Haltermann: Wind- und Wetterverhältnisse an der Südspitze Amerikas, 9235
3W- und Westwinde hatten die Schiffe dann rasch nach Norden und Westen
geführt, und indem dabei der Luftdruck beständig zunahm, waren sie unmerklich
in das Hochdruckgebiet übergetreten. Vom „J. W. Wendt“ war ein niedrigster
Barometerstand von 739 mm am 29. Juni in 56° S-Br und 75° W-Lg beobachtet
worden, und als das Schiff darauf in ununterbrochener Fahrt bis zum 6. Juli
nach 45° S-Br in 79° W-Lg vorgerückt war, hatte das Glas mit 775 mm seinen
höchsten Stand erreicht. Der südliche Wind war inzwischen bis zum ganz leisen
Zuge herabgesunken,
Ueber das zweite Hochdruckgebiet berichten die Schiffe: „Nixe‘“, Kapt.
Fettjuch, „Olive“, Kapt. Bruhn, „Rajpoot“, Kapt. Grönn, „Katharine“, Kapt.
Spille, „Reinbeck“, Kapt. Schmidt, „Pirat“, Kapt. Boysen, „Prompt“, Kapt.
Schlüter und „Moltke“, Kapt. Heyenga. Die davon auf der Ausreise begriffenen
Schiffe hatten auf dem ersten Theile ihrer Umsegelung des Kap Horn recht
günstige Verhältnisse angetroffen. Als „Olive“, „Rajpoot“, „Reinbeck“ und
„Pirat“ am 10. Juli in die Nähe von Staaten-Land gelangt waren, hatte der
seit dem vorhergehenden Tage: steigende Luftdruck gerade seinen höchsten Stand
erreicht, und dem entsprechend veränderte sich fast gleichzeitig damit der
kräftige Wind von WSW nach NW. Während das Barometer dann langsam
ßel, hielten die Schiffe voll weg nach SW. Am 16. Juli gelangten sie,
zusammen mit dem Mitsegler „Katharine“, welcher am 13. Juli die Strafse
le Maire durchsegelt hatte, in die Nähe des durch tiefsten Barometerstand, wie
durch Abflauen des Windes, starken Schneefall, Blitz und St. Elmsfeuer angekün-
digten Mittelpunktes des Niederdruckgebietes, (Siehe Karte vom 16 Juli.) Es
+» 40
1184 90)
Ü
3
10
an
wurde an diesem Tage: von „Olive“ in 60° S-Br und 72,4° W-Lg um 8a ein
‚iefster Stand von 725 mm, von „Rajpoot“ in 58,7° S-Br und 72,2° W-Lg um 4 p ein
solcher von 725,4 mm, von „Katharine“ in 57,8° S-Br und 70,4° W-Lg um 8 p 750mm,
von „Reinbeck“ in 58,7° S-Br und 72,3°. W-Lg um 4 p 727,5 mm und von „Pirat“ in
59,4° S-Br und 72,6° W-Lg um 4 p 726 mm abgelesen. Die fünf vortrefflich beob-
achtenden Mitsegler befanden sich damals in geringer Entfernung von einander,
und es läßt sich daher aus dem Unterschiede in der Zeit, wann der niedrigste
Luftdruck bei ihnen eintrat, die Schnelligkeit der Fortbewegung des Tiefdruck-
yebietes nicht berechnen. Wahrscheinlich bewegte es sich nach Osten und
Norden mit verhältnifsmäfsig nicht grofser Geschwindigkeit, eine Thatsache, auf
die auch die vorhergehende langsame Luftdruckabnahme hindeutet. Obgleich
aber die Schiffe nahe bei einander standen, war der vorhandene Breitenunter-
schied doch grofe genug, um den südlich stehenden nach dem Ausschiefsen des
Windes eine weit günstigere Gelegenheit zu bringen, als sie die sich nur 1'/ Brei-
tengrade nördlicher befindenden antrafen. Der Vortheil, den eine südlichere
Stellung dem Schiffe bei der Umsegelung des Kap Horn in der Regel bietet,
zeigte sich hier in überzeugender Weise. Denn nachdem der Wind ausgeschossen
war, folgte bei „Olive“ in 60° S-Br ein kräftiger, fast 24 Stunden anhaltender
SE-Wind, bei dem 200 Sm zurückgelegt werden konnten, während bei allen
anderen Mitseglern südwestliche Winde wehten, die anfänglich nur ganz geringen