Meeres 
beschäftigt hatte, und der Geologe Prof. Andrussof. Der Expedition war das 
Kanonenboot „Tshernomörets“ zur Verfügung gestellt, welches durch Bau und 
Einrichtung, besonders nach Entfernung der Geschütze, sich sehr geeignet für 
die Aufgabe erwies. 
„Der nordwestliche Theil des Schwarzen Meeres, ungefähr bis zu einer 
von Burgas zum Kap Tarkhanküt gezogenen Linie, ist flach, der ganze Rest des 
Meeres bildet, abgesehen von den Ufergebieten, ein tiefes Becken, so zwar, dafs auf 
zwei Drittel seiner Ausdehnung die Tiefe mehr als 18001m und in der Mitte sogar mehr 
als 2160 m beträgt. Es hat sich also herausgestellt, dafs der von N. Andrussof 
früher angenommene Riegel, welcher ein tieferes östliches und westliches Becken 
trennen sollte, nicht existirt. KEinen solchen Riegel kennen wir im Kaspischen 
Meere zwischen Apsheron und Krasnovodsk. 
Noch wichtiger sind die Resultate der Expedition über die Temperatur 
und den Salzgehalt des Wassers, denn in dieser Beziehung hat sich das Schwarze 
Meer als eine Ausnahme unter allen Meeren der Erde erwiesen. KEs hat sich 
gezeigt, dafs die Temperatur im Sommer nur bis zu einer Tiefe von etwa 30 
bis 35 Fad. (54 bis 63 m) abnimmt, wo sie etwa 7° erreicht, weiterhin aber wieder 
steigt, bis sie in 400 Fad. (720 m) Tiefe 9° erreicht, von wo an sie bis zum 
Boden ungefähr unverändert bleibt. Gleich nach der Bearbeitung der Ergebnisse 
haben die Herren Spindler und Baron Wrangell die Ursache dieser merk- 
würdigen Erscheinung richtig bezeichnet. Sie liegt unzweifelhaft darin, dass ins 
Schwarze Meer durch die Dardanellen und den Bosporus warmes und sehr 
salziges Wasser aus dem Mittelmeer einströmt;!) die absteigenden Konventions- 
ströme, welche durch die Erkaltung der Wasseroberfläche im Winter hervor- 
gerufen werden, können daher nur bis zu geringer Tiefe eindringen, darunter 
aber befindet sich eine grofse Masse wärmeren Wassers von grofser Dichte. 
‚Was den Salzgehalt des Wassers betrifft, so nimmt dieser zuerst nur sehr 
langsam zu, mindestens im mittleren Theile des Meeres, darauf viel rascher, be- 
sonders zwischen 30 und 300 Fad. (54 und 540 m), und hierauf wieder langsam 
bis zum Boden. Mit einem Worte, die Wassermasse des Schwarzen Meeres ist 
scharf geschieden in eine obere Schicht, welche beständig versüfst wird durch 
das zuströmende Flufswasser und die Strömung aus dem Azof’schen Meere durch 
die Straße von Kertsh, und eine untere, viel salzreichere Schicht. 
Sehr bemerkenswerth ist auch der Umstand, dafs in der Nähe der Donau, 
wo das Wasser an der Meeresoberfläche sehr geringen Salzgehalt hat, es in der 
1) Das Vorhandensein dieser unteren, relativ warmen und Behr salzreichen Strömung im 
Bosporus, welche nach dem Schwarzen Meere gerichtet ist, hat bekanntlich Kontre-Admiral Makarof 
durch seine schönen Untersuchungen nachgewiesen.
	        
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