104 _ Annalen der Hydrographie und Maritimen Meteorologie, März 1892.
Leichter täglich nur je eine Rundfahrt machen können, beläuft sich die gröfste
Menge des in einem Tage längsseits gebrachten Gelbholzes auf nur 35 bis 36 Tonnen.
Wiederholte Störungen verursacht dazu noch die Trunksucht der Leichterführer.
Am Sonnabend wird ihnen ihr Wochenlohn übergeben, den sie am Sonntag
gröfstentheils vertrinken. Die Folge davon ist, dafs sie wegen Lärmens ins Ge-
fängnifßs gesteckt werden, wo sie bis zum Montag ihren Rausch ausschlafen
können. Die Leichter verlassen daher nicht, wie es eigentlich sein sollte, La
Union zum Abholen der Ladung am Sonntag Nachmittag, sondern erst am Mon-
tag Nachmittag und kommen natürlich dementsprechend später nach den Schiffen,
Die unteren Klassen der Bevölkerung sind leider fast alle mehr oder weniger
dem Genufs geistiger Getränke ergeben. Der Tagelohn eines Arbeiters beträgt
1 Dollar nebst Beköstigung oder 1'/2 Dollar ohne dieselbe. Da die Arbeiter,
welche zu Hause ziemlich knapp leben, an Bord in dieser Hinsicht grofse An-
sprüche machen, so zog ich die letzte Zahlungsweise vor.
La Union ist durchaus kein billiger Platz, wenngleich die in Ballast
einkommenden Schiffe frei von Hafengeld sind. Sämmtliche Bedürfnisse
stehen hoch im Preise, und durch die vielen Scheerereien der Zollbeamten
erwachsen dem Schiffe manchmal bedeutende Kosten. Die Beamten sind
immer nur so lange freundlich, als man sie durch Verabfolgung von Getränken
und anderen Geschenken bei guter Laune erhält und ihnen gestattet, ihre Freunde
einzuladen, wobei man sich nicht zu wundern braucht, wenn sie deren eines
Tages bis zu 25 mitbringen. Besonders hervorzuheben sind die schon erwähnten
unverhältnifsmäfsig hohen Kosten für das Löschen des Ballastes. Die Ab-
gaben bestanden für ‚„HElisabeth‘“ in 5 Dollar Hospitalgeld und 3 Dollars für
das Ausklariren beim Zollhause. Schiffe, die Ladung einbringen, haben ferner
noch ein Hafengeld von 12'/2 Cents für die Registertonne zu zahlen, selbst wenn
eine noch so geringe Menge Güter sich an Bord befindet. Der Kapitän des vor-
hin erwähnten englischen Schiffes machte mit Bezug hierauf schlimme Erfah-
rungen. Derselbe brachte von Panama, woselbst er eine Ladung Steinkohlen
gelöscht hatte, aus Gefälligkeit gegen seinen Befrachter ungefähr 1'/2 Tonnen
Dynamit frachtfrei nach La Union und musste aus diesem Grunde das gesetzliche
Tonnen- oder Hafengeld entrichten, was für das 1100 Registertonnen große Schiff
eine nicht unerhebliche Summe ausmachte. Man mulfs sich deshalb in dieser Be-
ziehung sehr in Acht nehmen. Eine weitere höchst ungerechtfertigte Forderung
des Zollamtes besteht darin, dafs man von dem Beginnen des Ladens bis zum
Abgange des Schiffes täglich für einen Zollwächter 2 Dollar zu zahlen hat, eben
sowohl für die Sonntage als für die Arbeitstage und einerlei, ob ein solcher
Dienst an Bord hat oder nicht; eine Auslage, die in meinem Falle für die Zeit
vom 16, März bis 11. Mai, beide Tage eingeschlossen, also für 57 Tage die Höhe
von 114 Dollar erreichte. Der betreffende Beamte hielt sich nur am Tage, so
lange als geladen wurde, an Bord auf, er verließs regelmäßig am Nachmittage,
wenn der letzte Leichter fortgegangen war, das Schiff und kehrte nicht eher
wieder dorthin zurück, bis ein neuer Leichter längsseits legte. Eine Ungerech-
tigkeit des ersten Zollbeamten, die sich persönlich gegen mich richtete, will ich
ebenfalls nicht unterlassen, hier anzuführen. Da unsere Reise länger wurde, als
wir beim Antritt derselben vorausgesehen hatten, befürchtete ich für die Heim-
reise Mangel an gesalzenem Fleisch, welches, aufser in Panama, an dieser ganzen
Küste nicht zu erlangen ist. Auch die hier verkehrenden Dampfer konnten mir
das Gewünschte nicht überlassen, und so bat ich denn schriftlich einen mir em-
pfohlenen Schiffshändler in Panama, nachdem ich mir zuvor durch meinen
Agenten die Versicherung einer zollfreien Einfuhr erwirkt hatte, um Zusendung
eines Fasses Salzfleisch nebst 250 Pfund Farbe. Die mir von der Firma Köpke
und Co. geschickten Sachen, zum Preise von 36 Dollar für das Fleisch und
37,60 Hollar für die Farbe (einschliefslich der Fracht) waren schon :an sich nicht
billig; als sie aber hier anlangten, nahm mir die Zollbehörde, trotz der früheren
gegentheiligen Erklärung auch noch den Eingangszoll ab, der sich auf
49,13 Dollar, also auf zwei Drittel des Werthes der erhaltenen Sachen, ein-
schließlich der Fracht, belief.
Das frische Rindfleisch kaufte ich in La Union zum Preise von 12'/. Cents
das 4A kg. Frisches Schweinefleisch war nicht feil, obwohl genug Schweine vor-
handen und nicht theuer waren. Hühner und Enten waren nicht billig, erstere