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Full text: Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie, 18 (1890)

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Vierteljahrs-Wetter-Rundschau der Deutschen Seewarte, Sommer 1886. 
Von den 19 Schiffen der ersten Tabelle, welche alle nach nordamerika 
nischen Häfen bestimmt waren, betraten neun den Ocean vom Norden Schott 
lands aus, sechs vom Kanäle her, während je ein Schiff vom Mittelmeere und 
St. Nazaire kam. Die neun, die hoch nördliche Route verfolgenden Schiffe 
erreichten die Ostküste der Union nach einer mittleren Fahrt von 39,2 Tagen, 
während die sechs vom Kanäle ausgegangenen Mitsegler 45,5 Tage zur Fahrt 
über den Ocean gebrauchten. Die längste Reise vou 54 Tagen machte die den 
Meridian von Lizard überschreitende „Castine“, wogegen das Schiff „Bremen“ 
auf hoch nördlicher Route den Ocean in kürzester Zeit von 29 Tagen über 
schritt. Alle Reisen nahmen, der Jahreszeit entsprechend, in welcher tiefe 
Depressionen selten Vorkommen, einen ziemlich ruhigen Verlauf. Günstige 
Winde wurden während derselben indessen nur verhältnifsmäfsig selten an 
getroffen; denn während fast des ganzen Vierteljahres erstreckte sich ein in 
verhältnifsmäfsig hoher Breite liegendes Hochdruckgebiet über den Ocean, und 
die eingehalteneu Routen lagen meistens an der Nordseite dieses Gebietes. Die 
beiden zuerst genannten Schiffe, „Bremen“ und „Republic“, erreichten den Nord 
atlantik noch in der letzten Hälfte des Mai. Von Stettin herkommend und nach 
New-York bestimmt, überschritten sie einen grofsen Theil des Oceans in hoch 
nördlicher Breite. Bei den dort angetroffeneu veränderlichen, nicht selten von 
Stillen unterbrochenen Winden segelten sie zunächst auf südwestlichem Kurse, 
bis am 1. Juni „Bremen“ nach 43° N-Br in 46° W-Lg und „Republic“ nach 
48° N-Br in 42,5° W-Lg gelangt war. Bis dahin hatte man verhältnifsmäfsig 
günstige Winde beobachtet. Nach dieser Zeit war dies weniger der Fall, denn 
die auf Karten XXI und XXII verzeichneten Hochdruckgebiete, an deren nord 
westlichem Rande sich die beiden Mitsegler nun befanden, verursachten längere 
Zeit anhaltende südwestliche Winde. Bei denselben liefs sich indessen, da sie 
nur in mäfsiger Stärke auftraten, noch ein einigermafsen befriedigender Fort 
schritt erzielen, und zwar konnto „Bremen“ dies in günstigerer Weise thun, 
als „Republic“. Am 10. Juni, als jenes Schiff sich unweit 42° N-Br in 63,5° W-Lg 
und dieses bei 44,5° N-Br in 51° W-Lg befand, nahm der Wind bei ersterem 
Mitsegler infolge des kleinen unweit Neufundland auftretenden, auf Karte XXII 
verzeichneten Hochdruckgebietes nordöstliche Richtung an. „Bremen“ legte dann 
in fünf Tagen die Strecke bis zum Hafen von New-York zurück. Der Mitsegler 
„Republic“ wurde am 11. Juni ebenfalls durch östlichen Wind begünstigt, doch 
nach kurzer Zeit traten wieder veränderliche Westwinde ein. Erst als das 
Schiff am 23. Juni dem Bestimmungsplatze schon sehr nahe gekommen war, kam 
wieder Ostwind durch, bei welchem noch an demselben Tage der Bestimmungs 
platz erreicht wurde. Dieser günstige Wind wurde verursacht durch das 
schwache Tiefdruckgebiet der Karte XXIII, welches sich damals parallel der 
Küste im östlichen Theile der Union nach Nordosten bewegte. 
Die in der Liste folgenden drei Schiffe: „Marie Louise“, „Andromeda“ 
und „Anna“, begannen ihre Reisen in der ersten Woche des Juni. Das erstere 
derselben befand sich am 4. Juni in der Nähe von Fair Island, während 
„Andromeda“ am 5. und „Anna“ am 6. Juni bei Lizard standen. Alle drei 
Mitsegler wurden nach dieser Zeit von anhaltenden Gegenwinden zurückgehalten, 
die nicht selten auch in unerwünscht grofser Stärke auftraten. Bei „Andromeda“ 
und „Anna“ wurden sie durch das grofse Hochdruckgebiet der Karte XXII, 
bei „Marie Louise“ durch die auf derselben Karte verzeichneten, sich in hohen 
Breiten südlich von Island sich bewegenden Tiefdruckgebiete verursacht. Bis 
zum Mittage des 17. Juni rückte letzteres Schiff nach 54,4° N-Br in 22,8° W-Lg, 
„Andromeda“ nach 50,6° N-Br in 28° W-Lg und „Anna“ nach 44° N-Br in 
20,7° W-Lg vor. „Anna“, welche damals dem südwestlichen Theile des kleinen 
Hochdruckgebietes der Karte XXIII nahe stand, wurde von einem schon seit 
zwei Tagen wehenden Südostwind begünstigt; dagegen stellte sich bei „Marie 
Louise“ erst an diesem, bei „Andromeda“ am nächsten Tage ein ähnlicher Wind 
ein. Unter dem Einflüsse desselben nahmen die Reisen aller drei Mitsegler für 
längere Zeit einen recht befriedigenden Verlauf. Dies war bei der südlicher 
stehenden „Anna“ in gröfsestem Mafse der Fall, weil sie am vollsten im Ge 
biete jenes, diesen Ostwind verursachenden Tiefdruckgebietes stand, dessen ver 
schlungene Bahn sich auf Karte XXIII vom 18. bis zum 26. Juni verfolgen 
läfst. Der sich stetig in östlicher Richtung haltende Wind begleitete die Schiffe
	        
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