Vierte!jahrs-Wetter-Rundschau der Deutschen Seewarte, Sommer 1886.
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beider Schiffe zu dem flachen Tiefdruckgebiete der Karte XXIII, welches am
21. und 22. Juni südlich von Neufundland erschien, war bei „Heinrich <$■ Tonio*
die Windrichtung damals noch eine günstigere, als beim W. Wendt*, doch
erzielte dieses, freilich ungewöhnlich rasche Schiff bei dem von ihm beobachteten
frischen Südostwinde noch einen bedeutend besseren Erfolg, als der Mitsegler
bei dem am 22. Juui wehenden Westwinde. Eine bedeutende Verzögerung erlitt
die Reise von „Heinrich <$■ Tonio* noch wieder, nachdem 25° W-Lg überschritten
worden war, durch die dort herrschenden schwachen, wenn auch günstigen
Winde, die eine Folge der Anwesenheit des Schilfes im nördlichen und öst
lichen Theile des Hochdruckgebietes der Karte XXV waren. Dagegen konnte
„J. W. Wendt“, welcher im Gebiete derselben Erscheinung, aber an dessen
südöstlichem Rande stand, bei den dort angetroffenen nordöstlichen Winden
sieh seinem Ziele in befriedigend rascher Fahrt nähern. Als dieses Schiff am
9. Juli die Strafse von Gibraltar passirte, befand sich „Heinrich Tonio* noch
in 46° N-Br und 19° W-Lg. „Mozart* und „Victoria* waren beide, obgleich
auch von ihnen Gegenwinde nicht selten beobachtet wurden, im Staude, den
Oceau in ziemlich rascher Fahrt zu überschreiten. Während der ersten aufSeo
zugebrachten Tage konnte freilich gegen angetroffene heftige Nordostwinde, die
in Begleitung jenes, sich damals südöstlich von den Schiffen nach Nordosten
bewegenden Tiefdruckgebietes auftraten, dessen Bahn in Karte XXIII ein
getragen ist, nur geringer Fortgang erzielt werden. Nachdem jedoch die Schiffe
aus dem Bereiche derselben gekommen, setzten durchsteheude Südwestwiude ein,
bei denen die Reise einen befriedigenden Verlauf nahm. Diese Winde, welche
durch das grofse Hochdruckgebiet der Karten XXIV und XXV verursacht
wurden, begleiteten die Schiffe, bis sie am IS. und 14. Jnli zur Länge von
Lizard gelangt waren.
Noch günstiger als die Fahrten dieser Schiffe verliefen die der beiden
folgenden Mitsegler. Von ihnen überschritt „Hugo* den Ocean in 23 Tagen,
und „Shatespere* legte mit 21 Tagen die kürzeste von allen hier zu behandelnden
Reisen zurück. Zur Zeit des Antritts ihrer Reisen herrschten die ungünstigen
Ostwinde, welche wenige Tage vorher im westlichen Theile des Atlantik geweht
hatten, nicht mehr, und au ihre Stelle waren westliche Winde getreten, die mit
wenigen Unterbrechungen fast während der ganzen Ueberfahrt herrschend blieben.
Sie waren eben auch eine Wirkung der oft erwähnten Hochdruckgebiete. Von
stürmischem Wetter blieben demgemäfs die Fahrten auch gänzlich verschont,
und nach 23 und 21 Tagen erreichten die Schiffe ihr Ziel. Mit diesen Reisen
fällt auch diejenige des von der Ostküste Mexikos kommenden „Humboldt*
zusammen. Es übersehritt derselbe, welcher am 29. Mai die Rhede von 'l'eco-
lutla verlassen hatte, den Meridian von 70° West am 25. Juni gleichzeitig mit
„Hugo*, aber in einem um 4 Gjade südlicher liegenden Punkte. Beide Mit
segler segelten darauf in fast gleicher Zeit und bei fast gleichen Verhältnissen
über den Ocean. Schliefslich lief indessen der fast fünf Mal so grofse „Hugo*
infolge grösserer Schnelligkeit etwas gegen „Humboldt* voraus, so dafs jener
einen Tag früher nach Lizard gelangte.
Die norwegische Bark „Ariadne* und die deutsche „Olbers* traten mit
nur einem Tage Unterschied in der Abfahrtszeit ihre Reisen au. Leichte um
laufende Winde verzögerten den Anfang derselben. Nachdem die Wirkungen
des oft erwähnten Hochdruckgebietes sich bei ihnen jedoch mehr fühlbar machten,
Dahmen die Reisen einen günstigeren Verlauf. Jenes Tiefdruckgebiet der Karte
XXVI, welches sich vom 14. bis zum 18. Juli über den Ocean zuui Kanal be
wegte, würde den Schiffen ungünstigere Winde gebracht haben, wenn dieselben
sich in der vorderen Hälfte seines Gebietes befunden hätten. Da dies nicht der
Fall war, gewährten die durch dasselbe geschaffenen frischen Nordwinde den
Mitseglern eine ganz erwünschte Gelegenheit zur Förderung ihrer Reisen. Sonst
wurden die vorherrschenden Westwinde kaum unterbrochen, und ohne dafs sich
Erwähnenswertbes ereignete, gelangten beide Schiffe zum Kanal.
Von den in der Liste enthaltenen SchiffeD, welche in der zweiten Hälfte
des Juli ihre Reisen antraten, sind die sechs folgenden: „Bremen*, „Deutsch
land*, „Doris*, „Republic*, „Andromeda* und „Amelia* in eine Gruppe zu
sammenzufassen. Dieselben gingen, mit Ausnahme des letzteren Schiffes, von
New-York aus in See und waren bis auf „Bremen* und „Republic*, die für den