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Ann. d. Hydr. etc., XY1II. Jalirg. (1890), Heft 111.
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Beiträge zur Navigirung im Schutzgebiete der Marschall- und
der Gilbert-Insel-Gruppe. 1 )
Nach dem Berichte des Kommandanten S.M. Knbt. „ Wolf“, Kapt.-Lieut. Credner.
Einleitung.
Diese niedrigen Inseln sind bei klarem Wetter von Deck aus 8 bis 12 Sm,
vom Topp bis zu 18 Sm weit sichtbar. Sie bieten beim Ansteuern keine
Schwierigkeiten, da die Aufsenriffe stets an der Ostküste, häufig auch an den
anderen Seiten steil abfallen. Ein Schiff kanD sich daher denselben, falls nicht
andere Umstände, wie Wind etc., dagegen sprechen, jedenfalls an der Ostseite
bis auf einige 100 m nähern. Nachts wird auch das Getöse der Brandung in
vielen Fällen die Nähe des Landes kundgeben.
Bei den meisten dieser Inseln kann man in der Lagune ankern, bei
einigen aufserhalb derselben in unmittelbarer Nähe des Riffes; endlich giebt es
noch eine kleine Anzahl, bei denen man nicht ankern kann, man also den Ver
kehr mit dem Lande unter Dampf oder Segel aufrecht erhalten mufs.
Das Auffinden der Eingänge zu den Lagunen ist nicht immer ganz ein
fach, denn meistens schiefsen die Ausläufer der Riffe über einander, und werden
bei einiger See oder auch nur bei starkem Strom durchgehende Brandung oder
starke Stromkabbelung den Eingang verdecken, während bei ruhigem Wasser
die unterbrochene Brandung einen Anhalt geben kann.
Man ist daher mitunter gezwungen, zur Orientirung bis dicht an die Riffe
heranzugehen, um einen guten Ueberblick zu erlangen.
Nach Auffinden des Einganges kann noch die in demselben herrschende
starke Strömung Schwierigkeiten bereiten, z. B. kam S. M. Knbt. „ Wolf“ beim
Einlaufen in die Ebon - Lagune mit 100 Umdrehungen der Maschine, welche
ungefähr einer Geschwindigkeit von 6V2 Sm entsprechen, nicht von der Stelle
und wurde so hin und her geworfen, dafs ein nicht so vorzüglich drehendes
Schiff, wie das genannte, in der engen Einfahrt ernster Gefahr ausgesetzt ge
wesen wäre. Es wird sich daher immer empfehlen, einen ortskundigen Mann
zu Hülfe zu nehmen. Liegen Fahrzeuge in der Lagune, so wird sich gern einer
der Schiffsführer das Lootsengeld verdienen.
Man kann zwei Arten von Durchgängen unterscheiden, solche, die einen
tiefen Einschnitt in das Riff bilden, und solche, die nur eine Einsenkung im
Riffe darstellen. Erstere werden bei Niedrigwasser scharf begrenzt sein, wes
halb diese Zeit für das Durchlaufen derselben die günstigste ist. Ob Segel
schiffe dazu in der Lage sind, hängt von den Windverhältnissen ab.
Die Tiefe des Wassers nach dem Grade der Deutlichkeit, in dem man
den Meeresboden sieht, beurtheilen zu wollen, ist äufserst schwierig und ungenau,
da dieselbe, wie bekannt, hauptsächlich von der Farbe und Beschaffenheit des
Wassers und Bodens, sowie von der Beleuchtung abhängt. Man konnte z. B.
von S. M. Knbt. „Wolf“ aus beim Passiren der Binghain-PaBa&ge des Apaiang-
i) Vgl. Annalen 1879 S. 279, 281; 1881 S. 110 und 525; 1882 S. 147; 1884 S. 374;
1885 S. 209; 1886 S. 151 und 196; 1887 S. 59 und 170; 1888 S. 508 und 516.