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Full text: Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie, 18 (1890)

Ueber das nautische Längenproblem. 
483 
Am Nachmittage des 4. Juli 1821 wurde auf dem englischen Kriegsschiffe 
„Royal George“ in 3° 14' N-Br und 25° 54' W-Lg von Greenwich, während 
20 Minuten unverändert dieselbe Distanz des Mondes von der Sonne gemessen. 
Hier sind die Beobachtungen: 
Zeit des Scheinb. Höhe Scheinb. Höhe Seheinb. Distanz 
Chronometers d. Mittelp. d. © d. Mittelp. d. ([ der Mitteip. 
I . 
. . 16« 
2D 
8° 
51' 
42" 
69° 
33' 
15" 
61° 
22' 
20' 
II . 
. . 18 
23 
8 
22 
18 
68 
52 
35 
61 
22 
20 
III . 
. . 19 
56 
8 
1 
38 
68 
22 
45 
61 
22 
20 
IV . 
. . 24 
1 
7 
8 
18 
67 
29 
45 
61 
22 
20 
V . 
. . 27 
43 
6 
16 
58 
66 
37 
25 
61 
22 
20 
VI . 
. . 34 
9 
4 
47 
28 
65 
3 
25 
61 
22 
20 
VII . 
. . 36 
1 
4 
22 
38 
64 
36 
35 
61 
22 
20 
Thermometer 77° F., Barometer 30,03 Zoll engl. Stand des Chronometers 
l m 22,2 S vor mittlerer Greenw. Zeit. Die beobachtete Distanz schien bisweilen 
etwas gröfser, bisweilen etwas kleiner. Rümker bemerkt ferner, dafs dieser 
Fall vorzüglich zwischen den Wendekreisen eintrete, wenn der durch Sonne und 
Mond gehende gröfste Kreis dem Zenith so nahe kommt, dafs er beinahe ein 
Vertikalkreis wird, und dann die starke Veränderung von Refraktion und 
Parallaxe der Zunahme der Distanz entgegenstehe oder sie auch über 
wiegen könne. 
Was aber die Möglichkeit einer dennoch guten Längenbestimmung aus 
solchen Stillstandsbeobachtungen betrifft, so würde dieselbe natürlich gleich 
hinfällig werden, wenn das oben gedachte Mifsverständnifs über Bessel’s 
Methode begründet wäre, dafs dadurch aus den stattfindenden Veränderungen 
der scheinbaren Distanz die Zeit in Greenwich gefunden werden sollte, während 
es sich dabei nur um diejenige Abweichung von der scheinbaren Distanz handelt, 
welche aus der Veränderung der geschätzten Länge entsteht. 
Zunächst ist übrigens klar, dafs die einzelne Berechnung dieser Beob 
achtungen nach dem gewöhnlichen Verfahren jedesmal, wegen der veränderten 
Höhen, eine andere Reduktion der scheinbaren Distanz auf die wahre geben 
würde, mithin erhält man zu jeder angenommenen Ortszeit eine audere wahre 
Distanz, die zu derselben scheinbaren Distanz gehört, also auch eine andere 
Zeit in Greenwich, deren Unterschied von der angenommenen Ortszeit die 
gesuchte Länge ist. Bei dem umgekehrten (Bessel’schen) Verfahren würde 
man von bestimmten Zeiten in Greenwich ausgehen, die von der geschätzten 
Länge neben den Ortszeiten abhängig sind, und dann werden hier alle gefundenen 
scheinbaren Distanzen einander gleich, aber alle weichen auch um gleich viel 
von den beobachteten Distanzen ab, wenn die geschätzte Länge nicht richtig 
war, die also damit zu verbessern ist. So müssen daher beide Wege zum Ziele 
führen. Wäre aber die Bestimmung der Ortszeit sehr mangelhaft gewesen, so 
würde man auf dem gewöhnlichen Wege zwar immer noch von der richtig 
beobachteten scheinbaren Distanz ausgehen, doch müfste die wahre Distanz um 
gerade so viel unrichtig werden, wie es dem Zeitfehler entspricht, so dafs die 
gefundene Zeit in Greenwich und die Ortszeit beide mit demselben Fehler be 
haftet erscheinen, wodurch ihr Unterschied noch immer die richtige Länge 
ergiebt. Es sei z. B. die Ortszeit 2 Minuten zu grofs angenommen, so würde 
man, von der richtigen scheinbaren Distanz ausgehend, ebenfalls eine um zwei 
Minuten zu grofse Zeit in Greenwich finden (abgesehen von der sehr kleinen 
Aenderung der Distanzreduktion infolge der geringen Veränderung des Unter 
schiedes zwischen den scheinbaren und wahren Höhen). In ähnlicher Weise 
wäre man bei Bessel’s Methode von einer unrichtigen Zeit in Greenwich aus 
gegangen, dio gerade um eben so viel wie die Ortszeit unrichtig war, und 
hätte damit doch die richtige (weil stationäre) scheinbare Distanz aus der ver 
änderlichen wahren Distanz gefunden. Nicht so jedoch, wenn aufserdem die 
geschätzte Länge unrichtig gewesen wäre, denn diose afficirt nicht die Ortszeit, 
sondern nur die Zeit in Greenwich. Dadurch würde also der berechnete 
Unterschied zwischen der veränderlichen wahren und der unveränderlichen 
scheinbaren Distanz eine Differenz geben, die nur durch die Verbesserung der 
geschätzten Länge weggebracht werden könnte.
	        
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